Nicht alle Ruhestätten sind würdevoll
24.5.2011, 08:05 UhrBeide Weißenburger Friedhöfe haben ihre Eigenheiten. Der Südfriedhof ist der beliebtere, hat eine lange Tradition und wird von vielen als die bessere Ruhestätte angesehen. Oberbürgermeister Jürgen Schröppel darf sich immer wieder anhören, der Südfriedhof werde mit einem wesentlich höheren Aufwand gepflegt, weil er für die „Großkopferten“ sei.
Der Westfriedhof hat hingegen in der Bevölkerung das Etikett, die Ruhestätte für die weniger Betuchten zu sein. Er werde auch nicht so intensiv betreut wie der Südfriedhof, wird häufig geklagt. Doch das stimmt nicht, machte der OB beim Rundgang mit den Stadträten deutlich. Alleine die Arbeitsstundenbelege bewiesen, dass das Personal am Westfriedhof häu- figer eingesetzt werde. Schröppel: „Nachweislich wird dort ein höherer Aufwand betrieben.“
Aber woher kommt dann der Ruf des Westfriedhofs, eher ungepflegt zu sein? Bei der Bestandsaufnahme wurden die Gründe deutlich. Vor allem ist das weitläufige Gelände reichlich mit Hecken und Bäumen bewachsen. Sie stets top gepflegt zu halten, das ist jedoch für den einen Arbeiter, der für beide Weißenburger Friedhöfe zuständig ist, nicht zu schaffen, machte Thomas Schwarz deutlich. „Wir haben hier über Gebühr Pflegeaufwand, aber weniger Einnahmen“, sagte der Stadtbaumeister angesichts der Tatsache, dass am Westfriedhof weniger Bestattungen stattfinden als am Südfriedhof.
„Das ist ja der reinste Stadtpark“
Das wurde auch den Stadträten beim Rundgang klar. „Das ist ja der reinste Stadtpark“, meinte beispielsweise Heinz Gruber (Die Linke) mit Blick auf die immensen Schneide- und Mäharbeiten. Und so gibt es gar einen Bereich, wo der Weg komplett überwuchert ist und die Sitzbänke vermoost sind.
Wenig attraktiv wirkt auch der Urnengräberbereich. Urnenbeisetzungen sind fast nur am Westfriedhof möglich. Doch die dafür vorgesehene Abteilung hat ein strukturelles Problem – die Gräber liegen zu eng beieinander. Die Grabstellen sollten nach der geltenden Satzung lediglich von einem sogenannten Kissenstein bedeckt sein. Doch in der Praxis werden Laternen, Grünzeug, Pflanzkästen und Figuren zu den Grabsteinen gestellt.
Alles zusammen ergibt ein wenig attraktives Bild. Schwarz: „Die Menschen brauchen einerseits einen Platz für ihre Trauerarbeit, andererseits kommt man teilweise nicht mehr an die Grabstätten, weil alles vollsteht.“ Den Angehörigen verbieten, Dinge ans Grab zu stellen, will aber natürlich auch keiner, auch wenn das die Friedhofssatzung hergeben würde.
In die Jahre gekommen ist am Westfriedhof vor allem die Infrastruktur, Das fängt bei den Betontrögen an den Wasserstellen an, reicht über die kleine ungepflegte Pflanzanlage unmittelbar vor der Friedhofskapelle und endet beim Zustand der Wege und Pflasterflächen. Etliche Waschbetonplatten – gerade im Bereich der Kapelle – sind gebrochen. Immer nur einzelne Teile auszuwechseln, wird das Problem aber nicht lösen: „Die Platten sind am Ende ihrer Lebensdauer. Hier wird eine größere Maßnahme nötig werden“, ist Schwarz überzeugt.
Nicht barrierefrei
In diesem Zuge muss wohl grundsätzlich über den Wegebau nachgedacht werden. Die Kapelle und auch die Urnengräber sind mit Kinderwagen, Rollstühlen oder Rollatoren kaum erreichbar. Alles andere als würdevoll präsentiert sich zudem der Bereich für die anonymen Bestattungen.
Die Probleme am Südfriedhof sind anderer Natur. Er war ursprünglich auch klar gegliedert, doch wurden „peu à peu Flächen dazugekauft, die Struktur löste sich mehr und mehr auf“, schilderte der Stadtbaumeister. Auch die Ausstattung sei veraltet, die Thuja-Hecken als Grenzbepflanzungen seien nur bedingt geeignet, und die Wege hätten zum Teil eine viel zu hohe Splittauflage, was das Gehen für ältere Menschen, aber auch das Schieben von Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühlen deutlich erschwert.
Besonders missfällt Schwarz der Bereich der Kindergräber. „Für die Grabstätten mit diesen besonderen Schicksalen haben wir kein Konzept.“ Die Abteilung sei – so wie derzeit angelegt – „nicht wirklich zu pflegen.“ Die Grünflächen gingen in die Wege über, Hecken, Zäune und eine alte Mauer grenzen wenig attraktiv jenen Friedhofsbereich ab. Der Stadtbaumeister: „Hier müssen wir dringend etwas tun. Das ist keine würdevolle Art, mit diesem Thema umzugehen.“
Wichtig wäre Thomas Schwarz nicht nur deshalb eine Einigung mit dem östlichen Friedhofsnachbarn, auch um Parkplätze und Betriebsflächen schaffen zu können. Denn auch der derzeitige Betriebshof unmittelbar hinter der Aussegnungshalle sei „sehr unbefriedigend gelöst“.
Dass die Umgestaltung der Friedhöfe ein langdauernder Prozess ist, ist ihm klar. Schwarz glaubt aber auch, dass die Stadt für die beiden letzten Ruhestätten „kontinuierlich mehr Geld in die Hand nehmen muss“. Der Rundgang mit den Stadträten diente zur Information, Beschluss wurde keiner gefasst. „Über die ganze Sache muss man nachdenken“, sagte OB Schröppel abschließend und verwies das Thema zur Besprechung in die Fraktionen.