„Zwischen Hans und Rotkäppchen muss es knistern“
6.10.2012, 10:00 UhrRotkäppchen ist sauer. Sie fühlt sich verarscht. Eine Henne, die goldene Eier legt – wo gibt’s denn so was?! Sie zückt ihr Taschenmesser, hält es Hans im Glück an den Hals und lächelt süffisant. „Ich kann es dir beweisen“, presst Hans hervor.
„Stopp!“, ruft Claudia Dörr. „Der Hans muss mehr angeben, er will Rotkäppchen schließlich erobern!“, sagt die Leiterin der Musicalcompany. „Spielt die Szene flirtender. Gerade eben hat da nichts geknistert.“ Nathalie und Jonas schauen etwas bedröppelt. „Bei uns schon“, meint Jonas alias Hans. „Dann lasst uns mitknistern!“, fordert Claudia.
Jonas kennt diese Situation. Er weiß, dass man manche Szenen zwanzigmal durchspielt und immer noch den falschen Ton trifft. Und Claudia Dörr ist anspruchsvoll. Sie ist selbst Musical-Sängerin und Musikpädagogin und führt Regie bei allen Produktionen der seit 1998 bestehenden Truppe. „Hier ein Musical zu spielen, ist echt eine Herausforderung“, sagt Jonas. Aber genau deswegen ist er da.
Vom Knabenchor zum Musical
Der 19-Jährige, der in die 12. Klasse am Nürnberger Scharrer-Gymnasium geht, hat mit acht Jahren angefangen zu tanzen, im Knabenchor gesungen und in Theaterjugendclubs gespielt. Irgendwann wollte er sein Repertoire erweitern und kam im Sommer 2011 zur Musicalcompany.
Fanziska Spies war da schon ein Jahr lang mit von der Partie. Mit 14 ist sie zur Musicalcompany gestoßen. „Ich war mit Abstand das Küken – und bin es immer noch“, sagt die Elftklässlerin vom Schwabacher Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium.
Die Mitwirkenden der semiprofessionellen Truppe sind derzeit zwischen 16 und 45 Jahre alt. „Ich genieße die Mischung aus Schülern, Studenten und Arbeitenden sehr“, sagt Franziska. „Man profitiert von deren Lebenserfahrung.“
Beim Vorsingen hat sie die geballte Power der anderen noch verunsichert. Obwohl sie Klavier und Klarinette spielt, im Orchester, Schulchor und Theaterverein mitwirkt, war Franziska „extrem ängstlich“. Es fiel ihr schwer, aus sich rauszugehen. Heute ist das anders. „Ich habe Vertrauen in mich gefasst.“ Ein fester, selbstsicherer Blick begleitet diese Worte.
Sushi zur Stärkung
Für Franziska und Jonas ist „Ab in den Wald“ – eine Komödie von Stephen Sondheim, in dem bekannte Märchenfiguren gemeinsam ein Abenteuer erleben – die erste große Produktion bei der Musicalcompany. Etwa zwei Jahre Zeit gibt Claudia Dörr sich und ihren Schauspielern und Musikern für so eine Inszenierung. Alle Szenen werden von Grund auf erarbeitet, in Workshops mit Theaterpädagogen, im Gesangsunterricht mit Claudia. Dann heißt es: proben, proben, proben. Immer Freitagabend drei Stunden lang.
Franziska schiebt noch schnell ein Sushi-Röllchen in den Mund, bevor die Schlussszene ansteht. Franziska alias Rapunzel tanzt mit Aschenputtels Prinz, die Stiefschwester mit dem Wolf, die Hexe mit Hans. „Mehr Herzfeuer“ fordert Claudia Dörr von ihrer 25-köpfigen Crew. Die Tänzer schnaufen, die Szene beginnt von vorn.
Auch wenn die wöchentlichen Trainings, die Wochenend-Kurse, die Probenfahrt sehr viel Zeit kosten – für Jonas kommt es auch kurz vor dem Abi nicht in Frage, sein Hobby zurückzuschrauben. „Das ist für mich mein Ruhepol, mein Ausgleich.“ Außerdem hat der 19-Jährige vor, in Gesang Abi zu machen. Da gelten die Proben fast schon als Prüfungsvorbereitung.
Franziska wiederum hat für sich einen ganz anderen positiven Effekt festgestellt: „Dank der Arbeit hier bin ich schnell über die Pubertät hinweggekommen.“
Die Musicalcompany führt „Ab in den Wald“ am 20. und 21. Oktober in Schwabach und im November sechsmal in Nürnberg auf. Die genauen Termine sowie Tickets gibt’s auf www.musicalcompany-nuernberg.de
Und: Neue Mitstreiter – vor allem Jungs – sind immer gern willkommen!
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