Spaenle sicher: "Nürnberger Uni wird ein großer Wurf"

18.2.2018, 12:53 Uhr
Spaenle sicher:

© Horst Linke

Sie sind Söderianer der ersten Stunde und deswegen auch gesetzt im künftigen bayerischen Kabinett. Freuen Sie sich auf Ihren neuen Chef?

Ludwig Spaenle: Zunächst einmal wird das der neue Chef entscheiden. Wenn es so sein sollte, freue ich mich.

Der Burgfrieden zwischen Seehofer und Söder scheint vielen sehr wacklig. Manchen graut es schon vor einem Hauen und Stechen zwischen München und Berlin.

Spaenle: Die CSU ist respektabel aus den Koalitionsverhandlungen rausgegangen. Es gibt eine klare Aufteilung zwischen Land und Bund. Beide sind hochprofessionell und kompetent, und da gehe ich davon aus, dass man sich auch professionell aufeinander einlässt.

Eingelassen hat sich die Bayerische Regierung auch auf ein Milliardenprojekt, die neue Universität Nürnberg. Keiner weiß so recht, wie diese Hülle sich füllen soll. Was erwartet uns am Campus an der Brunecker Straße?

Spaenle: Etwas Einzigartiges, es wird ein großer Wurf. Da wird von der eingesetzten Strukturkommission intensiv an allen Ecken geplant. Das Profil der Kommission unter dem Vorsitz des TU-Präsidenten Hermann ist einmalig, da ist das Who’s who der Wissenschaftslandschaft der Bundesrepublik drin. Die sind im Moment mehr als schnell unterwegs. Das Angebot der Universität Nürnberg soll komplementär sein zum Wissenschaftsraum Mittelfranken, also nicht das doppeln, was an der FAU vorhanden ist. Es soll Digitalität in seiner Gänze abbilden, und der Anspruch, was die Hochschulorganisation angeht, ist zudem, eine Campus-Universität abzubilden. Wir werden die Flächen für den Campus zu sichern haben, wobei mich die sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg sehr freut.

Können Sie die Ängste der FAU verstehen?

Spaenle: Ich habe erst einmal die Aufgabe, alle Akteure in der Wissenschaftslandschaft zu verstehen. Es ist ihr gutes Recht zu fragen: Wie soll das aussehen, wie soll das gehen? Aber wenn es Ängste sind, sagen wir mal so, das würde ich nicht verstehen wollen. Für den Großraum ist eine Universität Nürnberg eine Investitionsgarantie des Freistaates auf Jahrzehnte.

Und die andere Entscheidung ist ja das klare Commitment der Investition für die TechFak in Erlangen. Wie werden hier große Entscheidungen zu treffen haben. Es geht um zwei starke Universitäten in der Metropolregion. In München ist die Existenz zweier hochleistungsfähiger Universitäten nebeneinander so schlecht nicht. Aber ich weiß: In Nürnberg soll man nicht München zitieren.

Wenig Inhalt ist bisher auch bei der Bewerbung Nürnbergs als Kulturhauptstadt bekannt. Welche Chancen hat die Stadt?

Spaenle: Das kann ich nicht sagen, das wird in den Gremien der EU entschieden: Aber nehmen wir meine eigene Heimatstadt München, wo man die Bewerbung für Olympia abgelehnt hat. Ich bedauere das zutiefst. Eine solche Bewerbung ist zwar für eine Stadt eine Anstrengung, natürlich auch eine ökonomische. Aber was zum Beispiel die Olympischen Spiele 1972 für München und Bayern bedeutet haben, das hat einen derartigen Schub ausgelöst.

Das kann man gar nicht genug ermessen. Ich kann Nürnberg für die Bewerbung also nur bejubeln. Noch mal: Das bedarf Anstrengungen, politischer, konzeptioneller, intellektueller Art. Aber eine solche Bewerbung stößt einen Diskurs an: über Eigenbild, Fremdbild. Wie stehen wir denn da, von der Blauen Nacht bis irgendwas? Wie gehe ich mit meiner historischen Situation um? Wie stelle ich mich als einer der größten Städte des Mittelalters dar, als große Stadt des Protestantismus bis hin zur besonderen Verstrickung in den Nationalsozialismus und mit dem mustergültigen Umgang damit. So weit das in meiner Macht steht, werde ich die Bewerbung unterstützen.

Bleiben wir bei der Erinnerungskultur, die Sie gerade angesprochen haben. Nun ist das Reichsparteitagsgelände ein Sanierungsfall. Im neuen Koalitionsvertrag steht nichts mehr über eine Bundesförderung für die Sanierung.

Spaenle: Es gab aus ganz Deutschland lokale Wünsche. Es wird, wenn ich es richtig verstanden habe, zum Koalitionsvertrag eine Anlage mit Listen für Projekte der Erinnerungskultur geben. Ich gehe davon aus, dass sich der Bund aus dieser Aufgabe in Nürnberg auf keinen Fall zurückziehen kann. Hier gibt es die große Frage, wie geht man mit der Zeppelinbühne um. Aber da halte ich mich sehr zurück. Man muss eine sehr gute Lösung finden. Es gibt da keine ausschließliche Wahrheit.

In München, das jetzt Gott sei Dank auch ein Dokumentationszentrum hat, habe ich immer gesagt, schaut nach Nürnberg. Man hat die Erinnerungsarbeit hier sehr offensiv angegangen, das hat einen Schwung bekommen mit der Straße der Menschenrechte, mit dem Schwurgerichtssaal von weltweiter Bedeutung. Da war München zu spät dran. Es gab da ein Schweigekartell beim Wittelsbacher Palais, dem ersten Sitz der Gestapo, wo jetzt die Landesbank ihre Räumlichkeiten hat. Das hat man in leiser Übereinkunft einfach weggeräumt.

Die Zeppelintribüne ist ein Sanierungsfall.

Die Zeppelintribüne ist ein Sanierungsfall. © Eduard Weigert

Beim Thema Konzertsaal schaut man von Nürnberg aus neidisch in Ihre Stadt. Wird das Nürnberger Haus angemessen sein?

Spaenle: Selbstverständlich. Die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen gilt auch für die Kultur. Die ist an beiden Standorten auf den Weg gebracht.

Können Sie das fränkische Gejammer über die Benachteiligung Nürnbergs gegenüber München nachvollziehen?

Spaenle: Da können wir gerne ins frühe 19. Jahrhundert blicken. Da hat Bayern die Schulden der ehemals Freien und Reichsstadt Nürnberg übernommen, und die waren erheblich. Aber im Ernst: Dass es einen Wettbewerb zwischen den beiden großen Metropolen gibt, das ist doch natürlich.

Nürnberg leistet sich zwei Orchester, die Philharmonie am Staatstheater und die Symphoniker, die chronisch unterfinanziert sind. Ist für die Symphoniker in naher Zukunft eine Besserung abzusehen?

Spaenle: Wie haben in Bayern eine besondere Situation, weil wir Staatstheater haben, die Staatsorchester haben, und die der Staat nahezu alleine trägt. Das ist in anderen Bundesländern anders. Für alle anderen Klangkörper gilt die Übernahme eines Teils des Defizits. Das Problem der Tarifsteigerungen, das muss gelöst werden. Aber ich halte diese Form der Finanzierung grundsätzlich für richtig. Sie hat sich über Jahrzehnte bewährt. Ich werde Ihnen heute nicht erklären, dass die Nürnberger Symphoniker ein Staatsorchester werden. Aber was in den letzten Jahren im freiwilligen Bereich zur Verfügung gestellt wurde, das kann sich sehen lassen.

Ein Thema, das derzeit die Diskussion bestimmt, ist: Wie gehen wir mit den Handys um?

SpaenleDas werden wir an einem runden Tisch mit den Betroffenen vor Ort nach Ostern besprechen. Die Förderung der Digitalisierung, lassen Sie mich das zusammenfassen, werden wir in ganz Bayern handlungsorientiert diskutieren, vielleicht innerhalb der Bildungsregionen.

Sie klangen überrascht, dass das Thema Handyverbot an Schulen so hochgekocht ist.

Spaenle: Ich halte die jüngste Diskussion nur für völlig überzogen. Schüler und Lehrer haben einen Anspruch darauf, dass Schule ein geschützter Raum ist, auch im Sinne einer psychologischen Unversehrtheit. Zudem üben Sie in den Schulen den Umgang mit Regeln, eben auch bei Smartphones. Dass man die Handynutzung in der Schule regellos lässt, das halte ich für unverantwortlich. Derzeit gibt es kein Nutzungsverbot, sondern ein pädagogisches Nutzungsgebot. Jede Lehrkraft ist gehalten, den Unterricht mit digitaler Unterstützung zu gestalten. Punkt. Das ist sehr vernünftig geregelt.

Das machen nur wenige Lehrer.

Spaenle: Das ist ganz unterschiedlich im Land. Wir werden überall im Land darüber reden, das Handy auch als pädagogisches Instrument einzusetzen. Im neuen Lehrplan des Gymnasiums steht zum Beispiel ganz dezidiert drin, was möglicherweise in Latein, Geschichte und in anderen Fächern mit Apps bearbeitet werden kann. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen der runde Tisch zur Handynutzung an Schulen, zu dem ich nach Ostern die Schulfamilie einladen werde, zu Tage fördert.

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