Alles Roger? FCN-Hoffnungen gegen Hannover
01.05.2014, 16:58 Uhr
Markante Sprüche: “An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“, heißt es im Neuen Testament. Johannes-Evangelium mutmaßlich. Matthäus, auch in näherer Zukunft wohl nicht Club-Coach, ebenfalls möglich. Die auf den Fußball übertragene Weisheit “Wichtig ist auf dem Platz“ schließt Kampfansagen allerdings nicht aus. Sieht man beim 1. FC Nürnberg, der in seinem Überlebenskampf zum Siegen verdammt ist. Trainer Roger Prinzen legte schon bei seiner Vorstellung ordentlich los (“Ich gebe Gas, richtig Gas“) und vor dem Heimspiel gegen Hannover nach (“Das Stadion wird brennen“). Timothy Chandler will “den Rasen umpflügen“. Und Mike Frantz assistiert in Sachen Eigen- und Fremdmotivation sowieso gerne einmal (“Wir haben gegen Hannover das absolute Endspiel. In diesem Spiel muss jeder für sich sagen: Ich werde alles rein schmeißen und das Herz in die Hand nehmen. Wenn wir nicht an die letzte Chance glauben, können wir den Laden zusperren“). Während Sportvorstand Martin Bader argumentativ die Brechstange auspackt ("Es klappt, weil es klappen muss"), sagt Josip Drmic im Gegensatz zu Mainz hoffentlich nichts. Im Interesse aller. Der treffsicherste Club-Schütze – Erkennungszeichen 16 Buden – macht abseits des Schlachtenlärms hoffentlich das gegen 96, was er am besten kann: Er lässt Tore sprechen.
Stabilisator Balitsch: Apropos markige Aussagen. “Das ist Fußball. Am Sonntag scheppert’s auch", beantwortete Hanno Balitsch jüngst Kiebitz-Kritik, die laut wurde, als Martin Angha vor dem Leverkusen-Spiel “Trainingspartner“ Sinan Tekerci in Armageddon-Manier abgrätschte. Hanno Balitsch ist zurück. Und gerade gegen seinen Ex-Verein, für den der Routinier in 150 Liga-Spielen die Fußballstiefel schnürte, scheinbar wichtiger denn je. Kampferprobt und mit gefälligen Ansätzen im Spielaufbau. Balitsch - an der Leine einst Kapitän und Führungsspieler – gibt einer schwimmenden Club-Mannschaft mit seiner Erfahrung Sicherheit.
Klar: Hessens ehemaliger Hochsprung-Meister im Juniorenbereich eckt an. Sowohl in Mainz unter Jürgen Klopp, in Hannover unter Dieter Hecking, dem der Ordnungshüter später nach Nürnberg folgte, als auch unter Michael Wiesinger wurde Balitsch suspendiert. Aufgrund von untadeligem Verhalten und Personalnot kehrte der als Störenfried und Stinkstiefel Gebrandmarkte zurück, machte zuletzt einen passablen Eindruck. Zum Knotenlöser in Sachen Klassenerhalt wurde Nürnbergs cleverer Zweikämpfer schonmal: Im April 2012 gegen Schalke (4:1), als Balitsch mit dem Kopf das richtungsweisende 1:0 erzielt. Vielleicht scheppert’s diesmal schon vorher.
Erinnerungen an Hannover: Am 11. Mai 1968 bringt Franz Brungs einen 2:1-Heimsieg auf den Weg. Sieben Tage später fixiert das "Goldköpfchen" – mit seinen Spielkameraden beim FC Bayern zu Gast – durch seinen Treffer zum 2:0 Nürnbergs vorläufig letzten Meistertitel. Und es gibt den 14. Dezember 2013, das Duell in der Hinrunde. Der Club zeigt sich auf fremder Spielwiese hellwach in der Defensive und vehement im Vorwärtsgang. Eine Drei-Tore-Führung zur Pause – bewerkstelligt durch Hlousek, Drmic und Nilsson - ist der Lohn für einen ausbalancierten, couragierten, zielstrebigen Auftritt.
Dass der "uneinholbare" Vorsprung nicht den ersten Club-Sieg dieser Saison zur Folge hat, hängt damit zusammen, dass Leonardo Bittencourt die Hausherren nach einer Stunde wieder heranbringt. Und damit, dass in der Schlussphase aus fränkischer Perspektive wiedermal der dramaturgisch schlechtmöglichste Ausgang gefilmt wird. Mame Biram Diouf nimmt – ungefähr zwei Meter im Abseits – ein Sulejmani-Zuspiel auf und verkürzt auf 2:3. Nachdem auf der Gegenseite der diesmal gelbgesperrte Marcelo den Ball an den eigenen Pfosten befördert hat, ist es erneut der Senegalese, der in der Nachspielzeit im Anschluss an eine zweifelhafte Freistoßentscheidung den Ausgleich besorgt – im zweiten Versuch. Es wird mal wieder Zeit für angenehme Hannover-Erinnerungen.
Der Fahrplan zum Klassenerhalt: Der Club löst am vorletzten Spieltag seine Hausaufgabe gegen Hannover. Der Hamburger SV - einen Platz und einen Punkt vor dem FCN auf dem Relegationsrang notiert – verliert zuhause gegen die Bayern. Der Club hangelt sich damit vorbei. Vorbei am vom Aussterben bedrohten Bundesliga-Dino, verteidigt den Vorsprung in der letzten Runde und bleibt über den Umweg Relegation erstklassig. So die Theorie, nun zur Praxis. Spätestens nach der 0:4-Demontage gegen die Königlichen aus Madrid im Champions-League-Halbfinale, dem Debakel dahoam, haben zuletzt schludrige Münchner erhöhten Wiedergutmachungs- und Steigerungsbedarf.
Gut möglich, dass die Rothosen als Projektionsfläche des Münchner Zorns, als Prügelknaben herhalten müssen. HSV-Sportchef Oliver Kreuzer – als Defensivspezialist früher mal selbst an der Säbener Straße aktiv – macht sich darüber keine Gedanken, äußert sich gegenüber dem NDR vielmehr offensiv: “Der Stachel sitzt tief beim FC Bayern nach der Pleite gegen Real. Die werden sicher keine große Lust haben, am Freitag in den Flieger nach Hamburg zu steigen“, so Kreuzers Steilvorlage. Brauchen die Bayern noch mehr Motivationshilfe, um dem Club Schützenhilfe zu leisten?
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