Als Kuka den "Knappen" das Nachsehen gab
10.04.2012, 15:41 Uhr
Es ist Zufall, dass Pavel Kuka neulich ausgerechnet diese alte Videokassette in die Hände fiel. Das alte Video von der Partie Nürnberg gegen Schalke aus dem Jahr 1999. Obwohl Kuka durch den Fußball berühmt wurde, ist dieser Sport für ihn nicht alles. Der 43-Jährige ist auch ein echter Familienmensch. Er genießt das Zusammensein mit seinen Kindern. Daher schaute er sich das alte Video zusammen mit seinem zehnjährigen Sohn Tomas an.
Kuka selbst war es, der bei einer schlampigen Kopfballrückgabe von Andreas Müller auf Olli Reck damaks dazwischenspritzte, die Kugel am S04-Keeper vorbeilupfte und den Club so in Front brachte. Nachdem Sasa Ciric noch vor der Pause nachgelegt hatte, machte Kuka seinen Doppelpack mit erneuter (Gedanken-)Schnelligkeit perfekt. Von Marc Oechler in Szene gesetzt, schüttelte er Johan de Kock ab und vollstreckte zum 3:0. Der Heimsieg des Club machte nicht nur dem Angreifer Mut: "Keiner hat sich Gedanken gemacht über den Abstieg, den später niemand mehr aus dem Kopf bekommen sollte", sagt Kuka.

Doch auch nach dem Abstieg, von dem Kuka spricht, änderte sich nichts am Altmeister-Mythos. In den frühen Jahren ihrer triumph- und tränenreichen Geschichte hatten sich Nürnberger und Schalker als Titelsammler die Klinke in die Hand gegeben, oder waren sich in Endspielen begegnet. Neun Jahre lange schmückten sich die Traditionsvereine gemeinsam mit dem Etikett: deutscher Rekordmeister.

Die letzte Heimbegegnung mit den "Königsblauen" gewann der FCN dank seines damaligen Kapitäns: Andy Wolf sorgte per wuchtigem Kopfball im Oktober 2010 für den 2:1-Endstand. Keine 60 Sekunden zuvor hatte er, ebenfalls nach einer Ecke, das Spielgerät auf gleichem Weg ans Aluminium befördert.
Die Nürnberger Dienstreisen nach Gelsenkirchen gestalteten sich hingegen meist unerfreulich. In der Rückrunde 2010/11 entführte der Club immerhin einen Zähler aus dem Pott. In der Hinrunde der laufenden Saison bestrafte S04 dagegen Club-Fehler im Aufbauspiel und Abwehrverhalten gnadenlos. Doppeltorschütze Klaas-Jan Huntelaar, Raul und Lewis Holtby lieferten dem FCN beim 4:0 im November 2011 Anschauungsmaterial in Sachen Effektivität.
Der letzte Club-Sieg im Revier datiert aus dem September 1993: Sergio Zarate fungierte im Parkstadion als Matchwinner, steuerte beim 2:1 beide Treffer bei. Die Zaubermaus zirkelte einen Freistoß aus 22 Metern zentimetergenau ins Kreuzeck, brachte die Gäste damit in Front. Acht Minuten später gab Ingo Anderbrügge schussgewaltig die Antwort, ließ FCN-Schlussmann Andy Köpke per Strafstoß keine Abwehrchance. Doch nach der Pause bewies auch Zarate, dass er Standards vom Punkt beherrscht. Durch seinen verwandelten Elfmeter sorgte er dafür, dass der FCN die Rote Laterne an Schalke weiterreichte.
Auch im März 1987 hatten die Clubfans bei den "Knappen" gejubelt: Stefan Reuter bewerkstelligte unter Mithilfe von S04-Keeper Pavel Macak die Gästeführung. Dieter Eckstein erhöhte sie. Nachdem Hans-Jürgen Brunner durch ein Traumtor zum 3:1 den alten Vorsprung wiederhergestellt hatte, tütete Jörn Andersen den 4:2-Auswärtserfolg ein. Die Heimreise traten der Norweger und seine Teamkollegen mit der besten Zwischenbilanz seit 1968 an.

Auch 2002 waren die Franken auf Schalke einem Sieg nahe, bis Sven Vermant in der Schlussminute dem mitgereisten Anhang durch seinen Treffer zum 1:1 doch noch ein zerknirschtes "Verdammt" entlockte.
Noch bitterer war die Auswärtsfahrt in der Abstiegssaison 1968/69 gewesen. "Königsblau" – mit Stan Libuda und dem späteren Club-Coach Friedel Rausch in der Startformation - watschte den Club mit 4:1 aus dem Stadion. Franz Hasil überwand FCN-Schlussmann Roland Wabra gleich dreimal, für den amtierenden Meister aus Nürnberg traf einzig Nationalspieler Schorsch Volkert.
Abseits des Liga-Betriebs standen zuletzt Pokal-Duelle im Fokus:

Ende Januar 2011 war der Club nach Gelsenkirchen gereist, um erstmals seit dem Pokal-Triumph 2007 das Halbfinal-Ticket zu lösen. FCN-Goalgetter Julian Schieber brachte die Nürnberger in einem packenden Pokal-Fight zweimal in Front. Christian Eigler verpasste es, die "Knappen" noch mehr zu schocken, schob die Kugel knapp am Pfosten vorbei. Schalke war dem Sieg im zweiten Durchgang näher, der Club hielt jedoch couragiert dagegen. Gegen Ende der Verlängerung kursierten Überlegungen, wer auf FCN-Seite bei der Elfmeter-Lotterie sein Glück versuchen sollte – als urplötzlich ein unbekannter Youngster in Aktion trat. Keine 120 Sekunden vor dem Abpfiff nahm der just zuvor eingewechselte Julian Draxler Maß - und ließ mit seinem 22-Meter-Schuss den Traum vom fünften Nürnberger Cup-Gewinn platzen.
Weit, weit zurück liegt indes ein anderes Pokal-Duell. Das Kräftemessen vom 8. Dezember 1935 im Düsseldorfer Rheinstadion war keine Randnotiz. Es war das erste Pokal-Finale in Deutschland überhaupt, die (Groß-)Mutter aller Pokal-Endspiele. Durch einen 2:0-Erfolg verewigte sich der FCN als erster Titelträger in den Fußball-Annalen. Abel Uebelein & Co. brachte den legendären Schalker Kreisel um Fritz Szepan und Ernst Kuzorra zum Stillstand. Schalke-Schreck Schorsch Friedel demoralisierte die "Königsblauen" durch zwei Treffer und hämmerte der Sportpresse Lobeshymnen auf den Club in die Schreibmaschinen.
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