Auszeit: Falcons wagen sich aufs Glatteis

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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23.11.2017, 18:27 Uhr
Auszeit: Falcons wagen sich aufs Glatteis

© Sportfoto Zink

Zwei Siege in zehn Spielen? So schlecht ist der Nürnberger Basketballclub noch nie gestartet.

Doch. Auch in der vergangenen Saison sah es für die Falcons zu diesem Zeitpunkt nicht viel besser aus, am Ende feierten sie trotzdem relativ souverän den Klassenerhalt. Ein bisschen Sorgen darf man sich um den NBC aber natürlich trotzdem machen. Aktuell steht der Verein auf dem vorvorletzten Rang, die Plätze 15 und 16 berichtigen in der kommenden Saison zur Teilnahme an der Pro B, der dritten Liga. "Wir müssen nichts schönreden", sagt Trainer, Sportdirektor und Geschäftsführer Ralph Junge, sieht aber auch "keinen Grund, hektisch zu werden". Dass sie von Aufstiegskandidat Vechta hergespielt würden, war abzusehen, dass ihnen gegen ein hochwertig besetztes Team wie Karlsruhe ein paar Minuten zu früh die Energie ausgeht, ebenfalls. Enttäuschend waren vor allem die knappen Niederlagen gegen Paderborn und Trier – Spiele, in denen die Falcons lange Zeit geführt hatten und dann doch traurig nach Hause fahren mussten. Noch enttäuschender waren die Auftritte gegen Kirchheim, in Chemnitz und zuletzt in Heidelberg, wo Junges Mannschaft nahezu chancenlos war und zuweilen wie ein Falke auf dem Eis wirkte. Lediglich gegen Köln ist ihnen bislang eine Überraschung gelungen.

Der Sommer wird also auch im kommenden Jahr wieder viel zu früh beginnen.

Richtig. Über die Playoffs muss, oder vielmehr darf, man sich auch in der Spielzeit 2017/18 keine Gedanken machen. Eine "Träumerei" nennt Junge das, nur wenn alles perfekt gelaufen wäre, hätte man sich mit dem Thema möglicherweise noch einmal im Frühling beschäftigen dürfen.

Schon der Verbleib in der Liga scheint derzeit ein optimistisches Ziel zu sein.

Mit Optimismus hat das nichts zu tun, findet Junge, sondern mit Realismus. Auch wenn im Sport immer alles passieren kann, lassen sich der Spielplan und damit die Erfolgsaussichten ja einigermaßen kalkulieren. "Wenn wir bis Weihnachten noch zwei Siege holen", sagt der Trainer, "sind wir auf Kurs". Am Sonntag ist Ehingen (Platz 15) ab 17 Uhr in der Halle am Berliner Platz zu Gast, Mitte Dezember treten sie in Ulm gegen die Orange Academy (Platz 14) an. Wollen sie halbwegs entspannt in die kurze Weihnachtspause gehen, sollten sie diese beiden Spiele unbedingt gewinnen. Gelingt ihnen das nicht, muss Ralph Junge vom Realisten zum Optimisten werden.

Sind die Falcons schon so frustriert, dass sie nun gleich die Sportart gewechselt haben?

Nein. Eiskunstläufer werden aus Nürnbergs Basketballern nicht mehr, auch wenn sie sich in dieser Woche bei der Einweihung der Synthetik-Eislaufbahn am Tucherhof recht passabel geschlagen haben. "Verletzt wurde niemand", stellten die Falcons hinterher mit der nötigen Selbstironie fest, vielleicht gibt ihnen dieser Marketing-Termin ja neuen Schub.

In der vergangenen Saison war die Teamchemie das große Plus.

Das ist auch diesmal so. Zumindest seit Matthew Gibson nicht mehr da ist. Für das Selbstvertrauen der Mannschaft, vor allem der jungen Spieler, soll die Anwesenheit des erfahrenen Point Guards nicht besonders hilfreich gewesen sein, die Falcons sind aber auch in dieser Saison zwingend auf gute Stimmung angewiesen. Der NBC hat einen der geringsten Etats in der Liga, das macht sich bei der Qualität des Personals bemerkbar. Wie im Vorjahr hat Junge auf die ein oder andere Leistungsexplosion gehofft, bislang ist der 33 Jahre alte Dan Oppland (im Schnitt: 12,5 Punkte, 7,7 Rebounds) aber der einzige, der konstant abliefert.

Ralph Junge hat vor der Saison angekündigt, den jungen Spielern noch mehr Minuten zu geben. Tut er das auch?

Ja. Nun gut, Manuel Feuerpfeil stand erst 91 Sekunden lang auf dem Feld, Ben Gahlert insgesamt zehn Minuten, allerdings sind die beiden in dieser Saison vor allem tragende Säulen in der Nachwuchs-Bundesliga, wo die Falcons zuletzt sogar den Bamberger Nachwuchs besiegen konnten und bislang ungeschlagen sind. An die Pro A sollen sie langsam herangeführt werden, Nils Haßfurther (im Schnitt knapp 18 Minuten pro Spiel) und Matthew Meredith (knapp 19 Minuten) haben den nächsten Schritt bereits geschafft und stehen regelmäßig sogar dann noch auf dem Parkett, wenn es ernst wird.

Die Falcons haben viel Potenzial, nur rufen sie es noch nicht ab.

So in etwa könnte man das formulieren. Jonathan Maier trägt dazu bei, dass Nürnberg bei den Rebounds deutlich besser dasteht, unter dem Korb fehlt ihm manchmal aber noch das Durchsetzungsvermögen. Mardracus Wade ist ein hervorragender Balldieb, seine Wurfquoten unterliegen aber zu großen Schwankungen. Gibson-Nachfolger Virgil Matthews ist immer noch in der Eingewöhnungsphase, Malo Valérien hat bislang Sebastian Schröder nicht ersetzen können.

In der Rückrunde ist Schröder wieder dabei, dann wird alles gut.

Abwarten. Zwar trainiert Sebastian Schröder während seines Auslandssemesters in den USA fleißig, dass er nach seiner Rückkehr an Weihnachten aber sofort wieder an die starken Leistungen der Vorsaison anknüpfen kann, wäre aber sehr erstaunlich. "Er wird uns Stabilität geben", ist sich Junge trotzdem sicher.

Bei all diesen Baustellen kommt Junge nicht dazu, die Infrastruktur zu verbessern.

Doch. Ein Trainingszentrum haben sie zwar noch nicht, dafür seit dieser Woche mit dem Nürnberger Flughafen immerhin mal wieder einen neuen Partner. Junge hofft dadurch "Leute zu erreichen, die noch nicht wissen, dass es uns gibt". Das ist auch dringend nötig, denn da stehen die Falcons mit 814 Zuschauern pro Spiel ganz unten in der Zweitliga-Tabelle.

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