Der "Wunscherfüller" der Medien sieht die Rennen nie
4.7.2012, 09:48 UhrHerbert Walchshöfer helfe Detlef Kühnel dabei, diesem Verrückten und Initiator des ersten Triathlons im Landkreis Roth, weil er dessen Freund sei. Zu Wolfram Zilk sagte er: „Und weil Du mein Freund bist, machst Du mit!“
Damit war alles entschieden. Vor 27 Jahren hat Wolfram Zilk erstmals die Pressevertreter beim Franken-Triathlon, später beim Ironman Europe und seit zehn Jahren beim Challenge Roth mit Ergebnislisten versorgt. „1985, im ersten Jahr, hatten wir einen Kopierer in der Realschule“, erinnert sich der 58-Jährige. Im Laufe der Jahre hat der Eishockey-Fan, der seine Aufgabe selbst als „Wunscherfüller der Medien“ bezeichnet, Erfahrungen mit verschiedensten Zeitnahmefirmen gesammelt. Die Programme wurden stetig weiterentwickelt. Eines hat sich nicht geändert: Von den Rennen sieht Wolfram Zilk, der inzwischen im Schützenhaus am Festplatz untergebracht ist, nichts.
Ironman als einzige Triathlon-Erfahrung
Der einzige Triathlon, bei dem Wolfram Zilk als Zuschauer war, war der Ironman auf Hawaii im Jahr 1992. Geplant war damals, die Weltmeisterschaft über die Kurzstrecke für das Jahr 1993 nach Nürnberg zu holen. „Wegen minderer Formfehler haben wir diese nicht bekommen“, erinnert er sich. Nürnberg hatte deswegen aber einen Infostand auf Hawaii. Endlich konnte er einmal bei einem Rennen über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und dem abschließenden Marathon über 42,195 Kilometer Laufen zuschauen.
Am kommenden Sonntag wird er dann aber wieder im Rother Schützenhaus sitzen. Eine Woche vor dem Challenge Roth beginnt seine Aufgabe: Dann erhält er von der Zeitnahmefirma einen Link, um das Programm zu testen. Passen die Felder für die Stammdaten der Athleten, wie die Altersklasse, die Endzeiten? Kann er nach Athleten aus dem Landkreis Roth filtern? Kann er die zehn Bestplatzierten Frauen und Männer auf einem DIN-A4-Blatt ausdrucken? Nach Nationen sortieren? „Hier teste ich noch mit den Vorjahresdaten“, erzählt Zilk. Am Tag vorher, wenn er die Rechner im Schützenhaus prüft, sind die aktuellen Daten eingespielt.
Sein persönlicher Wettkampftag beginnt gegen 8.30, 9 Uhr. „Ich checke alles durch“, sagt er. Vom Schwimmen, der ersten Disziplin, druckt er die Ergebnislisten für die Journalisten aus. Die „heiße Phase“ beginnt dann ab dem zweiten Wechsel vom Rad zum Laufen. Dann füllt sich das Schützenhaus mit Journalisten aus der Region und der ganzen Welt. Bis 20, manchmal auch erst bis 21 Uhr gehen dann die letzten Journalisten aus dem Schützenhaus, nachdem sie ihre Texte geschrieben haben. „Wenn die letzte Liste gedruckt ist, gönne ich mir ein schönes, gepflegtes Bier“, sagt Wolfram Zilk. Schon mal noch am Rother Festplatz, aber oft auch erst zu Hause in Nürnberg. Schließlich ist dies ein Ehrenamt – und am nächsten Morgen wartet auf den gebürtigen Niederbayern sein Job in der Congress- und Tourismuszentrale.
Joey Kelly startete in den 1990er Jahren in Roth
Nach 27 Jahren hat Wolfram Zilk natürlich viele Geschichten zu erzählen: Genervt war er von der Yellow Press, als verschiedenste Boulevardblätter alle fünf Minuten angerufen hatten und sich nach dem Sänger Joey Kelly von der Kelly-Family erkundigt hatten. Dieser ist in den 1990er Jahren in Roth gestartet. „Wer das Rennen gewinnt, hat diese Journalisten überhaupt nicht interessiert.“ Erstaunt waren sie, als in den Ergebnislisten beim Schwimmen eine Frau namens Ute Mückel ganz vorne stand, noch vor den Männern. Erst dachten sie an einen Zeitnahmefehler. „Wir hatten ja noch kein Internet.“ Dann stellte sich aber heraus, dass die Ex-Nürnbergerin tatsächlich eine Ausnahmeschwimmerin war.
„Die schlimmste Schrecksekunde für mich war aber, als ein Lkw-Fahrer das Kabel vom Zeitnahmecontainer am Parkplatz zum Schützenhaus durchgetrennt hatte“, erinnert sich der gelernte Reiseverkehrskaufmann. „Wir hatten keine Daten mehr.“ Innerhalb einer Dreiviertelstunde wurden die Kabel von der Firma wieder gespleißt. Immer wieder waren die Kabel das Sorgenkind. Auch unter dem Gleisbett der Gredl, der Bahn von Roth nach Hilpoltstein, ist es schon einmal durchgegangen. „Es hat aber gehalten.“ Heute wird alles kabellos über das Intranet übertragen.
Wolfram Zilk sagt zwar: „Irgendwann rationalisiere ich mich weg.“ Denn die Journalisten können heute selber im Internet die Ergebnisse anschauen und den Live-Ticker mitverfolgen. Immer neue Anforderungen hat er aber an die Zeitnahmefirma gemeldet. Mikas, die seit den Challenge-Rennen dafür zuständig ist, bietet sogar eine Hochrechnung an, wann die Athleten ins Ziel kommen. „Diese Funktion ist ein Übertraum“, schreibt Zilk in seiner „Kreativ-Motzliste 2008“, die er jedes Jahr an die Veranstalter übergibt. „Wenn man bedenkt, dass die Zeit der Siegerin bei Kilometer 29,8 gerade mal eine Sekunde von der Endzeit abwich, sagt das einiges über die Qualität der gelieferten Zahlen aus.“ Inzwischen kann Zilk auf einer Landkarte sogar mitverfolgen, wo sich ein Athlet befindet. Suchen kann er nach jedem der Einzel- und Staffelstarter. „Jetzt kann ich sagen, dass alle meine Anforderungen erfüllt sind.“
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