DFB sieht Sommermärchen "nicht zerstört"

19.10.2015, 15:34 Uhr
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verteidigt seinen Verband gegen Korruptionsvorwürfe.

© Rolf Vennenbernd (dpa) DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verteidigt seinen Verband gegen Korruptionsvorwürfe.

Im Wirbel um Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 hat sich auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt eingeschaltet. Als mögliche Tatbestände nannte eine Sprecherin am Montag Betrug, Untreue oder Korruption. Es wird geprüft, ob es einen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren gibt. Immer mehr in den Fokus rückt eine dubiose 6,7-Millionen-Euro-Zahlung des Deutschen Fußball-Bundes an den von Sepp Blatter geführten Weltverband (FIFA), über die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zuerst berichtet hatte.

Dies sei weiter „ein offener Punkt“, räumte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach im neuen Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ein. Man müsse die Frage stellen, „wofür diese Überweisungen der 6,7 Millionen verwendet wurden“. Laut DFB steht das Geld allerdings in keinem Zusammenhang mit der WM-Vergabe. Den Verdacht des Stimmenkaufs wies Niersbach erneut vehement zurück. „Die WM 2006 war ein Sommermärchen, und sie ist ein Sommermärchen. Das Sommermärchen ist nicht zerstört, weil ich auch hier noch mal sage: Es hat keine schwarzen Kassen gegeben, es hat keinen Stimmenkauf gegeben“, kommentierte er und kündigte an, die Behauptungen zu widerlegen.

Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vertraut Niersbach und dem damaligen Organisationskomitee-Chef Franz Beckenbauer. „Das sind Ehrenmänner. Beide – genauso wie der ehemalige Minister Schily - haben glaubhaft und seriös versichert und auch verkündet, dass die Behauptungen nicht stimmen.“ Dementsprechend gebe es für ihn „auch keinen Anhaltspunkt, was anderes zu glauben“, sagte der frühere Nationalspieler vor dem Abflug zum Champions-League-Gruppenspiel des FC Bayern am Dienstag in London gegen den FC Arsenal.

Der damalige Bundesinnenminister Schily sieht vor allem die FIFA in der Bringschuld. Die Frage der 6,7-Millionen-Euro-Zahlung betreffe eigentlich den Weltverband, sagte der SPD-Politiker der ARD. Natürlich gebe es auch für den DFB Grund, das zu überprüfen. „Aber normalerweise, wenn ich an einen Verein etwas zahle, dann gehe ich davon aus, dass das auch bestimmungsgemäß verwendet wird.“

DFB-Schatzmeister war zu dieser Zeit der spätere Präsident Theo Zwanziger. „Der hat alle Zahlungen höchst penibel geprüft – und das musste ja auch so sein, denn der DFB ist eine gemeinnützige Organisation“, sagte Schily.

Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International, reicht das nicht. Sie verlangte ein detailliertes Statement von Zwanziger, an den sie im Moment „die meisten Fragen“ habe. „Was hat er damals gewusst, warum hat er nichts gesagt, oder hat er wirklich nicht nachgefragt? Das wäre aber völlig unüblich für ihn“, sagte Schenk bei hr-Info.

Für den WM-Zuschlag soll nach einem unbestätigten „Spiegel“-Bericht Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sein. Der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus soll diese Summe aus seinem Privatvermögen zur Verfügung gestellt haben. Das Geld könnte laut „Spiegel“ dazu eingesetzt worden sein, um die Stimmen von vier asiatischen Mitgliedern des FIFA-Exekutivkomitees zu gewinnen. Eineinhalb Jahre vor der WM soll Dreyfus das Geld zurückgefordert und über ein FIFA-Konto auch erhalten haben.

Die „Bild“-Zeitung verwies am Montag online allerdings auf eigene Recherchen, wonach das Geld erst 2002 – also zwei Jahre nach der Abstimmung über die WM-Vergabe im Juli 2000 – von Dreyfus überwiesen worden sein soll. Und zwar „weder auf ein Konto des DFB noch des WM-Organisationskomitees“, wie die Zeitung schrieb.

Schenk kritisierte die Beweisführung des „Spiegel“. Der Artikel sei „sehr dünn“, urteilte sie, obendrein sei ein Teil der Vorwürfe veraltet: „Ich habe den Eindruck, dass der „Spiegel“ zu früh veröffentlich hat, möglicherweise hätte man weiter recherchieren müssen.“ Die frühere Sportfunktionärin forderte harte Fakten.

 

Mittlerweile hat sich auch der fränkische Sportmoderator Waldemar Hartmann zu diesem brisanten Thema geäußert.

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