EM 2024 in Deutschland: Am Ende entschied das Geld

Hans Böller

Sportchef der Nürnberger Nachrichten

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27.9.2018, 17:26 Uhr
Reinhard Grindel freut sich: Der umstrittene DFB-Boss hat die Fußball-Europameisterschaft 2024 nach Deutschland geholt.

© Martial Trezzini/KEYSTONE/dpa Reinhard Grindel freut sich: Der umstrittene DFB-Boss hat die Fußball-Europameisterschaft 2024 nach Deutschland geholt.

Zwei geplante deutsche Olympia-Bewerbungen sind, in München und in Hamburg, krachend am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Die Bewerbung um die Fußball-Europameisterschaft fand zwar ohne Volksbefragung statt, aber das öffentliche Desinteresse an der Kampagne sprach auch eine deutliche Sprache. EM? Mal sehen, muss aber nicht sein - so etwa wirkte es.

Dabei interessieren sich die Menschen mehrheitlich sehr für den (Spitzen-)Sport, suspekt sind ihnen aber die Organisationen dahinter - die, betrachtet man insbesondere das Internationale Olympische Komitee und die internationalen Fußballverbände, dazu jeden erdenklichen Anlass gegeben haben. Der Fußball-Weltverband Fifa und die Europäische Union Uefa agieren ähnlich skandalträchtig wie das IOC, Manipulations- und Finanzskandale prägen ihr Bild, und die schöne Illusion, im deutschen Sport sei alles sauber, war mit den dubiosen Geldflüssen rund um die WM-Bewerbung für 2006 als solche enttarnt.

Uefa möchte mehr Gewinn

Um das Europaturnier 2024 hatten sich mit dem türkischen und dem deutschen zwei Verbände beworben, die heftig mit ihren jeweiligen Affären ringen. Spätestens seit der manipulierten Meisterschaft von 2011 ist die Korruption im türkischen Fußball offensichtlich, der Deutsche Fußball-Bund ringt weiter um Glaubwürdigkeit und Zusammenhalt und brüskierte das Publikum im eigenen Land mit dem selbstgefälligen Auftreten bei der verpatzten WM 2018 und dem instinklosen Umgang mit der Affäre um Mesut Özil. 

Dem Spiel selbst hat das in beiden Ländern erstaunlich wenig geschadet, das türkische Volk wäre ein guter, begeisterungsfähiger Gastgeber geworden, auch infrastrukturell hätte die Türkei ein solchen Turnier problemlos gemeistert. Was am Ende den Ausschlag geben würde, hat Uefa-Präsident Aleksaner Ceferin klar formuliert: das Geld, einen Gewinn von rund 800 Millionen Euro bescherte das Turnier 2016 in Frankreich der Uefa, gerne darf es jetzt ein bisschen mehr sein.

Noch ist nicht alles gut

Und bei allen türkischen Staatsgarantien: Die Inflation am Bosporus hätte ein beträchtliches Risiko bedeutet; Deutschland ist der weitaus stabilere Partner, dem Land geht es besser denn je – auch wenn Rassisten und Rechtspopulisten gerade einen anderen Eindruck vermitteln wollen. Dass die Uefa vorab die Wahrung der Menschenrechte in ihrem Evaluierungsbericht als wesentliches Kriterium hervorhob, könnte Ceferin jetzt als mitentscheidend herausstreichen.

Es wäre Heuchelei, ein politisches Signal ist das Votum einiger weniger Uefa-Exekutivkomiteemitglieder sicher nicht. Ob es zum Befreiungsschlag für den DFB und seinen angezählten Präsidenten Reinhard Grindel wird, bleibt abzuwarten. Zu glauben, dass mit der Aussicht auf 2024 alles wieder gut sei, wäre der nächste fatale Irrtum.

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