FCN: Weiler plant den nächsten Karriereschritt

12.11.2014, 05:58 Uhr
Ein sonniger Tag ohne Cheftrainer: Nürnbergs Zweitliga-Profis auf dem Weg zur ersten Übungseinheit ohne den entlassenen Valerien Ismaël.

© Sportfoto Zink / WoZi Ein sonniger Tag ohne Cheftrainer: Nürnbergs Zweitliga-Profis auf dem Weg zur ersten Übungseinheit ohne den entlassenen Valerien Ismaël.

Der Tag ohne Cheftrainer brachte immerhin Sonnenschein. 16 Stunden nachdem der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Grethlein die Trennung von Valerien Ismaël offiziell gemacht hatte, trafen sich die, die bleiben durften, nach zwei freien Tagen zur ersten Einheit ohne Ismaël. Angeleitet von Markus Zidek, dem Athletiktrainer, übten Nürnbergs Zweitliga-Profis knapp eineinhalb Stunden. Darüber sprechen, warum sie da jetzt auf einmal ohne Ismaël auf dem Platz stehen, wollte nicht nur Jan Polak nicht.

„Was soll ich dazu schon sagen“, fragte der Kapitän zurück — und ging. Was man dazu schon sagen soll, hatten die Hauptdarsteller am Abend zuvor auch nicht so recht gewusst. Es häufen sich ja die Tage, an denen rund um den 1. FCN keiner mehr weiß, wie man die vielen schlechten Nachrichten noch kommentieren soll. Zuletzt stand zu solchen Anlässen immer der Aufsichtsrats-Vorsitzende Klaus Schramm neben dem Sportvorstand Martin Bader, diesmal traten — nach den Neuwahlen der Mitgliederversammlung — eben Grethlein und Bader kurz vor Mitternacht gemeinsam vor die wartenden Journalisten.

Bader unter Druck

Fünf Stunden lang hatte der Aufsichtsrat bis dahin beraten, natürlich auch über Bader, der nie in seiner Nürnberger Zeit so sehr unter Druck gestanden hat wie in diesen Tagen. Daran, schnell zu handeln, hindert Bader der Druck aber offenbar nicht. Schon am Mittwoch soll am Valznerweiher der Schweizer René Weiler als neuer Trainer vorgestellt werden. Bestätigen wollte das Dienstagabend niemand, die Tatsache, dass die Trainingseinheit am Mittwoch, die eigentlich öffentlich hätte stattfinden sollen, nun doch nur im Geheimen abgehalten wird, ist allerdings ein Hinweis darauf, dass der FCN sich diesmal mit der Trainersuche nicht ganz so viel Zeit gelassen hat wie vor einem Jahr. Da waren Wochen vergangen, ehe man Gertjan Verbeek präsentierte.

Verbeek war noch zu einem Erstligisten gewechselt. Weil Weiler jetzt einen kriselnden Zweitligisten übernehmen soll, betonte Grethlein schon am Montag das Offensichtliche. „Sie sehen, dass Martin Bader neben mir steht“, sagte Grethlein also. Er war da gefragt worden, wie in der Sitzung mit einem Antrag des Aufsichtsratsmitglieds Günther Koch umgegangen worden war. Koch hatte nicht zum ersten Mal versucht, eine Mehrheit dafür zu gewinnen, auch Bader von seinem Amt zu entbinden. Immerhin einen positiven Aspekt konnte Grethlein dem letztlich erfolglosen Ansinnen Kochs abgewinnen: Man war, so erzählte das Grethlein, in den Stunden zuvor „kollegial und freundlich“ mit Koch umgegangen, es war eine „sachliche“ Diskussion entstanden, in der jeder „den anderen hat ausreden lassen“. Für dieses Gremium, so musste man Grethlein verstehen, ist alleine das schon ein Fortschritt.

Am Ende der Diskussion durfte Bader im Amt bleiben, die Zweifel aber, ob das alles so gut ist, was der Sportvorstand macht, sind gewachsen — nur hört sich das etwas sperrig an, wenn man wie Grethlein die Erklärung zur Irritation vom Blatt abliest: „Der Aufsichtsrat hat darüber hinaus im Hinblick auf die zurückliegenden rund eineinhalb Jahre eine unbefriedigende Entwicklung im Verein konstatiert. So ist ein weiteres Ergebnis der intensiven Aussprache auch der Beschluss, die vereinsinternen Strukturen kritisch zu überprüfen.“

Kritisch überprüft wird fortan also das Wirken Baders, der den Club erst zu einem soliden Bundesligisten gemacht hat, dem spätestens seit der Entscheidung, Michael Wiesinger zum Cheftrainer zu machen, aber das Glück abhanden gekommen ist. „Wir haben aktuell eine sportliche Krise“, sagt Grethlein am Dienstag, „wir sehen aber auch über die letzten zwei Jahre eine negative Entwicklung, die man nicht mit einer Trainerentlassung beendet.“ Trotzdem habe man sich im Aufsichtsrat bewusst dazu entschlossen, „nicht Tabula Rasa zu machen“, sagt Grethlein.

Bader durfte also bleiben und musste schon wieder einen Trainer suchen. Am Montagabend hatte sich der Start in diese Suche noch kompliziert angehört. „Wir haben uns keinerlei Gedanken gemacht“, hatte Bader da gesagt. Wahrscheinlich muss ein Sportvorstand so reden, wenn er noch bis kurz zuvor fest zu seinem Trainer gehalten hat. Einem Trainer, zu dem er ein „persönliches und inniges Verhältnis hatte“, wie Bader noch einmal betonte. Geholfen hat dieses Verhältnis in sportlicher Hinsicht keinem der beiden, der FCN steht nur zwei Punkte entfernt von einem Abstiegsrang.

„Mut wird belohnt“

Angesichts dieser Bilanz war Bader dann natürlich doch nicht gänzlich unvorbereitet in seine Mission gestartet. Im Sommer, als sie in Ismaël noch große Hoffnungen gesetzt hatten und auch das Saisonziel noch Wiederaufstieg hieß, hatten sie sich gegen einen Trainer entschieden, von dem damals auch schon viele dachten, dass er gut nach Nürnberg passen könnte: René Weiler hat sich in der Schweiz einen guten Ruf erarbeitet, weil er mit dem FC Aarau einen Verein mit bescheidenen Möglichkeiten zurück in die Erstklassigkeit führte.

In Aarau aber wollte Weiler wegen fehlender Perspektiven nicht mehr weiter arbeiten und stattdessen den „nächsten Karriereschritt“ machen. Der 41-Jährige gilt als Liebhaber des offensiven Spiels und hatte während Nürnbergs Trainersuche im Sommer nur knapp das Nachsehen gegenüber Ismaël. Der Kontakt nach Deutschland riss trotz der Absage aus Nürnberg nicht ab. Kürzlich befand sich Weiler auf einer Bildungs- und Informationsreise in Fußball-Deutschland — angeblich verhandelte er auch mit dem SV Werder Bremen über eine Anstellung, nachdem dort Robin Dutt entlassen worden war.

In Bremen entschied man sich letztlich aber für Viktor Skripnik — Weiler blieb so frei für den 1. FC Nürnberg, wo er nun nach Ismaël der zweite Trainer ist, der die 2. Liga nicht kennt, sicher ein Riskio. „Die Mutigen“, so sagte aber Weiler das, als er noch in Aarau arbeitete, „werden in der Regel irgendwann belohnt.“ Nicht nur Martin Bader wird hoffen, dass Weiler damit Recht behält.

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