Glücklos im Klassenkampf: Der Club bemüht sich vergeblich
18.3.2019, 16:42 UhrMan hörte Hanno Behrens in Frankfurt schreien. Vielleicht nicht im Block der FCN-Fans, in dem auf der gegenüberliegenden Seite des Waldstadions über 3000 Menschen damit beschäftigt waren, ihren Lieblingsverein ungeachtet der tabellarischen Tristesse nach vorne zu treiben. Es war ein Außenmikrophon, das die kurz, gallig und lautstark kommunizierte Wut des Club-Kapitäns ob der von ihm vergebenen Großchance nach außen transportierte. Hinein in die rot-schwarzen Wohnzimmer. Hinein in die fränkischen Fußballkneipen, in denen weitere tausende von Club-Fans den Führungstreffer ihres FCN so sehr herbeisehnten.
"Es wäre natürlich wichtig gewesen, gegen einen so starken Gegner in Führung zu gehen", fand nach der Partie auch Boris Schommers, der Interimscoach des glücklosen Tabellenletzten. Nach nur drei Minuten und einer guten Spielverlagerung hatte der von Schommers auf die linke Abwehrseite beorderte Sebastian Kerk Raum und Zeit gehabt, um eine Maßflanke auf den perfekt positionierten, im Sturmzentrum blank stehenden Hanno Behrens zu adressieren. Der Kopfball, vom Club-Captain auch wuchtig Richtung Eintracht-Gehäuse gebracht, sauste über den Querbalken. Der FCN hatte es in einer von den Ergebnissen her ernüchternden Saison wieder einmal verpasst, eine Schlüsselszene für sich zu nutzen, einen Spielverlauf zum eigenen Vorteil zu gestalten, seine Erfolglosigkeit einfach einmal abzustreifen und sich selbst zu entriegeln.
"Sieben, acht Chancen - vier oder fünf davon gute sogar", zählte Boris Schommers, Nürnbergs Nothelfer seit dem Köllner-Aus, nach Abpfiff. Die Torschussbilanz weist sogar zehn Abschlüsse des auf Platz 18 notierten Altmeisters aus. Dass der Sieg der Eintracht, die nach ihrem kräftezehrenden, aber erfolgreichen Auftritt in Mailand sich zunächst einmal die Europapokal-Müdigkeit aus den Beinen laufen musste, in Ordnung ging, zeigt die Statistik jedoch auch. 23 Torschüsse buchte sich der Tabellenfünfte aus der Bankenmetropole, der letzte im internationalen Geschäft verbliebene Bundesligist, gegen den Club aufs Konto. Und konnte sich sogar den Luxus leisten, Sebastien Haller und Ante Rebic - zwei seiner gefährlichsten Angreifer - erst Mitte der zweiten Hälfte etwas dazu beisteuern zu lassen. Und dennoch war es einem wie schon in den Vorwochen engagiert auftretenden FCN gelungen, das Match bis zum Ende offen zu halten.
Aufgrund ihrer gekonnten und sicheren Ballzirkulation und ihrem schnellen, nach vorne gerichteten Umschaltspiel hatten die Hausherren am Ende einer unterhaltsamen Auseinandersetzung zwar mehr als das Doppelte an Pässen an den jeweiligen Mitspieler gebracht (410 zu 188), was sich spätestens nach der Frankfurter Führung in Feldvorteilen und auch bei Schlusspfiff in einem klaren Plus in Sachen Ballbesitz ausdrückte (64 Prozent). Doch der Club hielt dagegen. Zum Beispiel mit Laufstärke: Die Nürnberger hechelten bei den von ihnen absolvierten knapp 118 Kilometern oft hinterher, rannten aber gleichwohl rund drei Kilometer mehr als die Hessen. Im Laufleistung-Ranking finden sich vier Nürnberger unter den ersten Sieben wieder.
Am eifrigsten in dieser Disziplin agierte auf Club-Seite dabei Patrick Erras, der als Abräumer vor Abwehr knapp 12 Kilometer herunterspulte, aber dennoch nicht verhinderte, dass Luka Jovic - mit 15 Saison-Toren hat dieser übrigens nur vier Treffer weniger erzielt als der gesamte Club - nach einer halben Stunde einen herrlichen Schnittstellenpass zu Filip Kostic spielte. Größeren Anteil, dass daraus das 0:1 aus Club-Sicht resultierte, hatte jedoch Robert Bauer, der im Gegensatz zu Aushilfslinksverteidiger Sebastian Kerk auf der rechten Seite häufig überfordert und indisponiert wirkte. So auch in der 31. Minute, als Kostic den Ball nach Bauers Stellungsfehler nur noch in die Mitte zum aufgerückten Martin Hinteregger bringen musste, der für die Eintracht die Endverwertung übernahm.
Nach der Führung nahm Frankfurt Fahrt auf. Dass es in der Schlussphase nicht schon 2:0 für die SGE hieß, hatte mit einer erneut konzentrierten Nürnberger Innenverteidigung, einem wie schon seit Wochen starken Christian Mathenia und mit Frankfurter Chancenwucher zu tun. Gleichsam gelang es dem FCN, dem haushohen, 2019 noch ungeschlagenen Favoriten immer wieder auf Augenhöhe zu begegnen. Nürnberg war spielerisch - sowohl im Kollektiv als auch von den einzelnen Akteuren - gnadenlos unterlegen. Doch Nürnberg investierte viel Herz, stemmte sich gegen einen erneut traurigen Ausgang einer Partie, die für den Club das 20. sieglose Liga-Spiel in Folge bedeuten sollte.
Dass es so kam, hatte ein Stück weit mit erneutem Pech zu tun. Und mit ausgelassenen Chancen. In der 83. Minute war es erneut Behrens, dem sich eine richtig gute Gelegenheit zum Torerfolg bot. Nach einem weiten Einwurf hatte sich der Club-Kapitän mit gewohnt toller Antizipation wiederum eine blendende Abschlussmöglichkeit kreiert. Doch Kevin Trapp, der sensationell parierende Schlussmann der SGE, vereitelte reaktionsschnell den Ausgleich der Nürnberger, der diese in ihrem Vorwärtsdrang sicher weiter befeuert hätte. "Wenn wir den reinmachen, dann bin ich gespannt, wie das hier ausgeht", überlegte nach der Partie auch Boris Schommers, der Trainer des glücklosen Tabellenletzten.
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