Interview mit René Weiler: "Fußball kein Produkt des Zufalls"
21.07.2015, 11:16 Uhr
NZ: Es hat sich ein bisschen zu einem Running Gag entwickelt, Sie zu fragen, ob Ihnen die Arbeit beim Club noch Spaß macht. Macht sie Ihnen denn noch Spaß, Herr Weiler?
René Weiler: (lacht) Ja, es macht mir nach wie vor Spaß. Und ich muss dazu sagen, bei allen Nebengeräuschen kann ich in Ruhe arbeiten und mich deshalb nicht beklagen.
NZ: Zuletzt sorgte der Rücktritt von Aufsichtsrat Mathias Zeck für Aufsehen. Stört das Ihre Konzentration oder können Sie solche Querelen ausblenden?
Weiler: Man bekommt das natürlich mit, das kann ich nicht leugnen. Aber das belastet einen Spieler oder Trainer nicht. Unsere Arbeit liegt hauptsächlich auf dem Rasen und wir haben dort beste Bedingungen.
NZ: Vor kurzen sorgten Sie mit Ihrer Aussage, sicher nicht gleich die ersten fünf Spiele zu gewinnen, für Aufsehen, manche erkannten darin eine Prognose für einen Fehlstart in die Saison...
Weiler: So habe ich das natürlich nicht gemeint. Es ist leider so, dass einem manchmal Dinge ausgelegt werden. Fakt ist, dass einige Spieler spät zur Mannschaft gestoßen sind, einige verletzt waren oder es noch sind, und manche Position wie die des Linksoder des Rechtsverteidigers noch nicht besetzt sind. So etwas tangiert das Mannschaftsspiel Fußball, das von Automatismen abhängig ist, die so nur schwer zu trainieren sind. Man kann also nicht davon ausgehen, dass schon alles reibungslos funktioniert. Dennoch habe ich das Gefühl, dass das Team in den vergangenen Wochen stetig besser geworden ist – und stabiler wird. Aber es braucht halt auch alles seine Zeit. Es ging mir also nur um eine realistische Einschätzung. Wir wollen natürlich am liebsten alle Spiele gewinnen.
NZ: Sportvorstand Martin Bader konnte Ihren Realismus nicht nachvollziehen. Liegt die unterschiedliche Sichtweise in der Natur der Sache?
Weiler: Ein Stück weit ja, weil wir trotz alledem manchmal einen Interessenskonflikt haben können, da er ja auch für den finanziellen Aspekt zuständig ist. Aber man muss bedenken, dass es auch einen Unterschied gibt zwischen interner und externer Kommunikation. Ich als Trainer werde sicher nicht tiefstapeln, sonst würde man mir unterstellen können, dass ich negative Energie ausstrahle und die auf die Mannschaft übertrage. Jeder, der mich kennt, weiß aber, dass ich von Ehrgeiz getrieben bin.
NZ: Sie sind also insgeheim optimistischer?
Weiler: Ich bin Daueroptimist, manchmal eben auch Realist, und Realismus ist in emotionalen Gefilden oft nicht wirklich sehr angenehm anzuhören.
NZ: Auf der anderen Seite hat bis auf Union Berlin kein Konkurrent den Club im Aufstiegsrennen auf dem Zettel...
Weiler: Wenn das so ist, ist das sicher auch ein Fingerzeig. Andererseits war noch nie entscheidend, was die Konkurrenz denkt. Entscheidend ist, was wir tun und welchen Lernfortschritt wir erzielen. Der Wettbewerb ist sehr ausgeglichen, es gibt sehr viele Teams die im Dunst des erweiterten Favoritenkreises anzusiedeln sind. Abgesehen von den Großen wie Freiburg und Leipzig gehören wir da dazu.
NZ: Martin Bader hat hervorgehoben, dass Sie im Vergleich keine Stammspieler abgeben mussten. Mit Javier Pinola und Ondrej Celustka wollte der Verein ja nicht weitermachen. Außerdem hätten Sie Spieler dazubekommen, die das Potenzial haben, in der Startelf zu stehen. Heißt das, es wird jetzt automatisch alles besser?
Weiler: Ich versuche alles, um mit der Mannschaft besser zu werden und ich beurteile das, was ich in Anbetracht der angestrebten Ziele im Vergleich zur Konkurrenz sehe. Grundsätzlich kann ich bestätigen: Wir haben keinen Stammspieler verloren. Aber wir haben auch von den Spielpositionen, die wir dazugewinnen wollten, Stand heute noch nicht alle dazugewonnen.
NZ: Hat sich die Ausgangslage dennoch verbessert?
Weiler: Das kann ich noch nicht abschließend beantworten. Erst wenn der Kader steht und es losgeht, kann man ein erstes Fazit ziehen. Die Transfers, die wir gemacht haben und noch vorhaben, machen Sinn.
NZ: Sie haben nicht alle Verpflichtungen alleine zu verantworten?
Weiler: Wir sind ja ein Team und bei uns wird der Club großgeschrieben. Da entscheidet kein Einzelner. Der Club engagiert Fußballer und sicher nicht der Trainer. Dazu bin ich nicht bevollmächtigt. Ich bin Teil dieses Teams neben dem Feld. Ich habe sicher eine gewichtige Stimme, aber ich kann nur Vorschläge unterbreiten.
NZ: Und wie viele davon wurden realisiert?
Weiler: Interna werden nicht preisgegeben.
NZ: Um alle Fans zu beruhigen: Die Bundesliga-Rückkehr ist schon ein Thema, mit dem man sich am Valznerweiher noch befasst?
Weiler: Dass wir alle dorthin zurückwollen, ist klar. Dass der Club eines Tages dort auch wieder spielen wird, ist für mich auch logisch. Aber die Fragen nach dem Wann und dem Wie, können wir heute nicht beantworten. Das Wie müssen wir mit guter Arbeit beeinflussen. Und das Wann hängt auch noch von anderen Faktoren ab.
NZ: Bei den Neuverpflichtungen wurde auffällig oft betont, dass es sich um Charakterspieler handele. Reicht Charakter aus, um aufzusteigen?
Weiler: Selbstverständlich nicht. Sonst würde man einfach die elf charakterstärksten Nürnberger suchen und mit denen noch ein bisschen Fußball trainieren. Bei den Verpflichtungen war uns wichtig, dass die Spieler einen unbändigen Willen und Ehrgeiz mitbringen, ihre Leistungsgrenzen verschieben zu wollen. Und da schlägt letztlich dann schon oft die Mentalität das Talent.
NZ: In der Vorbereitung hat sich Ihr Team schwergetan, niederklassigere Mannschaften zu beherrschen, wenigstens aber zu schlagen...
Weiler: Ich sage prinzipiell ja auch, dass wir solche Gegner schlagen müssen. Aber dazu waren wir noch nicht in der Lage. Und das liegt nicht am Willen. Es lag vor allem auch daran, dass wir noch nicht vollbesetzt und eingespielt waren. Zudem ist unsere Effizienz im Abschluss weiter zu verbessern. Die Vorbereitung ist aber auch dafür da, Dinge einzustudieren und Situationen zu simulieren, die eintreffen könnten.
NZ: Von sogenannten Kirmesspielen gegen Teams aus den Niederungen des Amateurfußballs halten Sie wenig. Aber kann man sich durch ein 12:0 beispielsweise gegen einen Kreisligisten nicht auch Selbstbewusstsein holen und ein wenig Euphorie schüren?
Weiler: Das machen ja viele Vereine in Deutschland so. Aber das ist mir völlig fremd. Ich verstehe das nicht. Wenn ich im Tischtennis gegen meine Frau 21:2 gewinne, dann habe ich doch auch nicht mehr Selbstvertrauen deswegen. Was bringt das? Mumm holst du dir, wenn du dich entwickelst und gegen Gute durchsetzen kannst. Erfolgserlebnisse und Vertrauen muss man sich gerade im Sport erarbeiten bzw. verdienen. Ich simuliere lieber unter möglichst realistischen Umständen das, was ich am Ende des Tages auf der Bühne respektive dem Spielfeld bringen muss.
NZ: Sie warnen vor zu hohen Erwartungen, auch, weil Ihre Mannschaft noch nicht den Eindruck erweckt, aufstiegsreif zu sein. Umso wichtiger ist es jedoch, gut zu starten, oder?
Weiler: Das ist ja auch der Wahnsinn im heutigen bezahlten Sport: Du solltest stets besser sein als im letzten Jahr. Ich gehe davon aus, dass alle Spiele eng werden und dann braucht es oftmals auch das Quäntchen Glück. Auch wenn Fußball absolut kein Produkt des Zufalls ist. Aber es spielt trotzdem eine entscheidende Rolle, ob die knappen Spiele für dich oder gegen dich entschieden werden. Grundsätzlich will jede Mannschaft gut aus den Startlöchern kommen.
NZ: Freuen Sie sich schon auf das Derby gegen die Sp Vgg Greuther Fürth am 13. September?
Weiler: Fürth ist für mich ein Gegner wie jeder andere auch – der nur ein bisschen näher liegt. Die Brisanz ist mir jedoch bewusst und das nächste Derby steigt an meinem Geburtstag – das ist hoffentlich ein gutes Omen.
NZ: Sie gelten als sehr ehrgeizig. Ist Ihr Karrierplan mittelfristig mit den Zielen des Clubs vereinbar? Sie werden sicher nicht noch fünf Jahre in der Zweiten Liga Trainer sein wollen?
Weiler: Wenn ich jeden Tag sage, dass die Spieler nicht damit zufrieden sein sollen, was sie bis jetzt erreicht haben, dann darf ich das als Trainer auch nicht vorleben. Den Ehrgeiz, den du in dir trägst, den muss man auch ein Stück weit übertragen. Ich will meinen Ehrgeiz aber nicht betonen, den soll man spüren. Wir alle zusammen wollen weiterkommen.
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