Kauzig, konsequent, kultig: Hans Meyer

02.11.2012, 14:58 Uhr
Hat in Nürnberg seine Heimat gefunden: Hans Meyer. Nun feiert der Trainer-Veteran 71. Geburtstag.

© Roland Fengler Hat in Nürnberg seine Heimat gefunden: Hans Meyer. Nun feiert der Trainer-Veteran 71. Geburtstag.

Hans Meyer ist kein Freund von Theatralik. Über den Pokalsieg, den größten Erfolg der jüngeren Club-Geschichte, habe er sich "sehr gefreut". Auch die Bedeutung für Verein und Anhänger ist Nürnbergs damaligem Erfolgscoach bewusst. Wer aber glaubt, dass Meyer "jedes Jahr deswegen eine Kerze anzündet", liegt falsch. Das packende Final-Duell gegen den VfB Stuttgart hatte er kein zweites Mal gesehen, bis ihn die Club-Ultras zum fünfjährigen Jubiläum zu einem Video-Abend einluden.

In seiner kleinen Wohnung am Nürnberger Burgberg fühlt sich Meyer spürbar zuhause. Wenn es hingegen um Jubiläen und Heldenverehrung im Sport geht, fremdelt er. Sein Fokus liegt auf dem Spiel selbst. Sein Metier sind Fragen zu Mannschaftsstrukturen und Taktikgefuchse. Was Barcelona aus- oder etwa Dortmund so stark macht - und wie kam eigentlich der überraschende Champions Leauge-Sieg des FC Chelsea zu Stande?

"Alles andere als souverän"

In der Saison 2006/07 lag der Fokus des Fußball-Fachmanns auf dem Pokal-Wettbewerb. Dies machte Meyer, der sich einst mit Jena drei Mal den FDGB-Pokal geschnappt hatte und 1981 im europäischen Cup-Sieger-Finale vertreten war, frühzeitig deutlich. "Der Pokalwettbewerb bietet für alle Mannschaften, die in der Liga nicht um die Spitze oder einen internationalen Startplatz mitspielen die Möglichkeit, mit Losglück etwas zu erreichen", wiederholt Meyer - und meint damit auch den hübscheren Briefkopf.

 

Eine einfache, wie logische Voraussetzung, um den Pott im Berliner Konfetti-Regen in die Höhe zu stemmen gibt es allerdings. Andreas Wolf und seine Mitstreiter erfüllten sie: Man muss alle Spiele gewinnen. Dass dies gar nicht so einfach ist, demonstrierte der FCN zumindest auf vier "alles andere als souveränen" Stationen seiner Pokalreise. In der ersten Hauptrunde mühten sich die Meyer-Schützlinge zu einem 1:0 bei Oberligist BV Cloppenburg. Beim 2:1 in Paderborn rettete Marek Mintal den Club in die Verlängerung. In dieser gewährleistete Robert Vitteks Handlungsschnelligkeit die Achtelfinal-Teilnahme.

Auch bei den Elfmeterentscheidungen vor heimischem Publikum gegen Unterhaching und die damals von Dieter Hecking trainierten Hannoveraner blieb dem FCN das Glück treu. Besonders gegen die Münchner Vorstädter, die sich am Saisonende aus Liga zwei verabschiedeten, blieb der Club Einiges schuldig. Immerhin konnte er sich auf Elfmeterkiller Daniel Klewer verlassen, der im Achtelfinale gleich vier von fünf Hachinger Versuchen entschärfte und gegen 96 kurz vor Ende der Verlängerung eingewechselt wurde.

Wie schmal der Grat zwischen Goldenem Händchen und folgenschwerem Fehlgriff ist: "Hannover kommt kurz vor Spielende gefährlich zum Abschluss. Lässt Daniel den Ball über die Hände rollen - ist er die tragische Figur", erklärt Meyer.

Der Tag, an dem Nürnberg Kopf stand

Als besonders "schöne Sache" hat Meyer den 4:0-Halbfinalerfolg gegen Eintracht Frankfurt erlebt, als im Nürnberger Stadion ein rauschendes Fest gefeiert wurde. "Das Stadion stand Kopf", erinnert sich der Herzensnürnberger. Besonders vor Augen hat er, wie seine entfesselt jubelnden Spieler Michael A. Roth, den damaligen FCN-Präsidenten, zu den Fans trugen. Der Club stand im Endspiel. Auf die Reise in die Hauptstadt begab er sich als Tabellensechster. Weggefährten in die Hauptstadt waren Verletzungssorgen (Mnari, Vittek) aber auch Rückenwind. In Hannover hatte der FCN einen erfolgreichen Saisonabschluss hingelegt – dementsprechend couragiert startete er im Berliner Olympiastadion in die Partie.

Teppichklopfer? Zur Vertragsverlängerung gab's für Hans Meyer von "Präsi" Roth einen Teppich dazu.

Teppichklopfer? Zur Vertragsverlängerung gab's für Hans Meyer von "Präsi" Roth einen Teppich dazu. © Horst Linke

109 Minuten waren in "einem Spiel auf Augenhöhe gegen einen nach Cacaus Platzverweis bis in die Zehenspitzen motivierten Deutschen Meister" aus Stuttgart absolviert, als das passierte, was nicht nur Meyer noch lange in Erinnerung behalten wird: Jan Kristiansen sorgte durch einen Sonntagsschuss spektakulär für die Entscheidung. Dass mit Kristiansen ein Spieler "mit fantastischer Einstellung und sinnlosen Kritiken" zu Nürnbergs Glückbringer wurde, hat ihn besonders gefreut. Es war der Ausweis dafür, dass es - neben der Leistung von Führungsspielern wie Tomas Galasek - auch sonst im Team stimmte.

In einer Mannschaft, die nun ausgelassen mit den Fans feierte. Auch Nürnbergs Erfolgscoach wirkte in diesen Minuten von Berlin absolut gelöst. Das ZDF beendete seine Übertragung aus der Hauptstadt mit einem fröhlichen Hans-Meyer-Gesicht in Großaufnahme. "Es macht Spaß", sagte er damals. Zum fünfjährigen Pokal-Jubiläum sagte er, er sei "sehr zufrieden" gewesen. Viel mehr Einblick in sein Gefühlsleben gewährt der Mann nicht, der Saenko & Co. Bierduschen-Kapriolen mit ihm untersagte.

"Eine Teammleistung", stellt Meyer klar. Heute noch lebt der Trainer-Veteran in Nürnberg - und feiert hier auch seinen 70. Geburtstag. Sicherlich wird der Jubilar den ein oder anderen Glückwunsch aus Jena, Gladbach oder Berlin erhalten - all seinen früheren Trainerstationen eben. Die herzlichsten Glückwunsche erhält Meyer aber bestimmt aus Nürnberg - dem Team, mit dem er 2007 völlig überraschend den DFB-Pokal nach Franken holte. In diesem Sinne: Alles gute, Hans Meyer!

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