Kommentar: Mega-Skandal, wo eigentlich?

16.5.2012, 18:31 Uhr
Kommentar: Mega-Skandal, wo eigentlich?

© Marius Becker (dpa)

Klar, es war alles andere als glücklich, sogar ausgesprochen dumm von den Fortuna-Anhängern, vorzeitig das Spielfeld der schmucken Arena zu stürmen und damit den sportlichen Erfolg der eigenen Mannschaft in ernsthafte Gefahr zu bringen. Gewalttätige Aktionen waren allerdings nicht zu erkennen.

Lange vor dem Abpfiff waren sie heruntergeklettert von der Tribüne, die leidgeprüften Anhänger des rheinischen Traditionsklubs, warteten bis auf wenige Ausnahmen artig hinter der Werbebande, um dann - nach dem vermeintlichen Schlusspfiff - ihrer Freude über das Ende einer 15-jährigen Kummer-Tour bis hinunter in die Oberliga Ausdruck zu verleihen. Einer rannte los, Hunderte rannten unvernünftigerweise hinterher und freuten sich ausgelassen über den scheinbar feststehenden Aufstieg.

Weder Spieler, noch Ordner oder die Polizei wurden attackiert, lediglich der Elfmeterpunkt hätte um ein Haar zu früh dran glauben müssen. Ansonsten herrschte kurzzeitig ausgelassene Freude, bis der Stadionsprecher auch dem Letzten klar gemacht hatte, dass die Partie eben noch nicht abgepfiffen sei. Gewaltfrei räumten die Fans den Rasen wieder. Irre Fan-Ausschreitungen sehen irgendwie anders aus. Ein Mega-Skandal auch. Und eine Fußball-Schande ist eher das, wie der Hauptstadtklub mit der Situation umging.

Nach wenigen Minuten hätte die Partie nämlich wieder angepfiffen werden können, wären neben der Fortuna auch die Berliner auf den Platz zurückgekehrt. Die Hertha-Kicker zogen es aber vor, sich in der Kabine zu verschanzen. Wohl wissend, dass die Chancen auf den Klassenverbleib bei einem Spielabbruch deutlich größer sein würden, als bei einer Fortsetzung der Partie, die nur noch 90 Sekunden von ihrem regulären Ende entfernt war.

"Todesangst" hätten seine Spieler gehabt, behauptete der Berliner Manager Michael Preetz später, dabei hatten die Hertha-Profis noch eine gute halbe Stunde vorher gar nicht so ängstlich gewirkt, als sie sich mutig vor die Kurve des eigenen Anhangs wagten, aus der es bengalische Fackeln regnete. Die wurden übrigens genau dann auf die Reise geschickt, als die Fortuna das vorentscheidende 2:1 erzielt hatte. Ein Schelm, wer den Berliner Fans hier die Absicht zur Provokation eines Spielabbruchs unterstellen möchte.

"Man muss sich vorstellen, unsere Spieler hätten noch ein Tor geschossen", versuchte Preetz die Geschehnisse weiter zu dramatisieren. Dabei kam es bisher eigentlich nur zu Ausschreitungen, wenn die Hertha eben kein Tor mehr schoss. Wie damals im März 2010, als nach dem Club-Sieg in Berlin frustrierte Anhänger der "Alten Dame" kurzerhand den Innenraum des Olympiastadions verwüstet hatten.

Um ein Blutbad zu verhindern, sei die Mannschaft auf Anraten der Polizei vom Unparteiischen auf den Platz zurückgeführt worden, geht Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt endgültig in die Vollen. Ein Profi, der weiß, dass ein medial gut positionierter Grundstein die Basis für einen erfolgreichen Protest sein kann.

Quelle Fürth legte trotz des Abstiegs 1997 übrigens ebensowenig Protest ein wie Wattenscheid 09 im Jahr 1991. Und das, obwohl Club-Fans beide Male vorzeitig den Platz stürmten.

 

 

 

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