Meeske und Grethlein wollen Club für Investoren öffnen

24.11.2016, 06:39 Uhr
Männer mit einer Mission: Aufsichtsratsboss Thomas Grethlein (l.) und Finanzvorstand Michael Meeske.

© Sportfoto Zink / DaMa Männer mit einer Mission: Aufsichtsratsboss Thomas Grethlein (l.) und Finanzvorstand Michael Meeske.

Vielleicht war es kein Zufall, dass der 1. FC Nürnberg am Mittwoch ausgewählte Pressevertreter am Valznerweiher in einen Tagungsraum mit dem Namen "Burenhütte" gebeten hatte. In jener Gaststätte war der Club anno 1900 bekanntlich gegründet worden. 116 Jahre später ging es darum, den FCN wieder für eine bessere Zukunft zu rüsten.

Was sich bei der Hauptversammlung im Oktober bereits angedeutet hatte, wurde nun offiziell auf den Weg gebracht: die geplante Umwandlung des Vereins in eine andere, zeitgemäßere und zukunftsfähige Rechtsform samt Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft.

Wobei es bis zur Realisierung dieses polarisierenden Plans schon noch ein weiter Weg ist; eröffnet wurde am Mittwoch allenfalls die Diskussion darüber, welche Struktur für den 1. FCN die beste sein könnte. "Wir wissen, dass das eine sehr komplexe und emotionale Thematik ist", sagte Finanzvorstand Michael Meeske, der gemeinsam mit Aufsichtsratschef Thomas Grethlein das Projekt mit dem cleveren, weil Fortschritt und Weiterentwicklung suggerierenden Wortspieltitel "e.V.olution" detailliert vorstellte.

Eben weil man um die Befindlichkeiten seiner traditionsfixierten Fans weiß, wolle man "nichts im Hinterzimmer ausbrüten", wie es Meeske formulierte, sondern den Prozess betont offen, kommunikativ und transparent gestalten und die Basis von Beginn an in die Entscheidungsfindung einbinden. Der erste Schritt ist deshalb Anfang/Mitte Dezember die Bildung einer Arbeitsgruppe, die in regelmäßigen Sitzungen das sensible Thema diskutieren, Vor- und Nachteile diverser Optionen herausarbeiten und "einen Entscheidungsprozess vorbereiten" soll.

Besetzt wird dieses von einem neutralen Moderator geführte Gremium paritätisch mit je sechs Vereinsvertretern (neben Meeske ein Vereinsbeirat, zwei Aufsichtsräte und zwei Abteilungsleiter) sowie drei vom Fanbeirat erwählten Fanvertretern und drei Mitgliedern, die sich auf der Club-Homepage bewerben können und dann ausgelost werden.

Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen dieser Gruppe werden fortlaufend veröffentlicht, um alle Mitglieder "bei ihrer Meinungsbildung mit möglichst umfassenden (und durchaus kontroversen und unterschiedlichen) Informationen zu versorgen". Denn letztlich sind und bleiben sie es, die eine solch einschneidende Reform in mindestens einer außerordentlichen Versammlung mit einer Dreiviertelmehrheit abzusegnen haben. "Das ist die Hürde, die wir nehmen müssen", weiß Meeske.

Club folgt dem Trend zur Ausgliederung

Sechs bis neun Monate sind für die Orientierungsphase veranschlagt, unter Zeitdruck will man sich bewusst nicht setzen. Ginge es nur nach Vorstand und Aufsichtsrat, wäre das Ende der Vereinsära wohl schnell beschlossene Sache. Zum einen, weil der Trend im Profifußball laut Meeske klar zur Ausgliederung gehe und der Club, dessen Wert aktuell auf rund 80 bis 100 Millionen Euro taxiert wird, auf Dauer ohne die Einbindung von Investoren kaum wettbewerbsfähig bleiben würde.

"Wir brauchen vor allem wirtschaftlich neue Gestaltungsmöglichkeiten und mehr Handlungsfreiheit", betont der Finanzexperte, ansonsten drohe man, den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren. Denn während der Markt jährlich um sieben bis acht Prozent wächst, sinken in Nürnberg im dritten Zweitligajahr naturgemäß die Umsätze. Und durch den von der DFL diktierten Schuldenabbau, der nur durch den erneuten Verkauf von Leistungsträgern und Talenten gelingen kann, dürfte der Altmeister weiter an Boden verlieren.

Zugleich reduziere sich das Haftungsrisiko für den Gesamtverein (etwa bei einer Insolvenz der Fußballabteilung) sowie die Gefahr, die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Nach Ansicht führender Juristen stellt dieser, eingetragenen Vereinen vorbehaltene, Steuervorteil bei Profiklubs, die längst als millionenschwere Wirtschaftsunternehmen agieren, eh eine klare Rechtsformverfehlung dar.

Ob es dann einmal eine AG, GmbH oder GmbH & Co. KGaA wird, ob eine Bilanzoptimierung ausreicht oder externe Investoren ins Boot geholt werden, ob und wenn ja, in welcher Größenordnung Anteile verkauft werden, all das scheint derzeit noch völlig ergebnisoffen. Auch steht keineswegs bereits ein potenter Geldgeber in den Startlöchern. Laut Meeske gebe es aber regionale Unternehmen, die durchaus gesprächsbereit wären – sofern die Ausgliederung gelingt.

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