"Respekt vor dem Amt": Özil erklärt Erdogan-Foto

22.7.2018, 14:27 Uhr
Ein Foto, das für Diskussionsstoff sorgte: Mesut Özil (li.) und der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan.

© Uncredited/Pool Presdential Press Service/AP/dpa Ein Foto, das für Diskussionsstoff sorgte: Mesut Özil (li.) und der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan.

"Die vergangenen Wochen haben mir Zeit gegeben, um zu reflektieren", beginnt Özil das Statement, das der Nationalspieler auf Twitter veröffentlichte. Nachdem sich der Arsenal-Star im Mai, wenige Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaft in Russland, mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan traf und ablichten ließ, prasselte Kritik auf Özil und dessen Mannschaftskollegen Ilkay Gündogan ein. Nun veröffentlichte der von vielen zum Sündenbock erklärte Mittelfeldstratege ein englischsprachiges Statement und erklärt die Beweggründe.

"Obwohl ich in Deutschland aufgewachsen bin, ist mein familiärer Hintergrund tief in der Türkei verwurzelt. Ich habe zwei Herzen, ein deutsches und ein türkisches", teilt Özil seinen 23 Millionen Followern beim Kurznachrichtendienst mit. Der 29-Jährige rechtfertigt das Treffen mit Respekt vor dem politischen Amt und betont, sich mit Erdogan über Fußball unterhalten zu haben. "Mein Beruf ist Fußballer, nicht Politiker, und unser Treffen war keine Billigung jedwelcher Politik".

Wie auch die Queen oder die britische Premierministern Theresa May habe Özil mit einem Treffen lediglich seinen Respekt zeigen wollen: "Hätte ich mich nicht mit dem türkischen Präsidenten getroffen, wäre das den Wurzeln meiner Vorfahren gegenüber eine Respektlosigkeit gewesen". Auch bei einem anderen türkischen Präsidenten hätte der Weltmeister von 2014 nicht anders gehandelt.

Das umstrittene Treffen mit Erdogan hatte in der Vorbereitung zur WM für unangenehme Nebengeräusche bei der DFB-Auswahl gesorgt. Gündogan wurde in einem Testspiel von deutschen Fans ausgepfiffen, Özil schwieg lange zum Thema. Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hatte die Nominierung des kreativen Mittelfeldspielers in einem Interview sogar in Frage gestellt, wenig später aber wieder zurückgerudert.

In seinem zweiten Statement rechnete der 92-fache Nationalspieler auch mit dem DFB, Medien, Sponsoren und seiner ehemaligen Schule in Gelsenkirchen ab. Ein Sponsor habe alle Termine mit Özil abgesagt und ihn aus Kampagnen entfernt, um nicht mehr mit ihm in Verbindung gebracht zu werden -  "das ist ironisch, weil ein deutsches Ministerium erklärte, deren Produkte hätten illegale und unauthorisierte Software verbaut, die ein Risiko für Kunden wären".

An der ehemaligen Schule des Fußballers wurde ein Besuch abgesagt, aus Angst vor dem Medienaufgebot. "Um ehrlich zu sein, hat mich das wirklich verletzt", so Özil. Zudem kritisierte der 29-Jährige deutsche Medien scharf und warf ihnen vor, seine Herkunft und das Foto mit Erdogan als rechte Propaganda zu nutzen. "Warum sonst haben sie Bilder von mir und Überschriften mit meinem Namen verwendet als Erklärung für das Ausscheiden in Russland? Sie haben nicht meine Leistungen kritisiert, sie haben nicht die Leistungen des Teams kritisiert, sie haben nur meine türkische Herkunft und den Respekt für meine Erziehung kritisiert".

Mit dem angriffslustigen zweiten Teil einer offensichtlich dreiteiligen Erklärung heizt der Wahl-Londoner zudem Gerüchte um seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft an.

Dieser Artikel wurde um 16.15 Uhr aktualisiert.

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