Tillman möchte beim Club zum Bundesligaspieler reifen
9.8.2018, 05:57 UhrNach der Vormittagseinheit entschwindet Timothy Tillman auf den Platz nebenan. Die Trainingsdummys müssen unter anderem noch aufgeräumt werden, beim 1. FC Nürnberg sind dafür traditionell die Jüngsten zuständig. Also erledigen die beiden 19-Jährigen ihre mannschaftsinternen Pflichten, auch Kevin Goden muss mit hinlangen.
Auf dem Rückweg nimmt Timothy Tillman noch die Taktiktafel mit. Dass er vor rund drei Jahren als eines der größten Talente Europas galt in seinem Jahrgang, ist jetzt nicht mehr wichtig. Eine halbe Million Ablöse überwies der FC Bayern im Sommer 2015 nach Fürth, wo der gebürtige Nürnberger im Jugendbereich doch für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Zuletzt in der U17-Bundesliga Süd/Südwest. Sein Trainer damals: Michael Köllner.
Beim deutschen Rekordmeister wollten sie das Ausnahmetalent behutsam an höhere Aufgaben heranführen. In der Arena durfte er sich bei einem Testspiel vor gut einem Jahr gegen den SSC Neapel zeigen, ansonsten pendelte er in München zwischen zweiter Mannschaft und der U19. Auch in der Uefa Youth League hinterließ er seine Spuren. Trotzdem trauten sie ihm nicht zu, heuer schon den Durchbruch zu schaffen.
Beim frisch aufgestiegenen Club trauen sie ihm sogar zu, eine feste Größe zu werden in der ersten Bundesligasaison seit 2014. Der für gewöhnlich gut informierte kicker taxiert die Leihgebühr auf 150 000 Euro, auch eine Kaufoption soll sich der 1. FC Nürnberg gesichert haben, Bayern München eine Rückkaufoption.
Selbst der FC Barcelona wollte ihn einst, den gebürtigen Nürnberger, der sich als Teenager schon einen Namen gemacht hat. "Das war schon etwas konkreter", erinnert er sich, gerne hätte er sich La Masia, die weltberühmte Jugendakademie, auch mal angeschaut. Uli Hoeneß ließ ihn aber nicht.
So richtig prominent möchte Timothy Tillman eigentlich gar nicht sein, mittlerweile kennen sie ihn aber auch im Sportpark Valznerweiher. "Heute war schon extrem viel los", sagt er nach dem gestrigen Training. In der linken Hand die Taktiktafel, in der rechten eine Flasche Wasser.
Sonst ist es ruhiger, auch deswegen hat sich der Angreifer für den Club entschieden. Er hätte auch woanders hinwechseln können, Angebote lagen jedenfalls kiloweise vor. Der Gedanke, wieder nach Hause zu kommen, zu seiner Familie, zu seinen Freunden, der scheint ihm nach wie vor zu gefallen. Mit einer kleinen Einschränkung: "Meine Mutter und mein Bruder sind in München geblieben."
Sein Glück erst mal bei einem etwas weniger aufgeheizten Verein zu versuchen, dürfte Timothy Tillman guttun, wobei natürlich auch der 1. FC Nürnberg zu Hysterie und Dramen neigt. "Es ist ganz gut für einen jungen Spieler, wenn man weniger Druck spürt", sagt Timothy Tillman, "der wird mir hier auch genommen."
In München haben sie ihm beigebracht, damit umzugehen. "Bodenständig" sei er zudem erzogen worden und selbst als vielerorts umschwärmter Jugendlicher geblieben. Wer ihn da so stehen sieht, in der linken Hand die Taktiktafel, in der rechten eine Flasche Wasser, der nimmt ihm seine Bescheidenheit auch ab.
"Verbindung da"
Als er von seiner ersten großen Liebe erzählt, beginnen seine dunklen Augen zu glänzen. "Der Club war der erste Verein, den ich im Stadion gesehen habe", erinnert sich Tillman, im Sommer 2006 gegen Eindhoven, bei einem Vorbereitungsspiel in Feucht gegen Trondheim durfte er mal als Einlaufkind mit auf den Platz. "Es ist schon eine Verbindung da", versichert Tillman und würde sich durchaus als Club-Fan bezeichnen, "dass kann man schon sagen, ich hatte ein Vittek-Trikot".
Zarte neun Jahre alt war Tillman, als er 2008 bei einem Talentsichtungstag des 1. FC Nürnberg durchfiel. "Noch nicht ganz gereicht" habe es damals für seinen Lieblingsclub, also zog es ihn nach Feucht, zur Spielvereinigung Greuther Fürth, zum FC Bayern. Als junger Mann kehrt er jetzt zurück, um die Bundesliga kennenzulernen.
"Ich bin froh, hier zu sein", sagt Timothy Tillman, in Nürnberg, in seiner Stadt. "Da habe ich mich immer wohlgefühlt, da bin ich aufgewachsen, groß geworden", erklärt der 19-Jährige, "ich hätte nichts dagegen, wenn die Kaufoption gezogen werden würde."
Fehlen nur noch ein paar Jüngere, die hinterher die Trainingsdummys und Taktiktafel verräumen.
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