Valerien Ismaël bekommt die Freigabe für den Club

4.6.2014, 05:58 Uhr
"Sei nie zufrieden": Trainer Valerien Ismaël, 38 Jahre alt, hat große Lust auf die Herausforderung Nürnberg.

© dpa "Sei nie zufrieden": Trainer Valerien Ismaël, 38 Jahre alt, hat große Lust auf die Herausforderung Nürnberg.

Manchmal dauert es ein wenig länger. Mit Valerien und Karoline zum Beispiel. Als Valerien noch für den SV Werder Bremen spielte, lernte er Karoline kennen, seitdem sind sie ein Paar. Neun Jahre lang war das so, dann, im Juli 2013, heiratete Valerien Ismaël seine große Liebe – beide feierten auf dem Bremer Rathausbalkon, wo der Fußballer Ismaël mit seinen Werder-Spielkameraden einst die Meisterschale und den DFB-Pokal präsentieren durfte.

In solcherlei Liebesglück redet heutzutage keiner mehr drein, glücklicherweise, es sei denn, es gäbe noch die klischeehaft böse Schwiegermutter – was jetzt natürlich nicht heißen soll, Klaus Allofs wäre das beim Fußball. Eine böse Schwiegermutter. Allofs, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, ist eigentlich ein angenehmer Kollege – fand, wenigstens bisher, Martin Bader, der Sportvorstand des 1. FC Nürnberg, aber jetzt war man sich aber ein wenig zu sehr ins Gehege gekommen, was eine besondere Ball-Romanze etwas erschwerte.

Die zarte Liaison zwischen Nürnberg und Valeriën Ismael dauert zwar noch nicht neun Jahre, aber auch schon fast zwei Wochen – ohne dass man sich traute, weil Allofs seinen Ismaël, der die U-23-Mannschaft des VfL Wolfsburg trainiert, partout nicht gehen lassen wollte. Ismaël schwärmte schon öffentlich von Nürnberg („Der Club wäre wirklich spannend“), Nürnberg erwiderte die Zuneigung – bloß brauchte es noch eine klärende Aussprache, um die Dinge ins Reine zu bringen.

Am Dienstag trafen sich Allofs, Bader, Ismaël und der in Nürnberg noch bestens erinnerliche VfL-Cheftrainer Dieter Hecking, dass Nürnberg und Ismaël unbedingt zueinander kommen wollen, erschloss sich der Runde schnell – weshalb der VW-Klub am Ende nachgab, natürlich nicht ganz ohne Bedingungen, denn in Wolfsburg sah man verständlicherweise wenig Gründe, solche Begehrlichkeiten ohne weiteres zu goutieren. Das Resultat der Verhandlungen: Valerien Ismaël, dessen Vertrag noch zwei Jahre gültig ist, darf zum 1. FC Nürnberg wechseln – wenn der Club eine Ablösesumme zahlt, die, wie man das dann gerne formuliert: die Wertschätzung Ismaëls seitens seines Noch-Arbeitgebers in Zahlen zum Ausdruck bringt. Am Ende des Tages war man sich einig. 

Unterschätzte Leidenschaft

Letzte Details stehen noch zu verhandeln, indes gehen beide Seiten fest davon aus, dass es daran nicht mehr scheitert. Man trennte sich, nach dem offenen Austausch von jenen Empfindlichkeiten, die sich über die letzten Tage angestaut hatten, im Guten – und im Einvernehmen, dass ein vielversprechender junger Trainer den Verein wechselt. Nach Lage der Dinge kann Ismaël am Mittwoch beim 1. FC Nürnberg vorgestellt werden, wenn auch wahrscheinlich eher nicht auf dem Rathausbalkon.

Valerien Ismaël ist 38 Jahre alt und wurde in Straßburg geboren. Sein Vater stammt aus Guadeloupe, seine Mutter ist Elsässerin. Als Fußballprofi ist er bestens erinnerlich; als Profi bei Werder Bremen, Bayern München und Hannover 96 erlebte er Trainer wie Thomas Schaaf, Ottmar Hitzfeld, Felix Magath und Dieter Hecking. Selbst Trainer zu werden, konnte er sich lange nicht vorstellen; als er es – bei der U23 in Hannover – geworden war, lernte er sich selbst noch einmal ein wenig neu kennen, denn: „Ich habe meine Leidenschaft für den Fußball wohl unterschätzt“, sagte er damals und charakterisierte den Trainer Valerien Ismaël so: „Meine Ideen sind offensiv ausgerichtet, meine Mannschaft soll Ballbesitz haben, das Spiel bestimmen und versuchen, die Dinge fußballerisch zu lösen.“

Er wolle „leidenschaftliche Spieler sehen“, als Fußballprofi arbeiten zu dürfen, sei „ein Privileg, das müssen mir die Jungs jeden Tag zeigen“ – wer sich in der Branche erkundigt über den als Trainer noch wenig berühmten Ismaël, hört unter dem Stichwort Bedenken dann allenfalls dieses: Dass er selbst, schon als Fußballer ein Muster an Professionalität, darin auch überreizen könne.

Lust auf Herausforderung

Ansonsten hört man nur Gutes über eine „starke Persönlichkeit“, wie Hecking schon als Cheftrainer in Hannover sagte; auch in Nürnberg war man beeindruckt, mit welcher Stringenz sich Ismaël vorstellte. Aus der vierten Liga in die zweite zu wechseln, zu einem Verein, der gerade aus der ersten abgestiegen ist und sich mitten in einem Umbruch befindet, schreckte ihn offenbar nicht einen Moment ab, im Gegenteil – voller Lust auf diese Herausforderung, sagt Martin Bader, habe sich Ismaël vom ersten Moment an gezeigt, über besondere Erwartungshaltungen mit womöglich abschreckender Wirkung habe man gar nicht erst reden müssen.

Was Druck bedeutet, weiß Ismaël schließlich. „Beim FC Bayern lernst du vor allem: Sei nie zufrieden“, hat er einmal gesagt: „Auch auf dem ersten Platz gab es nie eine Zeit, in der man sich erholen konnte, wir standen immer unter Spannung und mussten an den nächsten Schritt denken – eine solche Mentalität prägt.“

In Deutschland ist er längst heimisch geworden, nach zehn Jahren beantragte Valerien Ismaël einen deutschen Pass, „ein klares Bekenntnis zu Deutschland“, erklärte er damals, wolle er leisten. Den Einbürgerungstest bewältigte er mühelos: 33 Fragen, 33 richtige Antworten. Was typisch deutsch sei, wurde Ismaël danach bei einer kleinen Zeremonie in Hannover gefragt. „Bier, Fußball und Currywurst“, sagte er, „hier gibt es eine wunderbare Stammtischkultur, über alles wird diskutiert.“ Das wird er jetzt, beim 1. FC Nürnberg, in ganz besonderer Weise erleben.

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