Sternstunde an der B 1: Schüler befragten "Astro-Alex"
21.9.2018, 18:39 UhrDer Countdown läuft. Noch sieben Minuten bis zum geplanten Funkkontakt, in der Aula macht sich ein bisschen Nervosität breit. Die Elft- und Zwölftklässler, die gleich ihre Fragen stellen werden, stehen in einer Reihe vor der Tafel, ihre Augen richten sich auf ein unscheinbares dreieckiges Konferenztelefon. Es spielt an diesem Vormittag eine Hauptrolle in der Kommunikation, denn hier sollen gleich die Signale aus dem All ankommen, wenn alles klappt. So richtig vorstellen kann man sich das als Laie nicht, erst recht nicht, wenn man sich die Daten und Fakten in Erinnerung ruft, die Lehrer Stephan Vogl zuvor präsentiert hat. Gut 400 Kilometer über der Erdoberfläche ist die ISS unterwegs, umkreist den Planeten mit der atemberaubenden Geschwindigkeit von 28 000 Kilometern pro Stunde. Eben noch war sie über den Philippinen unterwegs, jetzt nimmt sie Kurs auf Amerika.
Und von dort aus soll sie auch zustande kommen, die Funkverbindung mit Alexander Gerst. Möglich macht es das Projekt Ariss, das Schülern Funkkontakte mit Astronauten in der Raumstation ermöglicht. Ehrenamtlich tätige Funkamateure helfen dabei. So wie Don aus dem kalifornischen Santa Rosa, der mitten in der Nacht aufgestanden ist, damit die Nürnberger Schüler mit Gerst sprechen können. Er empfängt die Funksignale direkt von der ISS und leitet sie nach Europa weiter. Genauer gesagt nach Belgien, denn Stephan Vogl hat ein Technisches Gymnasium aus dem deutschsprachigen Sankt Vith mit ins Boot geholt, weil längst nicht alle Bewerber bei der Aktion zum Zuge kommen. Und so wird das letzte Stück nach Deutschland mit Hilfe einer normalen Telefonverbindung überbrückt. Für alle Fälle liegt auch Vogls Handy griffbereit auf dem Pult, als zweite mögliche Verbindung.
Und dann ist es so weit. Zuerst rauschtund knackt es nur, dann ist sie plötzlich überraschend deutlich zu hören, die Stimme von Alexander Gerst. "Guten Morgen, Nürnberg!" Wie die Aussicht auf die Erde von da oben ist, wollen die Schüler als Erstes wissen, und Gerst erzählt, wie er auf einer Seite die Erde und auf der anderen Seite den Weltraum sieht, ein "schwarzes Nichts". Sechs Monate bleiben die Astronauten im Schnitt auf der ISS, arbeiten zwölf bis 13 Stunden am Tag und richten sich dabei nach der koordinierten Weltzeit, die in etwa der Greenwich Meantime entspricht, also der Zeit, die in Großbritannien gilt. Am meisten, auch das verrät der 42-Jährige, vermisse er die einfachen Dinge, "das Rauschen der Blätter im Wald, den Regen, den Wind, Dinge halt, über die man sich sonst kaum Gedanken macht". Doch ansonsten fühle er sich wohl dort oben, habe sogar relativ viel Platz. Und ja, auch Feste werden gefeiert, neulich erst hatte der Kommandant Geburtstag, "das war eine echt tolle Sache".
Weniger toll findet Gerst den Sport an Bord. Um auf dem Laufband trainieren zu können, müsse er sich festschnallen, um gegen die Schwerelosigkeit anzukommen, "das ist kein Spaß". Und dann ist sie schon vorbei, die zehnminütige Fragerunde. Bevor der Funkkontakt zur ISS verloren ging, konnten die Schüler Gerst noch mit einem begeisterten Applaus verabschieden. Sie habe gezittert, sagt Annalena Wechsler, die eine der Fragen gestellt hat. Aufregend und cool sei es gewesen, finden auch ihre Mitschüler Toni Martin, Dennis Kaynar und Catalin Axenti, die sich als angehende Elektroniker auch im Unterricht mit Kommunikationstechnik beschäftigen. Doch wichtiger als dieser inhaltliche Aspekt sei das "einmalige" Erlebnis, findet Schulleiter Bernhard Palm. Nur eines bedauern alle: Dass sie nicht mehr fragen konnten, ob Gerst Nürnberg schon aus dem All gesehen hat.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen