Theologe stand immer im Schatten von Wilhelm Löhe
6.6.2012, 12:00 UhrIn Neuendettelsau, wo Friedrich Bauer noch immer zu Unrecht im Schatten Wilhelm Löhes steht, erinnert man sich seiner in diesem Jahr besonders. Hier leitete er ab 1853 als „Inspector“ die von ihm gegründete Missionsanstalt. In dieser Einrichtung, die später etwas sperrig „Missions- und Diasporaseminar“ genannt wurde, erhielten bis zur Mitte der 1980er Jahre rund 1000 Missionare und Pfarrer ihre Ausbildung. Heute nimmt Mission EineWelt sowohl die Überseearbeit der bayerischen Landeskirche als auch die interkulturellen Bildungsaufgaben wahr.
Dem Gründervater Friedrich Bauer werden von seinen Zeitgenossen ein „nüchternes Wesen und eine bescheidene Erscheinung“ attestiert. Mit derlei Charakterzügen ausgestattet, widmete er sein Lebenswerk „der Mission unter den kirchlich verwahrlosten Glaubensgenossen in Nordamerika“, wie es 1874 in der Neuendettelsauer Zeitschrift der Inneren Mission heißt. Dabei stand er seit 1841 in Kontakt mit Wilhelm Löhe und unterstützte dessen Nordamerika-Arbeit. Mit dem charismatischen Prediger aus Neuendettelsau sollte ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden — durch Höhen und Tiefen hindurch.
Geboren in Nürnberg, studierte Friedrich Bauer Theologie in Erlangen und Halle und schlug sich in seiner Heimatstadt als Religions- und Deutschlehrer durch, unter anderem an der Gewerbe- und Landwirtschaftsschule. 1846 gründete der fromme Lutheraner in einem Haus am Obstmarkt eine Missionsvorbereitungsanstalt. Dort wurden junge Männer als Seelsorger für die ausgewanderten lutherischen Siedler in Nordamerika ausgebildet. Finanziert wurde die Arbeit durch die jüngst gegründete Gesellschaft für Innere Mission sowie private Spender.
Sieben Jahre später siedelte Friedrich Bauer mit seiner Anstalt nach Neuendettelsau über, wo er aus eigener Tasche ein Gasthaus mit kleiner Landwirtschaft erwarb. Mit seiner Familie und seinen Schülern wohnte er — eher kümmerlich — in dem kleinen Haus auf dem heutigen Gelände von Mission EineWelt. Erst mit dem Neubau der „Missionsvorbereitungsanstalt für Nordamerika“ 1867 ging es für Bauer aufwärts, der in den ersten zehn Jahren immer wieder Kämpfe mit Wilhelm Löhe auszufechten hatte: „Ich staunte, dass mir Gott nach so langem und schwerem Unglück, da ich seit meinem Hiersein nur wenig glückliche und fröhliche Zeiten gehabt und nichts sehnlicher gewünscht, als zu sterben... die Sonne des Glücks scheinen ließ.“
Auch als Sprachlehrer hat sich Bauer über die Grenzen seiner Heimat hinaus einen Namen gemacht. Seine 1850 veröffentlichte „Neuhochdeutsche Grammatik“ avancierte zum Standardwerk und verbreitete sich rasch in den höheren Lehranstalten Bayerns und Württembergs, ja sogar in Österreich. Verfasst hatte er das Grammatikbuch ursprünglich für seine Nürnberger Schüler, um ihnen die Regeln der deutschen Schriftsprache beizubringen.
Bauers Grammatik wurde 62 Jahre alt, so alt wie ihr Schöpfer selbst, und erlebte — ab 1881 von Konrad Duden herausgegeben — 27 Auflagen. Noch 1935 bezieht sich der „Große Duden“ in seinem Vorwort ausdrücklich auf die Bauer-Duden’sche Grammatik. Das hatte sich der bescheidene Schulmeister nicht träumen lassen: „Es war eine Kühnheit von mir, mich mit dem Büchlein hinauszuwagen in die Welt... Ich bin kein Gelehrter“, schrieb er 1852. Am 13.Dezember 1874 starb Friedrich Bauer in Rothenburg und wurde in Neuendettelsau auf dem Dorffriedhof begraben.
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