Unter vollen Segeln
1.10.2018, 19:39 UhrEigentlich ist Die Kogge in Minden beheimatet; das liegt, wenn man den Mittellandkanal entlang schippert, auf halbem Seeweg zwischen Hannover und Osnabrück. Allerdings segelt die Kogge nicht allein in der Nord- und Ostsee, sondern in internationalen Gewässern. Deutschsprachige Matrosen aus Finnland, Frankreich und Polen, ja sogar aus Libyen, Armenien und Aserbaidschan spinnen ihr literarisches Garn an Bord. Sogar Alpenländler wie Österreicher und Schweizer sind mit dabei.
Weil aber Minden doch recht weit weg liegt, hatte man sich entschlossen, die jährlichen Autorentreffen abwechselnd in Nord- und Süddeutschland zu veranstalten. Wobei für den Süden die Wahl 2016 dank guter Drähte zur Faber-Castell-Akademie — deren Leiter Uli Rothfuss ist Mitglied — auf Stein fiel. Und die richtet nun zur Zweitauflage erstmals einen eigenen Preis aus, nämlich den "Kogge-Förderpreis der Stadt Stein".
Die erste Preisträgerin heißt Uta Reichardt. Die 47-Jährige aus dem schwäbischen Remseck hatte zuerst Geschichts- und Politikwissenschaft in Freiburg studiert, eine zeitlang in St. Petersburg gewohnt und sogar die Grundausbildung bei der Polizei in Baden-Württemberg absolviert. Und noch ist mit dem Dazulernen kein Ende in Sicht: Aktuell studiert Uta Reichardt Literarisches Schreiben und Kulturjournalismus an der Faber-Castell-Akademie. In diesem November erscheint ihr drittes Buch.
Reichardt schreibt für Kinder und junge Heranwachsende. Begonnen hatte alles ganz klassisch mit den GuteNacht-Geschichten für ihren Sohn. Aus diesen Geschichten bastelte Reichardt 2013 einen Schaf-Krimi mit dem schönen Titel "Verflixt und zugemäht". Dem schloss sich 2017 der Roman "Im Wolfsland" an, für den sie nun den Kogge-Förderpreis erhielt.
"Im Wolfsland" ist eine abenteuerliche Geschichte ums Erwachsenwerden, um Ich-Behauptung, Abgrenzung und um den Gewinn von Vertrauen. Die 14-jährige Waise Lou gerät schnell mit allen und jedem aneinander, weshalb sie für ihre Klasse das ideale Mobbingopfer darstellt. Auf Klassenfahrt in der Oberlausitz büxt sie aus, verirrt sich im Wald und macht Bekanntschaft mit wilden Wölfen sowie einem seelenverwandten Buben.
Ausgedehnte Wildnis
Was braucht der klassische Abenteuerroman für größere Kinder? Wildnis und den Verzicht auf die medialen Errungenschaften der Zivilisation wie Handy, GPS und all diesen lästigen Erwachsenenkram, der jede gute Geschichte sabotiert. Dass die Lausitz als Schauplatz fungiert, ist nicht allein der Tatsache geschuldet, dass diese eine recht ausgedehnte Wildnis mit zurückkehrenden Wölfen darstellt, sondern auch einem großen Vorbild. Von dort stammt nämlich Otfried Preußler, der Vater des "Kleinen Wassermanns", der "Kleinen Hexe" und vor allem des "Krabat", der in jener Landschaft spielt.
Der nächste Roman "Darkanum" behandelt die Zeitreise eines jungen Zwillingspaares in nahe und ferne Vergangenheiten und erscheint im November. Und was macht die Autorin mit ihrem Preisgeld? "Das lege ich fürs Schreiben an."
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