Wildheit, die nicht weh tut
4.11.2018, 18:30 UhrDie Nürnberger Symphoniker unter der Leitung des US-amerikanischen Nachwuchsdirigenten Brandon Keith Brown präsentierten amerikanische Musik vom Feinsten und kombinierten das Programm mit gleich zwei Klarinettenkonzerten. Der Solist Sebastian Manz, 1986 in Hannover geboren, ist einer der begehrtesten heutigen Klarinettisten überhaupt: vor zehn Jahren Sieger des ARD-Wettbewerbs, steht er heute mit seinen CDs in der Bestenliste der Deutschen Schallplattenkritik.
Mit seinem auch im leisesten Piano noch tragfähigen Ton navigierte er seine Klarinette in Aaron Coplands Konzert für Klarinette und Streichorchester mit Harfe und Klavier von 1948 durch sämtliche Spielarten. Besonders in der virtuosen Kadenz beeindruckte er durch seine runden, samtigen und scheinbar absolut mühelos erzeugten Glissandi; auch der Swing des ursprünglich für den Jazzklarinettisten Benny Goodman geschriebenen Stücks gelang ihm vorzüglich.
Beim zweiten Werk bewies Manz sein Händchen für den sehr klarinettenaffinen, allerdings nicht mit den USA verbundenen Komponisten des "Freischütz", Carl Maria von Weber, dessen Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 Es-Dur ebenfalls größte Virtuosität verlangt. Die Begleitung durch die Symphoniker war bei Copland überzeugender als bei Weber, trotzdem gelang auch hier ein aufmerksames Zusammenspiel, das die künstlerischen Freiheiten des Solisten in Tempogestaltung und Dynamik gut unterstützte. Nach viel "Klatscharbeit" von Seiten des Publikums versprach Manz prompt als Belohnung eine Strawinsky-Zugabe sowie Gesprächsbereitschaft und das Signieren von Programmheft und CDs nach dem Konzert – ein Angebot, das ankam.
Die übrigen Programmpunkte, Leonard Bernsteins drei Tanzepisoden aus "On the Town", Russel Pecks schmissiges "Signs of Life II" für Streicher (bei dem der 2. Satz weggelassen wurde) und Aaron Coplands Ballettsuite "Billy the Kid", versetzten die Zuhörer mit Wohlfühlmusik in ein "wildes" und Freiheit genießendes Amerika der Vergangenheit.
Dirigent Brown hielt die Fäden in der Hand. Durch sein bis zum Hals geschlossenes anthrazitfarbenes Gewand erinnerte er an einen Priester, der Strenge zeigt, aber auch sicherstellt, dass alle Beteiligten ihre verdiente Anerkennung bekommen.
Dabei wurde auch an das physische Wohlbefinden der Musiker gedacht: Plexiglaswände, dämpfende Kopfstützen für die vor Schlagwerk und Blech sitzenden Holzbläser bei den dezibelstarken Präriepassagen in Coplands Suite sowie zahlreiche Keilkissen auf den Streicherstühlen sorgten dafür, dass das Wilde in der Musik gesundheitlich nicht außer Kontrolle geriet.
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