Doppelt gemoppelt? Erste Singlebörse für Mollige

07.07.2011, 09:29 Uhr
Doppelt gemoppelt? Erste Singlebörse für Mollige

© Löffler

„Der übergewichtige Mensch wird gerade als Zielgruppe entdeckt“, sagt Björn Konzelmann. Vor zwölf Jahren, als er Rubensfan.de als Student und „reines Hobbyprojekt“ ins Leben gerufen habe, sei die Situation noch eine ganz andere gewesen. Eine „Ü100-Party“ für Menschen, die über 100 Kilogramm schwer sind, habe ihn auf die Idee gebracht, für diese Klientel eine eigene Singlebörse zu schaffen, erinnert sich der Programmierer — zumal ihn die damals im Netz existierenden Angebote nicht angesprochen hätten.

Konzelmann ist quasi der lebende Beweis dafür, dass seine Idee funktioniert; lernte er doch über die Plattform wenige Monate nach deren Start seine heutige Frau Heike kennen. „Im Prinzip war es wie in einem von den amerikanischen Filmen“, beschreibt der 35-Jährige. Auf den schriftlichen Kontakt folgten Telefonate, der Austausch von gescannten Passbildern und ein erstes Treffen am Bahnhof von Crailsheim, das etwa in der Mitte der damaligen Wohnorte der Singles lag. „Es hat uns beide voll erwischt“, resümiert der gebürtige Baden-Württemberger.

Auf den Tag genau fünf Jahre nach dieser denkwürdigen Begegnung heiratete das Paar und freut sich bis heute über jede Nachricht von anderen Nutzern, die ihre Hochzeit oder die Geburt eines Kindes mitteilen. „Dann denkt man sich: Cool, und wir sind schuld daran“, berichtet Konzelmann. „Bis voriges Jahr haben wir das alles nur fürs Lob gemacht, für das Feedback, das wir gekriegt haben.“ Mit der wachsenden Zahl von mittlerweile 35000 Nutzern sei der administrative Aufwand dann einfach zu groß geworden und der bis dahin in einer Werbeagentur angestellte Programmierer entschied sich für den Schritt in die Selbstständigkeit.

„Bei uns kommt kein Profil rein, das nicht von uns überprüft wird“, betont der Unternehmer. Darin heißt es dann zum Beispiel: „Herzliche Rubensdame gesucht, gerne auch mit 120 kg und mehr.“ Oder: „Ich bin ein alleinerziehender Papa und suche ’ne Frau für ’ne feste Beziehung.“ Manchmal verrät schon der Nickname, wer sich hier tummelt, etwa im Falle von „XL-Kuschel-Teddybär“, „Romeo Grande“ oder „ichmagssehrmollig“.

Zu wenig selbstbewusst

„Alles findet man im Internet bei Google oder Wikipedia: Finde ich vielleicht bei ,Rubensfan‘ meinen Traummann?“, räsoniert indes eine 52-Jährige, während das 110 Kilogramm schwere „Rubens-Schneckerl“ erklärt: „Vollweib mit Sohnemann sucht ,richtigen Kerl‘, der das zu schätzen weiß!!!“ So selbstbewusst seien jedoch die wenigsten Nutzer — zumindest, wenn sie neu auf den Seiten sind, bilanziert Konzelmann. „Zum großen Teil verstecken sich die Leute.“

Schließlich gäbe es immer mindestens zwei Personen, die tuscheln, wenn ein übergewichtiger Mensch zum Beispiel ein Café betrete. Und die Werbung vermittele, dass nur schlanke Menschen attraktiv seien. Dem wolle Rubensfan die Botschaft entgegensetzen: „Nehmt euch so an, wie ihr seid, ihr werdet geliebt.“

Konsequent hält das Paar deshalb das Thema Diät von der Plattform fern, ebenso wie jegliche Anzeigen. „Ich will nicht von Bannerwerbung erschlagen werden, wenn ich auf eine Seite gehe“, erläutert der Wahlfranke. Außerdem fürchte er um die Objektivität des Forums und sieht unüberbrückbare Differenzen, beispielsweise wenn Nutzer einen Werbekunden schlecht bewerteten.

Mit den branchenüblichen, gut fünf Prozent Premiumkunden, die — anders als das Gros der kostenlosen Basismitglieder — im Monat wenige € bezahlten, decke er die durch eigene Werbung und den Betrieb der vier Server entstehende Ausgaben sowie seinen privaten Lebensunterhalt, skizziert der Winkelhaider. Im Zuge der Kommerzialisierung sei Rubensfan deutlich gewachsen — sowohl was die absoluten Nutzerzahlen anbetrifft als auch das Angebot.

Neuer Chat

Durch das Forum, eine Suchmaschine für Große-Größen-Anbieter, Einkaufs- und Gesundheitstipps, eine Präsentationsfläche für „Plus-Size Models“ und einen Kalender, entwickle sich die Seite ohnehin immer mehr in Richtung „Community“, resümiert Konzelmann. Dazu passen die 19 regionalen Stammtische, die es inzwischen bundesweit gibt, sowie die 2010 eingeführten Deutschland-Treffen, damit sich „die Leute auch mal in echt kennenlernen“, wie der selbst 115 Kilogramm schwere Mann sagt.

Offenbar hat der Unternehmer mit Rubensfan eine Marktlücke entdeckt: „Im Moment bekommen wir am Wochenende rund 100 neue Nutzer, an den anderen Tagen — je nach Wetter — 60 bis 80.“ In Spitzenzeiten seien fast 1100 Personen online, vor einem Jahr waren es gerade mal halb so viele.

Ein neu eingerichteter Chat und eine Flirt-Funktion sollen indes die bewusst schlicht gehaltene Partnerbörse noch attraktiver machen. „Wir stehen voll hinter der Sache“, beschreibt Konzelmann sein Erfolgsrezept. „Da steckt Herzblut drin.“
 

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