Karstadt entlässt weit weniger Mitarbeiter
23.2.2015, 09:13 UhrBei der Sanierung der angeschlagenen Warenhauskette Karstadt ist der Weg frei für einen Stellenabbau. Der Betriebsrat konnte aber nach eigenen Angaben in Verhandlungen die Zahl der geplanten Kündigungen deutlich verringern. Vereinbart wurden etwa Altersteilzeit- und Vorruhestandsregelungen. Deshalb habe sich die Zahl der zu erwartenden Entlassungen von ursprünglich 2750 auf 1400 quasi halbiert, berichtete der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt am Samstag.
Das Unternehmen selbst wollte sich nicht zu konkreten Zahlen äußern, bestätigte aber die Einigung und sprach von einem «Durchbruch» beim Sanierungsprogramm.
Arbeitnehmer und Konzernführung hatten in den vergangenen Monaten im Zuge der Sanierungsbemühungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandelt. Karstadt betonte, mit dem nach harten Verhandlungen erzielten Kompromiss sei das Unternehmen einen entscheidenden Schritt weiter gekommen und liege bei den Sanierungsbemühungen hundertprozentig im Zeitplan. Patzelt betonte, er sei mit dem Ergebnis unter den gegebenen Umständen «sehr zufrieden».
Keine Änderungskündigungen und Abgruppierungen
Konzernführung und Arbeitnehmer verständigten sich darauf, für die von Kündigungen betroffenen Mitarbeiter eine Transfergesellschaft einzurichten, um sie weiterzuqualifizieren. Auch bei den heftig kritisierten Plänen, spezialisierte Serviceteams für die Warenversorgung zu bilden, sei eine Einigung erzielt worden, berichtete das Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte deswegen Lohneinbußen befürchtet. Hier setzt Karstadt nun auf Freiwilligkeit und Fluktuation.
Änderungskündigungen und Abgruppierungen werde es nicht geben, versicherte der Konzern. Dennoch könne Karstadt damit wirtschaftlich vertretbar seinen Beratungs- und Serviceanspruch massiv ausbauen. Gesamtbetriebsratschef Patzelt forderte, nun sei es Aufgabe des Managements, mit dem operativen Geschäft dafür zu sorgen, dass in den Geschäften wieder Geld verdient werde.
Schließung von Häusern schon im Oktober angekündigt
Der neue Karstadt-Chef Stephan Fanderl hatte bereits kurz nach der Übernahme der Warenhauskette durch den österreichischen Immobilieninvestor René Benko angekündigt, das angeschlagene Unternehmen mit harter Hand sanieren zu wollen. Bereits im Oktober hatte Fanderl für dieses Jahr die Schließung von sechs Filialen angekündigt. Betroffen sind zwei klassische Warenhäuser in Hamburg-Billstedt und Stuttgart, die Filialen der auf junge Mode spezialisierten Kette «K-Town» in Köln und Göttingen sowie die Schnäppchenmärkte des Konzerns in Paderborn und Frankfurt/Oder. Außerdem sollen in den Filialen und in der Essener Zentrale zahlreiche Stellen abgebaut werden.
Denn auch nach dem Einstieg Benkos kämpft die Warenhauskette weiterhin mit sinkenden Umsätzen. Im wichtigen Weihnachtsgeschäft blieben die Verkäufe deutlich unter dem Vorjahresniveau.
Am kommenden Dienstag sollen nun die Tarifverhandlungen für die Karstadt-Beschäftigten fortgesetzt werden. Das Unternehmen drängte in der Vergangenheit auf einen weiteren Sanierungsbeitrag der Arbeitnehmer in Form eines Verzichts auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie längere Arbeitszeiten.
Verdi aber lehnt weitere Einsparungen auf Kosten der Mitarbeiter ab. Verdi-Sprecherin Eva Völpel sagte, Karstadt habe bisher vor allem an der Personalkostenschraube gedreht. Jetzt müsse es endlich um die Frage gehen, mit welchen Konzepten das Unternehmen die Umsätze wieder steigern könne. Auch eine Reduzierung der Mieten für die Warenhäuser sei bisher vom Unternehmen vernachlässigt worden.
Bei den Tarifverhandlungen will Verdi Standort- und Beschäftigungsgarantien, sowie eine möglichst rasche Rückkehr des Unternehmens in die Tarifbindung erreichen.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen