Heckel: Traumjob Bürgermeister in Bad Windsheim
10.10.2020, 11:57 UhrWohnungssuche für Obdachlose, drei- bis vierstündige Amtsleiterrunden, Gespräche mit Firmenchefs, Bürgern und Behördenvertretern, Geburtstagsfeiern, Ortsteilbegehungen, vier Stadtrats-Sitzungen in vier Wochen: „Der Aufwand ist Wahnsinn“, sagt Jürgen Heckel. Seit 1. Mai ist der seit vergangenem Samstag 56-Jährige Bad Windsheims Bürgermeister. „Mein absoluter Traumjob“, wie Heckel sagt, „es waren wunderbare Monate““.
Mittagspausen? Gibt es nicht, sagt Heckel. Terminfindungen mit seinem Vorzimmer sind entsprechend schwierig. 14 Stunden habe sein Arbeitstag, 80 Stunden kämen stets in der Woche zusammen. Heckel: „Ich bin ein Workaholiker. Das ist okay. Ich muss aber noch ein Maß finden, wie ich meiner Verantwortung der Stadt und den Bürgern gegenüber gerecht werden kann, aber auch meine Gesundheit nicht ruiniere.“
Verbindung zwischen Bürger und Verwaltung
Termine sind dicht getaktet. „Das geht da schon noch rein“, sagt Heckel vor dem Gespräch mit der WZ zu Gabriele Single im Bürgermeisteramt. So kam es in den vergangenen Monaten schon öfters vor, dass Gruppen auf Heckel warten mussten, ehe er mit der Vespa andüste. „Ja, ich werde was verändern müssen“, sagt der Rathauschef, der nach eigenen Angaben auch viel delegiere. „Ich sehe mich aber als Verbindungsglied zwischen Bürgern und Verwaltung.“
Heckel sitzt am Besprechungstisch seines Büro im Südflügel des Rathauses, wippt in seinem Stuhl vor und zurück, klackert mit einem Kugelschreiber, gestikuliert, hämmert auch mal mit der Faust auf den Tisch. Von seiner Umtriebigkeit hat der ehemalige WiR- Fraktionschef nichts verloren, nur sitzt er nun bei den Stadtratssitzungen auf dem Stuhl der Person, der er zuvor sechs Jahre zu gerne Anfragen und Kommentare um die Ohren gehauen hatte. „Jetzt bin ich eben an der anderen Seite des Tisches“, sagt Heckel, der keine Spannungsfelder im Rat sehe. „Ich fühle mich sehr gut aufgehoben im Kreise des Stadtrates, freue mich auf jede Sitzung.“
Schauen auf die Belastung
Sich und seine Kollegen sehe er in der Pflicht, „die Richtung vorzugeben, wo es mit unseren Projekten hingehen soll. Wir müssen Ziele für Stadt und Ortsteile formulieren. Was wollen wir wo wann umsetzen?“ Den Stadtrats-Sitzungsmarathon – bis 22. Oktober jeden Donnerstag – begründet der Bürgermeister damit, dass „wir Einiges aufzuholen haben“. Alle dürften aber nicht vergessen, die Räte sind ehrenamtlich im Einsatz, die Belastung dürfe nicht zu hoch werden. „Vielleicht muten wir uns aktuell auch zu viel zu.“
Für sich selbst lässt Heckel das nicht gelten, wie er klarmacht. „Ich bin Dienstleister, ein Teil des Ganzen, viele Bürger sind über Kleinigkeiten sehr dankbar.“ Seine Bürgermeistersprechstunde einmal pro Monat komme sehr gut an. „Ich könnte drei machen. Wir dürfen nicht nur die großen Projekte im Blick haben, die Bürger dürfen nicht auf der Strecke bleiben.“ Sein Credo: „Wenn der Bürgermeister bei der Bevölkerung ankommt, respektiert wird, dann fällt das zurück auf den Stadtrat und die Verwaltung.“
Eine schwierige Zeit
Ins Amt gekommen ist Heckel in einer schwierigen Zeit, mitten in der Corona-Pandemie, die er „auch als gesellschaftliche Herausforderung“ versteht. Es müsse das eine oder andere hinterfragt werden, ob es in der Zukunft wieder genauso gemacht werden müsse. Neben dem Umgang mit den Corona-Folgen sieht Heckel Landesgartenschau, Hospitalstiftung, Breitband- und Mobilfunknetzausbau, Citymanagement, Kindergärten, Bahnhof, Dorferneuerungen, Klosterchor und Entbürokratisierung als seine Hauptthemen.
Wo Heckel diese angehen will, ist noch offen. „Der Bürgermeister muss ins Zentrum“, sagt er über den Standort seines Büros. Vorgänger Bernhard Kisch hatte den Auszug aus dem zentralen Raum mit Balkonzugang damit begründet, dass der schönste Raum des Rathauses Trauungen zur Verfügung stehen soll, Jürgen Heckel will das wieder ändern. „Ich habe das noch nicht endgültig entschieden, die Tendenz geht aber dahin.“ Eines der Kriterien: „Ich muss mal schauen, wann ich dazu komme.“