Planung wird vorbereitet
Milliardenprojekt: Neue ICE-Strecke quer durch Franken? In nur 29 Minuten nach Würzburg
30.9.2021, 14:04 UhrWer heute den ICE von Nürnberg nach Würzburg nimmt, der muss fast eine Stunde einplanen. Zukünftig könnte sich die Fahrzeit nahezu halbieren, auf 29 Minuten – dank einer ICE-Neubaustrecke.
Denn wie das Bundesverkehrsministerium bekannt gegeben hat, ist der "Deutschlandtakt" als Ganzes in die höchste Dringlichkeits-Kategorie des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege, den ,Vordringlichen Bedarf‘" aufgestiegen.
Zur Erklärung: Schon seit Jahren arbeiten Planer am sogenannten Deutschlandtakt, einem deutschlandweit abgestimmten Taktfahrplan. Schneller, öfter und mit besseren Anschlüssen sollen die Menschen per Bahn einmal unterwegs sein.
Ein Zukunftsfahrplan
Der Deutschlandtakt ist also eine Art Zukunftsfahrplan. Aus ihm lässt sich ableiten, wo Bahnstrecken verbessert werden müssen. "Erst der Fahrplan, dann der Aus- und Neubau des Schienennetzes", nennt das Bundesverkehrsministerium gegenüber unserer Redaktion dieses Prinzip. Insgesamt wurden Projekte mit Gesamtkosten von über 40 Milliarden Euro identifiziert – und wirtschaftlich bewertet. Das Ergebnis: Ihr Nutzen überwiegt die Kosten mit einem Faktor von 1,4.
Dadurch sind diese im "Bedarfsplan für Bundesschienenwege" nun formal vom potenziellen in den vordringlichen Bedarf aufgestiegen. Es ist die höchstmögliche Dringlichkeitsstufe. Deren Planung kann deshalb jetzt "vorbereitet" werden, wie das Verkehrsministerium in einer Pressemitteilung schreibt.
Das gilt auch für besagte ICE-Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Würzburg. Laut Verkehrsministerium besteht der nächste Schritt nun darin, gemeinsam mit der Netz-AG der Deutschen Bahn (DB) die Voraussetzungen für den Planungsstart abzustimmen. Dieser hänge "von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln sowie personellen und planerischen Ressourcen" ab. Einen konkreten zeitlichen Horizont nannte das Ministerium nicht.
Anhaltspunkte für Streckenverlauf
Logisch, dass der genaue Verlauf der Neubaustrecke aktuell noch unklar ist. Doch es gibt Anhaltspunkte, weil sie im Bereich der Knoten Nürnberg und Würzburg von zusätzlichen Projekten flankiert wird.
So ist im jüngst veröffentlichten Abschlussbericht zum Deutschlandtakt von einem Fernverkehrstunnel von Nürnberg nach Fürth-Bislohe die Rede. Dieser würde also ganz in der Nähe des zukünftigen Güterzugtunnels zur Umfahrung Fürths an die Oberfläche kommen – eine Mitnutzung ist aber offensichtlich nicht geplant. Dafür spricht die Formulierung "zusätzlicher Tunnel".
Dafür könnte der neue Fernverkehrstunnel von ICE-Zügen, die auf der Bamberger Strecke unterwegs sind, mit befahren werden, um auch diese zu beschleunigen. Bislohe würde somit eine ICE-Abzweigung werden: entweder in Richtung Berlin, oder aber in Richtung Würzburg und damit weiter nach Hamburg beziehungsweise über Frankfurt ins Ruhrgebiet. Die Kosten allein dieses Tunnels werden mit 864 Millionen Euro angegeben.
5,7 Milliarden Euro teuer
Ab Bislohe würde die eigentliche Neubaustrecke beginnen, für die mit Kosten von 5,7 Milliarden Euro gerechnet wird. Damit wäre sie die bundesweit teuerste Einzelmaßnahme aller Deutschlandtakt-Projekte. Züge sollen auf ihr bis zu 300 Kilometer pro Stunde schnell unterwegs sein können, um die Fahrzeit von 29 Minuten zwischen Nürnberg und Würzburg zu erreichen.
Bis kurz vor Würzburg liefert der Abschlussbericht keinerlei Anhaltspunkte für einen möglichen Streckenverlauf. Erwähnt wird lediglich, dass die Neubautrasse im unterfränkischen Rottendorf enden könnte – denn ab hier soll an die bestehende Strecke ein viertes Gleis angebaut werden. Das kostet weitere 264 Millionen Euro.
Ob Rottendorf und Bislohe damit für den Verlauf der neuen Strecke gesetzt sind, will das Verkehrsministerium auf Anfrage nicht bestätigen. Es schreibt lediglich: "Ausschlaggebend für die Wahl der späteren Vorzugsvariante sind die Erreichung der verkehrlichen Ziele, eine Wirtschaftlichkeit sowie die Berücksichtigung der Schutzgüter Mensch, Natur und Umwelt." Zudem sei die DB Netz AG "zur frühen Beteiligung der betroffenen Bürger gehalten". Auch Fragen nach einer Bündelung mit der Autobahn A3 lässt das Ministerium offen.
Engpassabschnitt
Begründet werden die Milliardeninvestitionen nicht nur mit der deutlich verkürzten Fahrzeit zwischen Nürnberg und Würzburg. Die Neubaustrecke wäre darüber hinaus Teil des Korridors Frankfurt-Nürnberg, der laut dem Abschlussbericht "von besonders hoher Bedeutung", aktuell aber "Engpassabschnitt" ist.
Durch weitere Aus- und Neubauten im Spessart und bei Frankfurt ließe sich die Reisezeit von Frankfurt nach Nürnberg um insgesamt 40 Minuten auf eine Stunde und 22 Minuten verkürzen. Alle halbe Stunde soll auf dieser Route ein Fernverkehrszug fahren. Gleiches gilt für den Regionalexpress auf der Altstrecke, der aufgrund der frei werdenden Kapazitäten doppelt so oft verkehren könnte.
Könnte die neue ICE-Strecke somit auch andere, schon wesentlich konkretere Ausbauvorhaben überflüssig machen? Die Redaktion hat wegen des Güterzugtunnels sowie des geplanten dritten Gleises von Fürth nach Siegelsdorf nachgefragt. Beide Projekte seien "für die Umsetzung des Deutschlandtakts erforderlich", antwortet uns das Verkehrsministerium. Auch das noch fehlende S-Bahn-Gleis zwischen Fürth-Unterfarrnbach und Erlangen-Eltersdorf werde "weiterhin umgesetzt".
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