Vielfältiger Geist: Gin aus der Heimat

9.6.2021, 12:45 Uhr
Vielfältiger Geist: Gin aus der Heimat

© Gianni Ripa

Auch aus Bayern und unserer Region stammen immer mehr dieser hochprozentigen Kreationen. Erklärungsversuche gibt es einige - aber was nun der konkrete Auslöser war, ist wohl nie abschließend zu klären. An Fahrt nahm die weltweite Vielfalt bereits in den 1980ern auf, als u.a. der Bombay Sapphire auf dem Markt erschien.

Zum einen ist es einfach, Gin herzustellen. Er muss ein paar Merkmale aufweisen, um „Gin“ heißen zu dürfen. Dabei handelt sich um eine Spirituose, genauer gesagt einen Geist, mit Wacholdergeschmack und einem Mindestalkoholanteil von 37,5 Prozent. Außerdem wird zur Herstellung Alkohol genutzt, der möglichst neutral schmecken soll. Dieser kann aus Kartoffeln, Getreide, Wein oder auch Zuckerrohr hergestellt worden sein. Hier entstehen jedoch schon gewisse Grundnoten, die den Geschmack beeinflussen können. Geschmacksgebend sind vor allem die Botanicals, also pflanzliche Stoffe. Sie sorgen für das Aroma. Die Zusammensetzung dieser Komponenten bleibt dem Hersteller überlassen. Wichtig ist, dass Wacholderbeeren die Hauptkomponente sein müssen. Experimentierfreude und Kreativität sind folglich wenige Grenzen gesetzt. Deswegen schmeckt auch jeder Gin anders. Das nennt sich dann "Compound Gin", also gemischter Gin.


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Die Frage nach regionalen Gins ist so zu beantworten, dass jeder überall Gin herstellen kann, man muss aber keinen regionalen Bezug herstellen.

Ein paar regionale Gins aus Franken und Bayern nehmen jedoch mit der ein oder anderen Feinheit Bezug auf ihre Herkunft.

Auswahl an fränkischen und bayerischen Gins

Die Ayrers Destille gehört zur Hausbrauerei Altstadthof in der Innenstadt Nürnberg und stellt dort drei Gins her. Hier wird selbst der Grundalkohol in Nürnberg hergestellt. Gerstenmalz, welches sonst für Bier genutzt wird, wird hier zu hochprozentigem Alkohol gebrannt und dient als Grundlage für den späteren Geist. Bei der Mazeration (das ist der Prozess der längeren und sanften Aufweichung von Pflanzenstoffe in Flüssigkeit) wird Hopfen zu den Botanicals gegeben. Während dieses Vorgangs werden die Botanicals in Neutralalkohol eingelegt. Dabei geben sie ihre ätherischen Öle und Aromen ab. Anschließend werden diese gelösten Aromen und der Grundalkohol vermischt und destilliert. So entsteht der destillierte Gin. Beim Compound oder Bathtub Gin findet keine Destillation nach der Mazeration statt. Der Spring Gin von Ayrers bietet Zitrusnoten, während der Juniper klassisch den Wacholder betont. Der Barrique Gin reift hingegen sechs Monate in einem ehemaligen Whiskeyfass und nimmt dessen Noten an.

Die Ginsorten der Hausbrauerei Altstadthof. 

Die Ginsorten der Hausbrauerei Altstadthof.  © Rainer Bayer

Der Nvremberga Gin, aus der Gin & Julep Destillerie, setzt als regionale Note die Nadeln der Reichswaldfichte ein. Geschmacklich ist er herbal und würzig mit einem Geschmack nach Orange und Pfefferbeere. Hierbei handelt es sich um einen Bathtub Gin, der sich heute durch eine traditionelle Herstellung in Handarbeit auszeichnet. Früher wurde er tatsächlich in Bathtubs, also Badewannen hergestellt: Im 18. Jahrhundert war die Bier- und Alkoholsteuer in England so hoch, dass die Leute ihn selbst in rauen Mengen u.a. in ihren Wannen herstellten.

Vielfältiger Geist: Gin aus der Heimat

© Gianni Ripa

Einen anderen Ansatz wählen die Macher des Nürnberg Gin. Hier sind regionale Gewürze im Einsatz, die auch in der Nürnberger Bratwurst verarbeitet werden. Neben Majoran, Pfeffer, Piment und Melisse kommt natürlich wie in jedem Gin die Wacholderbeere vor.

Vielfältiger Geist: Gin aus der Heimat

© Oliver Kirschner

Der Gin von Haas war der erste fränkische Gin. Hergestellt wird dieser im oberfränkischen Pretzfeld. Da Haas seit 1901 für Obstbrände bekannt ist, lag es nahe, dass hier die typisch regional erzeugten Obstbrände als Grundlage verwendet werden.

Der Shadows Gin aus Heroldsbach nutzt als regionalen Anklang den für die Bierregion typischen Hopfen in den Botanicals. Der Classic Shadow ist würzig-fruchtig mit Aromen von Hibiskusblüten, Koriander und Muskatnuss. Der Iced Shadow ist erfrischend blumig mit Minze und Zitronengras.

Vielfältiger Geist: Gin aus der Heimat

© Rainer Bayer

Der fränkische Winzer Hans Wirsching aus Iphofen nutzt seine selbst erzeugten Trauben, um damit einen Weinbrand herzustellen. Dieser dient als Grundlage für den Wirgin. Dies schmeckt man deutlich heraus. Damit weicht der Wirgin von der Verwendung von neutral schmeckendem Alkohol ab.

Die Macher des Krater Noster nehmen gleich doppelten Bezug zu ihrer Heimat. Den Namen verdankt er dem Nördlinger Ries, wo vor 14,6 Millionen Jahren ein Meteor eingeschlagen ist. Außerdem wird der Wacholder vor Ort angebaut. Der fruchtig-herbe Gin bietet Noten von Birne und Zitronenschale. Der Full Moon beinhaltet Mondpflanzen wie Mädesüß, was für eine süßlich-herbe Note sorgt.

Geschmackliche Vielfalt

Gin ist leichter herzustellen als andere Spirituosen, aber er bietet eine breite Vielfalt an Möglichkeiten. Das ist wohl einer der Gründe, warum er so beliebt ist. Ein weiterer Erklärungsversuch ist, dass der Gin nie ganz von unseren Lippen verschwand. Die Barkultur Europas baut auf ihm auf. Viele Cocktails, wie beispielsweise Tom Collins, Dry Martini oder Pink Lady basieren auf ihm. Somit war es vielleicht auch nur eine Frage der Zeit, bis der Gin wieder in aller Munde war. Die Auswahl an Sorten ist groß und wächst ständig. Ob man ihn pur, mit Tonic oder als Tom Collins trinkt: Gin ist ein vielfältiger Geist, der zum Probieren und Variieren einlädt.


Bars'n'Drinks: Vegane Alkoholika


Einen Einstieg in das Thema Gin - dessen Ursprünge mit dem "Genever" vor rund 400 Jahren in Holland liegen - bieten auch Verkostungen an, in denen Interessenten an die Thematik herangeführt werden. Diese werden auch in Nürnberg unter anderem vom Feinkostladen delicatEssen am Weinmarkt angeboten. Auch die Nürnberger Bar Gin & Julep bietet Tastings an.

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