Die Hoffnung schmilzt: Ist Skiurlaub in der Pandemie möglich?

12.11.2020, 11:27 Uhr
Nun schmilzt bei vielen die letzten Hoffnung auf einen Skiurlaub, wie wir ihn kannten. Hier in Sankt Johann-Alpendorf im Salzburger Land.

© Matthias Niese Nun schmilzt bei vielen die letzten Hoffnung auf einen Skiurlaub, wie wir ihn kannten. Hier in Sankt Johann-Alpendorf im Salzburger Land.

Die Generalprobe ging gründlich schief. Die Bilder aus Hintertux, wo sich Mitte Oktober Menschenmassen dicht gedrängt zur Seilbahn ins Gletscherskigebiet wälzen, gingen durch die sozialen Medien. Und jeder, der sie sah, war fassungslos: Das soll der Neustart der Wintersport-Saison sein? Zogen sie keine Lehren aus dem Ischgl-Desaster im Frühjahr? Meinen es die Verantwortlichen wirklich ernst mit ihren Bekundungen, dass die Gesundheit der Gäste absolute Priorität habe? Und ist es trotzdem eine gute Idee, im wahrscheinlich noch impfstofflosen Winter 2020/21 Skifahren zu gehen?

Angeblich haben Rennteams gedrängelt

Aus Hintertux heißt es, Skiclubs und Rennteams, die sich allesamt zur Öffnung der Bahnen um 8.15 Uhr auf dem Vorplatz der Talstation versammelten, um nur ja keine Trainingsminute zu verlieren, hätten für jenen Andrang gesorgt. Mitarbeiter der Bergbahn hätten die Maskenpflicht kontrolliert. Schon kurze Zeit später sei der Spuk vorbei gewesen und die Freizeitskifahrer wären ohne Gedränge vom Parkplatz zum Einstieg durchmarschiert.

Ein Bild aus besseren Zeiten, als man noch unbeschwert im Schnee toben konnte - hier in der Tiroler Wildschönau.

Ein Bild aus besseren Zeiten, als man noch unbeschwert im Schnee toben konnte - hier in der Tiroler Wildschönau. © Matthias Niese

Damit ist es seit 2. November auch vorbei. Zumindest in Österreich zwingt der Lockdown-Light die Skigebiete, die schon geöffnet wären, zur Unterbrechung der (dank der besten herbstlichen Schneebedingungen seit Jahren) so vielversprechend gestarteten Saison. Endet der Lockdown Ende November, öffnet die Zugspitze voraussichtlich noch in der ersten Dezemberwoche, St. Anton startet dann wie Ischgl am 17.12.. Andere dürften dem Beispiel folgen.

Anders in der Schweiz: Dort haben die Gletscherskigebiete Zermatt, Saas Fee, Glacier 3000 und am Titlis in Engelberg an sieben Tagen die Woche geöffnet. Das kleine Areal am Diavolezzafirn oberhalb von Pontresina im Engadin öffnet mittwochs, samstags und sonntags. Hotels sind in der Schweiz ebenfalls geöffnet – wie die Skigebiete unter strenger Anwendung der Schutzkonzepte. Deutsche Touristen können problemlos in die Schweiz einreisen. Erst wenn die 14 Tage-Inzidenz in Deutschland um mindestens 60 höher läge ist als die Inzidenz in der Schweiz, träte eine Quarantänepflicht in Kraft.

Die Rückreisenden müssen in die Quarantäne

Bleibt das Problem nach der Rückreise. Wegen der sehr hohen Fallzahlen ist die Schweiz als Risikogebiet eingestuft und man muss sich in eine zehntägige Quarantäne begeben, wenn man von dort zurückkehrt. Eine Option ist das allenfalls für leidenschaftliche Schneesportler, die ohnehin im Homeoffice arbeiten und ein verständnisvolles und versorgungswilliges soziales Umfeld haben.


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Seit 1. November steht auch ganz Österreich mit Ausnahme der Enklaven Jungholz und Kleinwalsertal auf der Liste der Risikogebiete, seit 8. November ganz Italien, Frankreich schon seit 24. Oktober. Finnland ist derzeit das einzige Nicht-Risikoland mit geöffneten Skigebieten. Der Haken: Es lässt Deutsche momentan nicht einreisen.

Was, wenn sich an diesen Vorgaben auch nach einem eventuellen Ende des aktuellen Lockdowns nichts ändert? Dann dürfen all jene, die nicht zehn Tage in Quarantäne sitzen können, eigentlich nur die deutschen Skigebiete als potenzielle Winterurlaubsziele nutzen, zusätzlich noch Jungholz und das Kleinwalsertal in Tirol. Dazu müssen die aber erstmal wieder öffnen dürfen.

Deutschlands einziges Gletscherskigebiet auf dem Zugspitzplatt wollte eigentlich am 13. November in die Saison starten. Daraus wird nichts, obwohl die Zugspitzbahnen diesen Sommer 450.000 Gäste beförderten, ohne dass es zu einer einzigen Infektion gekommen wäre. Die Hygienekonzepte greifen also offensichtlich.

Werden heuer die Skigondeln fahren und uns zum Skifahren auf die Berge bringen?

Werden heuer die Skigondeln fahren und uns zum Skifahren auf die Berge bringen? © Matthias Niese

Auch die anderen deutschen Top-Gebiete wären gut vorbereitet: Es gelten Abstandsregeln und die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Wartebereichen, Kabinen und sämtlichen Innenräumen. Überprüft würde das zum Beispiel in den Oberstdorfer Skigebieten durch eigens eingestellte Corona-Ranger. Die werden ebenso wie alle anderen Bergbahnmitarbeiter regelmäßig getestet - in einem eigens eingerichteten Testzentrum. Dazu kommen regelmäßige Desinfektion von Innenbereichen und Seilbahnkabinen sowie die bekannte Registrierungspflicht in der Gastronomie.

Es drohen überfüllte deutsche Pisten

Was allerdings passiert, wenn das Gros der deutschen Skifahrer im kommenden Winter statt nach Österreich zu fahren gezwungenermaßen in Deutschland bleibt, mag man sich nicht ausmalen. Von den rund 50 Millionen Tagen, die deutsche Skifahrer in normalen Wintern zusammengenommen auf den Brettern stehen, entfielen bislang rund zwei Drittel auf Tage Österreich. Bereits ein Bruchteil dieses Besuchervolumens würde die Kapazitäten der bayerischen Skigebiete bei weitem überschreiten.

Um Szenen wie in Hintertux zu vermeiden, wird man dann vielleicht doch nicht um jene Maßnahmen umhinkommen, die in Nordamerika schon lange vor Beginn der Saison angekündigt und jetzt in den ersten geöffneten Skigebiete auch umgesetzt wurden. So verkaufen Skigebiete wie das seit 6. November geöffnete Keystone in Colorado in diesem Jahr in der Vorsaison keine Tageskarten. Zugang haben nur Inhaber von Saisonpässen - und auch die müssen ihre Skitage vorab reservieren. Ähnlich wie im Sommer in den deutschen Schwimmbädern wird die Kapazität somit begrenzt.

Noch im Februar, als bereits die ersten Regionen Italiens zum Risikogebiet wegen Corona erklärt wurden, war wie hier im Eggental in Südtirol noch Skiurlaub möglich - die Menschen standen teils dicht an dicht. 

Noch im Februar, als bereits die ersten Regionen Italiens zum Risikogebiet wegen Corona erklärt wurden, war wie hier im Eggental in Südtirol noch Skiurlaub möglich - die Menschen standen teils dicht an dicht.  © Matthias Niese

Der Feldberg im Schwarzwald, das größte Skigebiet der deutschen Mittelgebirge und besonders bei Tagesausflüglern beliebt, wird Liftkarten im Winter 2020/21 nur online verkaufen. So wisse man genau, wie viele Leute an welchem Tag kämen, heißt es von Seiten des Liftverbundes. Wenn das Infektionsgeschehen es erfordere, werde die Ticketzahl beschränkt. Mit dieser Strategie steht der Feldberg bislang zwar alleine, könnte aber rasch zum Vorbild werden, wenn anderswo die Dämme zu brechen drohen.

Viel wird auch davon abhängen, ob Hotels wieder öffnen dürfen, denn es ist nicht ausgemacht, dass die bei Schließungsverfügungen dauerhaft mit Skigebieten in einen Topf geworfen werden. Die Bergbahnbetreiber argumentieren zurecht, dass ihre Gäste überwiegend draußen unterwegs sind – in den zahlreichen deutschen Skigebieten, die nicht über Kabinenbahnen verfügen, sogar ausschließlich.

Skigebiete offen, Hotels zu? Warum nicht?

Geöffnete Skigebiete mit geschlossenen Hotels und Gastronomiebetrieben? Bisher undenkbar, aber warum nicht? Wenn das die Voraussetzung wäre, auch in der kommenden Saison Schnee, Natur und Fliehkräfte auf der Piste zu erleben, würden es wohl viele Wintersportler hinnehmen.

Dann allerdings blieben die in Frage kommenden Ski-Ziele auf den Radius einer Tagesreise beschränkt. Für Franken könnte das heißen: Bayerischer Wald statt Dolomiten. Glücklich dürfte sich schätzen, wer Pisten vor der Haustür hat. Wie vielen dieses Glück zuteil wird, hängt aber von der Schneelage ab. Wir können also nur hoffen, dass es reichlich und bis in tiefe Lagen schneit im kommenden Winter – aber das tun Skifahrer ja eigentlich sowieso immer.

Es bleibt uns nur, abzuwarten, wie sich die Lage entwickeln wird.

Es bleibt uns nur, abzuwarten, wie sich die Lage entwickeln wird. © Matthias niese

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