Politik macht es sich mit möglichen Reiseverboten zu einfach
7.8.2020, 15:45 UhrAnfang August, Sommerferien: Nachbarn, Freunde, Kollegen und auch Politiker sind im Urlaub. In dieser Zeit beklagen Medien meist eine maue Meldungslage. Das nennt sich dann Sommerloch, aus dem stets irgendwelche B-, C- oder D-Politiker hüpfen, um mit einem vermeintlichen Aufregerthema Aufmerksamkeit zu bekommen. Nun ist die Corona-Lage zu ernst, man mag dem Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates keine Profilierungssucht unterstellen.
Aus Angst vor Corona: Ohne QR-Code kein Urlaub
Gerade als Experte für Ökonomie kann man durchaus so einen Vorschlag machen angesichts steigender Fallzahlen, einem drohenden zweiten Lockdown und immer mehr Reise-Risikogebieten. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, fordert gar, alle Rückkehrer aus Risikogebieten in Quarantäne zu schicken, auch die negativ Getesteten. Die Tests seien schließlich nur eine Momentaufnahme.
Solche Vorschläge einfach umsetzen sollte man allerdings nicht. Dafür ist die Lage zu vielschichtig und viele Menschen sind nach den Entbehrungen durch Corona einfach urlaubsreif. Und wer weiß schon, ob er sich in den nächsten Tagen oder Wochen in ein Land begibt oder schon dort aufhält, das heute als unbedenklich gilt, während der Reise aber plötzlich auf der roten Liste steht? Wer hätte etwa vor Kurzem, als er seinen Urlaub an der Costa Brava gebucht hat, damit gerechnet, dass ganz Katalonien plötzlich Risikogebiet ist? Kratzt nicht Kroatien ständig an der Schwelle, während einige Regionen der Türkei plötzlich freigegeben wurden?
Menschenverstand macht Verbote überflüssig
Wer die Reise noch nicht angetreten hat, sollte die Koffer schon aus eigenem gesundheitlichen Interesse wieder auspacken, wenn das Ziel zum Risikogebiet wird. Der gesunde Menschenverstand macht Verbote hoffentlich überflüssig. Schließlich drohen im Nachhinein Konsequenzen wie Quarantäne oder ein Ausfall der Lohnfortzahlung. Auch deshalb bleiben ja viele zuhause oder suchen sich Ziele, wo sie voraussichtlich unbeschwert heimkehren können.
Urlaub trotz Corona: Was Reiselustige in Europa beachten müssen
Jede und jeder weiß, dass es in diesen Zeiten ein Wagnis ist, eine Auslandsreise zu buchen oder anzutreten. Klappt sie dann nicht, weil dort wieder das Virus grassiert, so ist das schlicht zu akzeptieren. Zumal es die Entscheidung für einen Abbruch erleichtert, dass die Einordnung als Risikogebiet durchs Auswärtige Amt das Hauptkriterium für eine kostenfreie Stornierung ist.
Und wie umgehen mit denen, die schon dort sind? Ihren Urlaub kann man im Nachhinein ja kaum für illegal erklären, man mäße mit zweierlei Maß. Juristisch wasserdicht wäre ein Verbot daher wohl nicht. Und dann gibt es noch die, die nicht nur einfach urlauben, sondern etwa ihre Familie in den Heimatländern besuchen wollen oder müssen. Ihnen sollte man die Reise ermöglichen - nach der Rückkehr sind sie eh zum Test verpflichtet - je nach Ergebnis mit allen Konsequenzen.
Erlanger Ethiker zu Reisen in Risikogebiete: "Selten fahrlässig"
Virologen wie Christian Drosten schlagen eine andere Strategie vor: Nach der Urlaubssaison werde sich das Virus gleichmäßiger übers Land verteilen - das lasse sich nicht mehr verhindern. Die Gesundheitsämter dürften überfordert sein, sich um die Quarantäne jeder Kontaktperson zu kümmern oder gar Verbote zu überwachen. Daher sollten sie sich etwa auf so genannte Übertragungscluster und nicht mehr jeden Infizierten konzentrieren. Wir sollten Kontakt-Tagebücher führen, den Mut zum Restrisiko haben und die Maskenpflicht ausweiten. Es wäre schon ein Fortschritt, wenn viele ihre Maske auch auf der Nase tragen würden und nicht nur darunter.
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