Alter Tiergarten: Ein Bürgertraum wurde Wirklichkeit

7.4.2012, 10:01 Uhr
Alter Tiergarten: Ein Bürgertraum wurde Wirklichkeit

Der Tiergarten war ein Herzenswunsch der Nürnberger Bürger, der im Jahr 1908 richtig konkret wurde; wegen des Hochwassers im Februar 1909 musste der Plan noch einmal aufgeschoben werden. Eine der treibenden Kräfte war der Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins und Rechtsrat Wilhelm Weigel

Alter Tiergarten: Ein Bürgertraum wurde Wirklichkeit

Auch Oberbürgermeister Johann Georg Ritter von Schuh unterstützte das Projekt. Um das Geld zusammenzubekommen, gründeten betuchte Bürger eine Aktiengesellschaft. Ihr Ziel war ein Tiergarten im wahrsten Sinn des Wortes: Möglichst wenig Tiere hinter Gittern, sondern Tiere in einem Naturpark. Es gab einen regelrechten Run auf die Aktien, die von Nürnbergern aus allen Schichten gezeichnet wurden. Auch die Spendenbereitschaft war riesig.

Alter Tiergarten: Ein Bürgertraum wurde Wirklichkeit

© Tiergartenarchiv

Für die rund 20 Hektar große Anlage wählte man das Gelände der Bayerischen Landesausstellung von 1906 am Luitpoldhain, dazu das jetzige Volksfestgelände und die vier Nummernweiher, von denen heute nur noch zwei existieren. Die Verwirklichung des Bürgertraums gelang in rekordverdächtiger, nur 15 Monate dauernder Bauzeit. Erster Tiergartendirektor wurde Karl Thäter.

Der Haupteingang lag an der Bayernstraße, dort, wo sich heute der Eingang zum Volksfest befindet. Die Besucher stießen als erstes auf die berühmte Papageienallee. Beim weiteren Rundgang trafen sie auf ein künstliches „Gebirge“, das im Kern aus einer Holzkonstruktion bestand, mit Pappmaché ausgeformt und mit Beton gefestigt wurde. Steinböcke, Gämsen und Murmeltiere waren dort zu bewundern. Tiger und Löwen lebten in einer Raubtieranlage, in die man von einer Brücke über einen der Nummernweiher hineinblickte.

Alter Tiergarten: Ein Bürgertraum wurde Wirklichkeit

In der Mitte der vier Nummernweiher stand eine wunderschöne Vogelvoliere. Tiergartendirektor Thäter hatte in ganz Deutschland bei Händlern Zootiere eingekauft. Es gab Anlagen für Affen und Elefanten, Eisbären, Bären, Gazellen, Strauße und Raubvögel. Prinzregent Ludwig höchstpersönlich steuerte Rot- und Damwild und einige Wildschweine als Geschenk bei.

1914 bekam der Tiergarten zusätzlich noch ein „Warmhaus“, für Tiere aus Savannen und Steppen und Tiere aus dem Urwald. 1926 wurde schließlich das Gesellschaftshaus eröffnet, das laut Peter Mühling „eine große Rolle im gesellschaftlichen Leben der Stadt spielte“. Dort gingen große Bälle und Hochzeiten über die Bühne. „Die vielen, gut besuchten Veranstaltungen im Gesellschaftshaus waren Ausdruck der innigen Verbindung der Nürnberger mit ihrem Tiergarten“, sagt Mühling.

Einen bitteren Rückschlag für den Tiergarten brachte der Erste Weltkrieg. Zahlreiche Tiere verhungerten, weil es kein Futter mehr für sie zu kaufen gab. Nach Kriegsende versuchte man mit verschiedenen Veranstaltungen, Besucher anzulocken. Aber die Zeiten blieben mindestens bis zur Inflation 1923 schwierig. Im Gegensatz zum Münchner Tierpark Hellabrunn ging der Nürnberger Tiergarten aber nicht pleite. Und so ergab sich für Nürnberg die Gelegenheit, Tiere von München zu übernehmen, vor allem die Bewohner des Aquariums von Hellabrunn.

1924 bis 1928 erlebte der Alte Tiergarten seine „goldenen Jahre“ mit riesigen Besucherzuwächsen, so dass er sich finanziell erholte. So konnte man sich wieder neue Tiere leisten. Vor allem Schimpansen, die in dieser Zeit als etwas ganz Besonderes galten, aber auch Tiger, Geparden, Leoparden, Löwen, Eisbären und Seelöwen. Eine Riesensensation war die erste Geburt eines Orang-Utan-Babys, die es bis dahin in einem Zoo gegeben hatte: Am 20. April 1928 erblickte Bobby in Nürnberg das Licht der Welt. Er wurde allerdings nicht von seiner Mutter großgezogen, sondern vom Tiergarteninspektor mit dem Fläschchen hochgepäppelt. Ein anderes Lieblingstier der Nürnberger in dieser Zeit war die Indische Elefantenkuh Memy.

Das Ende des Tiergartens bahnte sich an, als die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten. Adolf Hitler wollte das gesamte Areal im Luitpoldhain für sein geplantes Reichsparteitagsgelände haben. Schon im Jahr 1934 kündigte Hitler bei einem Nürnberg-Besuch an, dass der Tiergarten zu verschwinden habe. Um in der Bevölkerung nicht für Unruhe zu sorgen, durfte das in der Presse erst einmal nicht veröffentlicht werden. Von vornherein war man sich aber im Klaren, dass ein Ersatz für die bei den Nürnbergern überaus beliebte Einrichtung geschaffen werden müsse. Dafür waren laut Peter Mühling verschiedene Standorte im Gespräch: der Stadtpark, das Gelände, wo sich heute das Westbad befindet, der Kohlbuck und schließlich der Schmausenbuck, für den man sich am Ende entschied. Dort gelang es in nur zwei Jahren, einen neuen Tiergarten anzulegen. Er wurde am 5. Mai 1939 eröffnet.
 

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