Den Hautkrebs besiegen
18.1.2019, 11:53 UhrWird schwarzer Hautkrebs frühzeitig behandelt, sind die Heilungschancen groß. Lebensbedrohlich ist das Melanom aber, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben. Neue Behandlungsmöglichkeiten, die die Chemotherapie verdrängen, geben Hoffnung.
"Diese beiden Medikamentenklassen sind eine Revolution." Dr. Michael Erdmann, Hautarzt mit dem Schwerpunkt Dermato-Onkologie und Oberarzt an der Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen, hat in den vergangenen Jahren beobachtet, wie sehr sich die Behandlung von Hautkrebspatienten in fortgeschrittenem Stadium verbessert hat. "Wir können Patienten, bei denen der schwarze Hautkrebs bereits Metastasen gebildet hat, erstmals eine Therapie bieten, die die Lebenszeit verlängert."
Bei den beiden Medikamentenklassen handelt es sich um die Immun- und die zielgerichtete Therapie. Bei der ersten befähigen Wirkstoffe das eigene Immunsystem, Krebszellen, die sich unsichtbar gemacht haben, wieder zu erkennen und anzugreifen. Erst vor wenigen Wochen haben der US-Amerikaner James P. Allison und der Japaner Tasuku Honjo den Medizin-Nobelpreis für ihre wegweisenden Entdeckungen erhalten, die die Immuntherapie entscheidend vorangebracht haben.
Die zielgerichtete Behandlung wendet sich an jene rund 40 Prozent der Hautkrebspatienten, die eine Mutation im sogenannten BRAF-Gen aufweisen. Diese führt dazu, dass ein bestimmter Signalweg in der Zelle hyperaktiv ist, sodass Zellen unkontrolliert wachsen. Spezielle Substanzen, die in Tablettenform gegeben werden, schalten diesen Signalweg wieder aus.
Die neuen Therapien sind deutlich effektiver als die Chemotherapie, die nur bei jedem zehnten Patienten Wirkung zeigt und das Leben meist nur um wenige Monate verlängert. Je nachdem, ob eine Einzel- oder kombinierte Immuntherapie gegeben wird, sprechen laut Dr. Erdmann 30 bis 60 Prozent der Patienten darauf an. Bei der zielgerichteten Therapie seien es bis zu 80 Prozent, wenn der Patient die Mutation aufweist.
Konkret bedeutet dies: Der Tumor verkleinert sich und kann sogar so weit zurückgehen, dass er in der bildgebenden Diagnostik nicht mehr als solcher zu erkennen ist. Zurück bleibt aber Narbengewebe, erklärt Dr. Erdmann. Ob dieses noch Tumorzellen aufweist, lässt sich letztlich erst nach einer operativen Entfernung im Labor untersuchen. "Die Frage des kompletten Verschwindens und die daraus folgende Frage der Heilung ist sehr schwierig", sagt der Mediziner. Die Therapien werden erst seit wenigen Jahren angewandt, so dass noch nicht klar ist, wie lange Betroffene die Erkrankung überleben. "Während ich früher Patienten im Stadium der Fernmetastasierung ein halbes oder dreiviertel Jahr begleitete, habe ich jetzt Patienten, die ich über Jahre, teilweise seit fünf oder sechs Jahren in der Nachsorge sehe."
Georg B., der in einer Gemeinde im Nürnberger Land wohnt, gehört zu jenen, denen die Immuntherapie mehr Lebenszeit schenkt. 2014 bemerkte er ein Muttermal am Kopf, das sich auffällig verändert hatte. Der Hautkrebs hatte bereits Metastasen gebildet. Eine Operation und Bestrahlungen folgten. Seit drei Jahren erhält der Rentner regelmäßig Infusionen. Seinen Zustand bezeichnet er als stabil. "Ich bin begeistert", sagt er. "Eine Chemotherapie wäre doch mit ganz anderen Belastungen verbunden." Abgesehen von einer gewissen Müdigkeit, die vielleicht auch mit seinem Alter zusammenhänge, verspüre er keine Nebenwirkungen.
Doch müssen Betroffene durchaus mit Beeinträchtigungen rechnen. Bei der Immuntherapie können die Organe angegriffen werden. Manchmal kommt es zu heftigen Durchfällen und Hautausschlägen, die dem Patienten das Leben schwer machen. Bei manchen führen starke Begleiterscheinungen zu einem Abbruch der Behandlung.
Die zielgerichteten Medikamente können je nach Präparat eine Haut-Lichtempfindlichkeit und Fieber hervorrufen. Einer der großen Nachteile dieser Therapie ist, dass sie ihre Wirkung bei einem Teil der Patienten nach zehn bis elf Monaten verliert. Forscher arbeiten aktuell daran zu verstehen, weshalb der Körper nicht langfristig darauf anspringt. Und sie versuchen, die neuen Therapiemöglichkeiten auf andere Krebsformen auszudehnen. Zum Teil ist dies bereits geglückt. Tumorpatienten dürfen darauf hoffen, dass der großen "Revolution" noch weitere Verbesserungen in der Behandlung folgen.
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