Der Beruf des Soldaten – für 13-Jährige ein Traum
07.03.2011, 07:09 Uhr
Tim Seidler hat beim Preisausschreiben schon eine Umhängetasche in Tarnfarben gewonnen. Er kann sich kaum vom Stand losreißen und betrachtet immer wieder die Flyer und Info-Broschüren. Der 13-Jährige ist begeistert vom Bund. „Ich finde es toll, dass man da trainiert und fit sein muss. Außerdem geht man ins Ausland und kann dort anderen Menschen helfen“, sagt der Gymnasiast, der in Nürnberg in die achte Klasse geht. Dass er womöglich auch eine Waffe benutzen muss, ist Tim bewusst: „Wenn es sein muss, muss es sein.“ Der Schüler hat bereits klare Vorstellungen von seinem Werdegang: „Ich mache erst mal den Freiwilligendienst. Wenn es mir beim Bund gefällt, kann ich mir auch vorstellen, mich für länger zu verpflichten.“ Tim will Medizin studieren.
Der 14-jährige Michael Kölbel und sein 13-jähriger Kumpel Andreas Lang sehen die Bundeswehr eher als Zwischenstation in ihrem Leben: „In der Grundausbildung lernt man, diszipliniert zu sein. Und dann kriegt man später bessere Jobs.“ Beide wollen einen handwerklichen Beruf ergreifen. Und Arbeitgeber würden eben lieber disziplinierte Leute einstellen als „Luschen“.
Der 13-jährige Lukas Gillmeier hat noch nicht ganz so klare Vorstellungen. Er findet die Bundeswehr toll, weil sein Vater zwölf Jahre lang Zeitsoldat war. Der hätte auch nichts dagegen, wenn sein Sohn diese Laufbahn einschlägt. „Als Mama sieht man das anders“, sagt die Mutter, die eigentlich gar nicht mit der Zeitung reden möchte. Aber dann erzählt sie doch, dass ihr Mann noch eine Kiste mit seinen Reservesachen daheim stehen hat und der Sohn davon fasziniert ist – auch, wenn die Arbeit als Soldat zwischen 1982 und 1994 noch unter anderen Vorzeichen stand als heute: „Ich war nie bei einem Auslandseinsatz“, berichtet Werner Gillmeier. Der Sohn aber kann sich das durchaus vorstellen. „Es sind ja noch ein paar Jahre hin“, sagt die Mama hoffnungsvoll.
Das sagt auch Matthias Busch, der den Stand leitet. Bei ihm klingt der Satz aber weniger hoffnungsvoll, sondern eher bedauernd. Bisher werden die Kreiswehrersatzämter schließlich nicht gerade mit Freiwilligen überschwemmt. „Aber wir müssen jetzt erst mal abwarten, wie das Interesse in der Bevölkerung sich entwickelt“, sagt Busch. Es sei noch viel Öffentlichkeitsarbeit nötig, um junge Menschen über die Möglichkeiten beim Bund zu informieren.
Abwarten heißt es auch im Nürnberger Kreiswehrersatzamt. Dort, wo noch bis vor kurzem die Wehrpflichtigen gemustert und einberufen wurden – die letzten am 1. Januar –, werden nun unangenehme Gespräche mit den Mitarbeitern geführt: Was könnten sie sich beruflich vorstellen, wenn die Behörde geschlossen wird? Ob das geschieht, werde man wohl erst im Sommer erfahren, sagt Amtsleiter Gerd Eickmeyer.
Bisher hätten sich 34 Freiwillige in Mittelfranken verpflichtet, so Eickmeyer. Was nach wenig klingt, ist im bundesweiten Vergleich eine ganze Menge: 1255 Freiwillige haben sich bei den 52 Kreiswehrersatzämtern in Deutschland gemeldet, durchschnittlich also nur rund 24 pro Behörde.
25 der 34 mittelfränkischen Freiwilligen haben sich für den sechsmonatigen Wehrdienst entschieden, den es ab 1. Juli nicht mehr gibt. Dann tritt das Wehränderungsgesetz in Kraft, und der Freiwilligendienst dauert 12 bis 23 Monate. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass auch Frauen sich als Freiwillige melden dürfen. Elisabeth Seidel (19) hätte sich das gut vorstellen können, ebenso wie ihr Partner Mario Tillmanns (21). Aber nun haben die Hausfrau und der Maurer ein Kind. „Und da überlegt man: Was ist, wenn ich von einem Auslandseinsatz nicht zurückkomme?“ Einerseits sei es wichtig, dass sich Deutsche finden, die bereit sind, ins Ausland zu gehen. „Aber es gibt ja genügend Leute, die keine Familie haben“, sagt Seidel.
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