Der CO2-Anstieg versauert die Ozeane
11.04.2011, 19:03 Uhr Wale und Delfine spielen in der Ozeanographie keine Rolle. „Von einem Meteorologen erwartet man auch nicht, dass er über Vögel Bescheid weiß“, sagt Brix über sein Arbeitsgebiet, die physikalische Meereskunde. Der Forscher entwickelt Computermodelle, mit denen in Zukunft überprüft werden soll, wie viel Kohlendioxid jedes einzelne Land in die Atmosphäre entlässt.
Der CO2-Gehalt der Lufthülle wird momentan von dem japanischen Satelliten GOES überwacht, Anfang 2013 kommt die amerikanische Sonde OCO hinzu. Es bedarf aber komplexer Klimamodelle, um deren Daten so zu interpretieren, dass sie die Verursacher der „Luftverschmutzung“ preisgeben.
Ein wichtiger Faktor ist die natürliche Speicherung von Kohlendioxid in den Ozeanen. Das Gas verwandelt sich im Meerwasser zu Kohlensäure, die alle Organismen „angreift“, die ein Kalkskelett besitzen. Neben den Korallenriffen ist vor allem das Plankton betroffen, auf dem sämtliche marinen Nahrungsnetze aufbauen.
Der Kohlendioxidanstieg in der Atmosphäre führt also nicht nur zu einer Erwärmung, sondern auch zu einer Versauerung der Ozeane. „Wir wissen nicht, was wir da anrichten“, sagt der Meereskundler. Sicher sei nur, dass die Effekte zeitverzögert aufträten. Auch wenn wir sofort jeden Kohlendioxidausstoß stoppten, würde die Erde in den nächsten 200 bis 300 Jahren um fast ein Grad wärmer werden, so Brix.
Doch dabei wird es nicht bleiben, weil sich die Welt nicht einigen kann. „Große Verträge zur CO2-Reduzierung sind derzeit eine Illusion“, meint Brix mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen in Kopenhagen. Es sei daher besser, sich vorerst auf andere Treibhausgase zu konzentrieren. „Das Montreal-Protokoll von 1989 zur Abschaffung der Emissionen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKWs) ist der einzige funktionierende Klimavertrag“. Wenn es gelänge, auch alle anderen Chlorkohlenwasserstoffe (CKWs) in das Abkommen zu übernehmen, wäre ein wichtiger Schritt getan, sagt Brix. Die Gruppe der CKWs (einschließlich FCKWs) seien immerhin für 20 Prozent des Treibhauseffekts verantwortlich.
Leider dringe der wissenschaftliche Konsens nicht bis zur Bevölkerung vor, sagt der Ozeanograph. In den USA führe ein fehlgeleiteter Fairness-Gedanke dazu, dass wissenschaftliche Außenseiter die anthropogenen Ursachen der Erderwärmung immer wieder in Frage stellen dürfen. Die Stimmung sei aggressiv. Auch er habe schon Hass-E-Mails erhalten, nur weil er in einer konservativen Zeitung die Folgen des Klimawandels beschrieb. „Ein US-Senator vertritt die Ansicht, dass es laut Bibel keine zweite Sintflut geben wird“, berichtet Brix. „Wie soll man dagegen argumentieren?“
Abseits der nationalen US-Politik gäbe es aber in den einzelnen Bundesstaaten durchaus Programme zum Klimaschutz. Und natürlich forsche man auch über Anpassungsstrategien. So untersucht die US-Navy, wie Brücken und Hafenanlagen mit dem Meeresspiegelanstieg zurechtkommen.
Doch auch in dieser Frage tappt die Forschung noch im Dunkeln. Das Abschmelzen der Gletscher werde sich an den einzelnen Küstenlinien recht unterschiedlich auswirken, sagt Brix. Norwegen sei womöglich nur schwach betroffen, Länder in den Tropen dagegen stark. „Generell wissen wir nicht, wie unangenehm es für uns wird.“
Holger Brix spricht am Mittwoch um 19 Uhr im Fabersaal des Bildungszentrums, Gewerbemuseumsplatz 2
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