Ein Nürnberger lehrt im afrikanischen Busch
12.1.2011, 18:31 UhrWas ihn 8000 Kilometer entfernt von seiner Heimat Nürnberg erwarten würde, wusste Florian Kubiak bis zum Abflug immer noch nicht so genau. Nur, dass ihn das Flugzeug ins namibische Windhoek bringen und er die kommenden sechs Monate in einem 500-Einwohner-Dorf im afrikanischen Busch als Lehramtspraktikant arbeiten würde.
„Den aktuellsten Stand, den ich habe, ist der vmeiner Vorgänger von vor zwei bis drei Jahren“, sagt der 34-jährige Nürnberger kurz vor seinem Abflug. Auch die Suchmaschine im Internet konnte ihm da zuvor nicht weiterhelfen. Das Dorf ist auf der Karte nicht auszumachen. Kubiak bleibt entspannt. „Ich bin ein spontaner Mensch“, sagt er mit einem Lachen.
Dieter Poschardt, Leiter des Amts für Auslandsbeziehungen an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät (EWF) in Nürnberg, setzt Selbstständigkeit und Eigeninitiative bei den Studenten voraus, die sich bei ihm für das Praktikum als Lehrer in Namibia bewerben. „Wir wollen die Neuen nicht zu sehr in ihrer Arbeitsweise beeinflussen, wenn sie von den Vorgängern haarklein erfahren, wie sie vor Ort gearbeitet haben“, sagt Poschardt. „Es werden eben Kompetenzen gefordert, die an der Uni nicht gelehrt werden.“
Die Kompetenzen sind vor allem Einfühlungsvermögen und eine hohe Sensibilität gegenüber der Kultur des afrikanischen San-Volkes, mit dem die deutschen Studenten zusammenarbeiten. Eigentlich ziehen die San als Nomaden durchs Land. Doch sie wurden von anderen Stämmen sowie den weißen Einwanderern verdrängt, die auch massiv gegen sie vorgingen, wenn die San auf „fremdes“ Territorium gelangten.
Das sogenannte Ombili-Projekt, für das Kubiak arbeiten wird, will den San ein sesshaftes Leben ermöglichen, um ihre Kultur wenigstens in Teilen zu erhalten. 1989 stellte der deutsche Auswanderer Klaus-Jochen Mais-Rische seine Farm Hedwigslust, südlich von Windhoek, zur Verfügung, um die herum die San bis heute ein Gemeinschaftshaus, einen Kindergarten, Schulen, Werkstätten und Häuser errichtet haben.
Handwerk und Spontanität sind sehr gefragt
Kubiak und sein Kommilitone Dominik Kress sollen die Jugendlichen in dem Dorf unterrichten, gleichzeitig aber auch an Projekten mitarbeiten. Im März wird dann auch Kubiaks Freundin Alexia Fischer nachkommen und im ansässigen Kindergarten ein neues Projekt auf die Beine stellen. „Ich denke, die Drei sind ein unglaublich gutes Trio, das die San fördern und motivieren können wird“, ist sich Poschardt sicher.
Florian Kubiak hat den Amtsleiter an der EWF vor allem durch „sein reifes und überlegtes Handeln sowie sein soziales Engagement“ überzeugt. Auch, dass er vor dem Studium bereits eine Lehre als Elektrotechniker bei Bosch absolviert hat, war ein Pluspunkt. „Das handwerkliche und technische Geschick, zusammen mit dem Lehramtstudium, ist eine gute Mischung“, sagt Poschardt. „Ich vermute, dass verstärkt auch meine technische Seite gefragt sein wird und ich ein Telefonnetz für das Dorf aufbauen soll“, sagt Kubiak. „Aber ich werde erst vor Ort sehen, was ich wirklich machen soll.“
Als Praktikumsgehalt bekommen er und Kress lediglich etwas Taschengeld, dafür aber frei Kost und Logis. Den Flug zahlen alle Studenten grundsätzlich aus eigener Tasche. Derzeit arbeiten 17 Lehramtstudenten aus ganz Bayern in namibischen Schulen, so Poschardt. „Insgesamt waren bereits 200 Studenten in den vergangenen zwölf Jahren in Namibia“, betont Poschardt. Doch nur wenige waren bisher im Ombili-Projekt beschäftigt wie Kubiak und Kress jetzt. Deswegen wird sie in den kommenden Wochen auch das ZDF besuchen kommen, um die Arbeit der zwei Studenten mit der Kamera zu verfolgen. Dann wird Kubiak auf dem neuen Digitalsender ZDF Neo in einer Serie über Studenten im Ausland zu sehen sein.
Am Tag vor der Abreise überwiegt bei dem Lehramtsstudenten vor allem die Vorfreude auf die Zeit in Namibia. „Es ist mein lang gehegter Wunsch, einmal im Ausland zu arbeiten und mich hat Afrika schon immer begeistert.“
Doch was genau er nach Namibia mitnehmen wird, macht ihm bis zum Schluss Kopfzerbrechen. Gerade ist es in Afrika noch Sommer. Aber im Winter kann es auch dort empfindlich kalt werden. Heizung gibt es in dem abgeschiedenen Dorf nicht. Auf Bücher verzichtet er letztendlich, dafür hat er aber einen Schlafsack und seinen Laptop im Gepäck.
Als nicht ganz alltägliches Reiseaccesoire nimmt der 34-Jährige auch eine Slackline mit. Auf dem breiten Gummiband, das zwischen zwei Bäumen gespannt werden kann, sollen sich die Schulkinder austoben können. „Ich glaube nicht, dass die Kinder dieses Sportgerät kennen. Aber sie werden es lieben lernen“, ist sich der passionierte Kletterer sicher, der mit der Slackline regelmäßig seinen Gleichgewichtssinn trainiert.
Poschardt weiß genau, dass Kubiak der richtige Kandidat für das Ombili-Projekt ist: „Sie werden Florian unheimlich mögen und ihn nach sechs Monaten gar nicht mehr gehen lassen möchten.“
www.ombili.de
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