Eine Chance für arbeitslose Straftäter

03.03.2012, 11:18 Uhr

Neu sei, dass erstmals nach den Amtsgerichten Laufen (Oberbayern) und Memmingen (Schwaben) nun eine Großstadt die Ideen des Projektes aufgreift und umsetzt, wie Richterin Gabriele Gemählich erläutert. Ziel ist es, Jugendlichen neue Möglichkeiten aufzuzeigen und ihnen idealerweise eine Ausbildung oder eine Anstellung zu verschaffen, um weiterer Kriminalität vorzubeugen. Auf den Weg gebracht haben das Projekt das hiesige Jugendgericht sowie die Jugendgerichtshilfe und die Arbeitsbehörden. Gabriele Gemählich, Leiterin des Jugendgerichts und der Jugendarrestanstalt, erläutert das Konzept: „Oft ist die Perspektivlosigkeit der arbeitslosen Jugendlichen und Heranwachsenden die Ursache für die Straftat. Da wollen wir sie herausholen.“

Im Rahmen eines Urteils oder einer Bewährungsauflage können die sechs Nürnberger Jugendrichter nun die Täter anweisen, an dem Projekt teilzunehmen und sich zum Arbeitsamt zu begeben. Dort werden sie in Jobs, Maßnahmen und Ausbildungen vermittelt, oder lernen erst einmal, wie man Bewerbungen schreibt. „Fordern und Fördern“ erfolgt in vier Schritten. Zunächst müssen sich die Kandidaten innerhalb von zehn Werktagen nach dem Richterspruch persönlich bei der Agentur für Arbeit am Richard-Wagner-Platz oder beim Dienstleistungszentrum des Jobcenters U25 in der Sandstraße anmelden. Sie sind sodann verpflichtet, zu dem vereinbarten Beratungsgespräch zu gehen.

Dort wird mit ihnen eine Eingliederungsmaßnahme vereinbart, an die sie sich vier Monate halten müssen. Befolgen sie die Termine und Angebote nicht, kann das Jugendgericht unverzüglich einen Ungehorsamsarrest von bis zu vier Wochen verhängen. Im besten Fall steht am Ende der Eingliederung ein berufliches Weiterkommen.

Laut Gemählich eignet sich das Projekt für die Mehrheit der jungen Straftäter und zwar unabhängig von dem Delikt, das sie begangen haben. „Es scheitert nie an den Möglichkeiten, immer nur an der Haltung der Jugendlichen“, weiß die erfahrene Juristin. Sie hat es zum Großteil mit jungen Menschen zu tun, die keine Tagesstruktur kennen, lange schlafen und wenig Verantwortungsbewusstsein kennen.

„Man muss sie aus der Lethargie herausholen und ihnen signalisieren: Du kannst etwas“, so die Richterin. Natürlich sei das Gericht auf die Mithilfe des Jugendamtes und der Arge angewiesen. Von den Eltern sei keine Unterstützung zu erwarten.

So führe die Jugendgerichtshilfe mit geeigneten Kandidaten Vorgespräche, die man dann im Prozess festklopft. Die Vorteile des Projekts liegen für Gemählich auf der Hand: Den Jugendlichen werde geholfen, es seien keine zusätzlichen Gelder erforderlich, da die Arge und das Jobcenter ohnehin ihre Beratungen anbieten. Und schließlich unterstütze das Gericht die Tätigkeiten der Arbeitsverwaltung, indem es mit Druck auf die Jugendlichen einwirke.

Auch Uwe Kronbeck, Teamleiter des Jobcenters, der die Umsetzung des Projektes mitentwickelt hat, ist zuversichtlich, bei manch einem Jugendlichen „den Schalter umzulegen“. Feste Verfahrensregeln seien wichtig, um den Straftätern „glasklar vor Augen zu führen, dass eine gute Kooperation zwischen Justiz, Jugendgerichtshilfe und Arbeitsverwaltung da ist“.

Eine geeignete Maßnahme suchen

Im Einzelfall sei dann, je nach Biografie, die geeignete Maßnahme zu treffen — von einer Tätigkeit in den Werkstätten bis hin zu einer beruflichen Qualifikation. Das A und O sei das Mitmachen der Jugendlichen. Auch Kronbeck sieht es positiv, dass bei Verstößen gegen die Eingliederungsvereinbarungen die Justiz mit Arrest-Sanktionen und die Arbeitsverwaltung mit Finanzmittelkürzungen reagieren können.

Für den Teamleiter bleibt nun abzuwarten, ob man die Idee von „Fordern und Fördern“ auch zu einem „glorreichen Ende“ führen kann. Allerdings dürfte der Anlauf schwierig sein: Hat Richterin Gemählich schon gegen zwei ihrer Pappenheimer eine solche Weisung ausgesprochen, so hat sich bislang beim Jobcenter noch niemand gemeldet.
 

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