Erinnerung an die Ouzo-Elf und den Suppenkasper Franz

14.06.2010, 00:00 Uhr
Erinnerung an die Ouzo-Elf und den Suppenkasper Franz

© Hagen Gerullis

Sein Dasein als Club-Fan zelebriert Stefan Graf auf gewagte Weise: Im Sommer trägt er zum Entsetzen seiner Frau zu kurzen Hosen gern seine handgestrickten 1. FCN-Strümpfe in Rot-Schwarz. Ursel, seine Kollegin, hat sie ihm geschenkt, als er ihr mal den Computer reparierte. Martin Rehbock aus München hingegen verehrt sein altes Panasonic-Radio. Jeden Samstag hört er darin mit seinem kleinen Sohn Philipp die Bundesliga-Schlusskonferenz. Dabei denkt er nostalgisch an seinen verstorbenen Vater, der mit ihm dasselbe Ritual pflegte.

Herrn Grafs Wollstrümpfe, Herrn Rehbocks Radio – zwei Reliquien zur Verehrung des Fußballgotts. Mehrere Nürnberger Künstler und der Kabarettist Matthias Egersdörfer hatten im Rahmen ihrer reichlich skurrilen WM-Auftaktfeier »Kunst und Spiele MMX« das Publikum aufgerufen, »Fußball-Reliquien« einzureichen. Die Organisatoren Wilhelm Wiesner und Thorsten Gröber meldeten es in Internetforen und in der Presse: Man würde gerne Fotos von den kuriosesten Fanartikeln mit den dazugehörigen Geschichten sammeln. So könnte man Sport und Kunst unterhaltsam verbinden.

»Vielleicht war das suspekt«, mutmaßt Wiesner. Außer seinem Partner Gröber machten nur neun Menschen mit. Gerahmte Abbildungen der zehn Objekte vom Eierbecher bis zum Autogramm-Ball sind bis zum WM-Finale im Biergarten der Schanzenbräu-Wirtschaft ausgestellt, während die Veranstalter auf weiteren Ertrag hoffen.

Zur Erheiterung lohnt es sich, die Texte auf dem mit Grablichtern zum Altar umgewandelten Bord zu studieren. »Chapeau, Herr Stein, Sie sind mein Fußballheld!«, schreibt etwa Maximilian Emmerling. Damit meint er den Ersatz-Nationaltorwart Uli Stein, der 1986 aus der WM in Mexiko heimgeschickt wurde, weil er Franz Beckenbauer als »Suppenkasper« betitelt hatte. Monika König hat ein Foto ihrer Schwabacher Kneipen-Fußballmannschaft eingeschickt: Die überlebte ein Turnier, in dem ein Spieler statt Roter Karte fünf doppelte Ouzos bekam.

Dazu sind in der Kneipe elf Siebdrucke von elf Nürnberger Künstlern ausgestellt. Peter Angermann, Gerd Bauer, Toni Burghart, Christian Dümmler, Anke Hellmich, Thomas Lunz, Philipp Moll, Dan Reeder, Harri Schemm, Wolf Sakowski und Reiner Zitta würdigen den Fußball zumeist humoristisch (Kaufpreise 120 bis 200 Euro). Statt eines Herrgottswinkels hängt in der Ecke ein Fernseher mit dem palavernden Matthias Egersdörfer in Nasenloch-Nahaufnahme: Zu hören sind die mehr als 1600 Einträge seines 2006 entstandenen Fußball-Lexikons. Nur über Kopfhörer, für den Kneipenfrieden. Isabel Lauer

Ausstellung und tägliche TV-Spielübertragung bis 11. Juli im Schanzenbräu, Adam-Klein-Straße 27, geöffnet Mo.–Sa. 16–1 Uhr (zu Deutschlandspielen früher), So. 11–1 Uhr.

Fotos und Texte von Fußball-Reliquien für die Ausstellung können weiterhin an info@kunst-und-spiele.eu geschickt werden.

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