Im goldenen Käfig: Gauck seit zwei Jahren im Amt
17.03.2014, 21:43 Uhr
Und nun sitzt Gauck seit zwei Jahren in einem goldenen Käfig namens Schloss Bellevue, umstellt von Protokollbeamten, Redenschreibern, Bodyguards und Referenten.
Jede Stunde ist verplant, jeder Schritt vorgezeichnet, und alles, was er sagt, wird bewertet, abgewogen, auf Botschaften hin abgeklopft. „Ich hoffe, dass ich in fünf Jahren noch ein bisschen der alte Gauck bin“, hatte er vor seiner Wahl ahnungsvoll geunkt.
Nun, im Augenblick ist er es noch, wenn man von dem etwas gravitätischen Gebaren einmal absieht, das er amtsbedingt an den Tag legt.
Natürlich ist ihm Spontaneität nur in engen Grenzen erlaubt, sind ihm Spott, Sottisen und lockere Sprüche von Amts wegen verboten. Political correctness ist in diesem Amt oberstes Gebot, schon die Titulierung der NPD als Spinner-Truppe, eine eher zurückhaltende Bewertung dieser Leute, hat dem Bundespräsidenten eine Menge Ärger eingebracht. Was den Gauck-Stil ausmacht, ist der „pädagogische Eros“ (Gauck), der Hang zum Erziehen, Belehren, Moralisieren. Anlässe gibt es ja genug für den einstigen Pfarrer. Gauck hat sich die Deutschen in den letzten Jahren genau angeschaut und erhebliche Verwerfungen in ihrer Seelenlandschaft festgestellt. Allzu verzagt seien sie, so seine Diagnose, zu wenig zupackend und lebensfroh und trotz ihrer wirtschaftlichen Stärke von eher schwächlichem Selbstbewusstsein.
Das Hitler-Trauma diene als Vorwand für ein passives, bequemes Nischendasein abseits der Weltpolitik, so Gauck. Die Aufräumarbeit in den Schmutzwinkeln der Welt überlasse man möglichst den anderen. Doch das Deutschland von heute könne sich weltpolitischen Herausforderungen nicht länger mit Hinweis auf seinen nazistischen Sündenfall entziehen, es müsse mehr Verantwortung übernehmen – militärische Aktionen eingeschlossen.
Jedem anderen Politiker würde man derartige Wacht-auf-Appelle verübeln, nicht aber dem elften Bundespräsidenten; er findet instinktiv den richtigen Ton, auf der Münchner Sicherheitskonferenz ebenso wie bei den Gedenkfeiern ehemaliger Nazi-Opfer.
Zwei Jahre Bundespräsident Gauck: Mehr denn je ist es ein Rätsel, warum Angela Merkel dieses Staatsoberhaupt verhindern wollte.
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