Jeden Tag drei Millionen Lebkuchen

03.09.2007, 00:00 Uhr

Rund 450 Mitarbeiter und Ehemalige strömen in den Festsaal des Maritim Hotels. Der Ehrengast jedoch lässt auf sich warten. Innenminister Günther Beckstein gibt erst noch ein Zeitungsinterview. Danach aber ist er bereit für seine Festrede. Das schriftliche Konzept dafür verwirft er kurzerhand. «Wenn ich das eingedeckte Besteck anschaue, weiß ich, dass nicht die Geschichte des Lebkuchens sondern die Qualität des Essens Hauptinhalt der Veranstaltung ist.»

Dementsprechend kurz ist die sehr persönlich gefärbte Laudatio. Vor Jahren sei Henriette Schmidt-Burkhardt über einen neuen Geschäftsführer unglücklich gewesen, verrät Beckstein. Der Mann sei aus einer Kapitalgesellschaft gekommen, mit Methoden, die der Unternehmerin gründlich missfallen hatten: «Ich will lieber ein paar Euro weniger verdienen, als meine Mitarbeiter schikanieren zu lassen.» Der Neue musste wieder gehen.

Die Firmengeschichte von Lebkuchen-Schmidt ist auch eine Familiengeschichte, erzählt Geschäftsführer Rüdiger Klemp. Begonnen hat sie anno 1926. Da stand Edmund Otto Schmidt unverhofft mit einem Eisenbahnwaggon voll Lebkuchen da, die sein Bruder in Thüringen von einem Kunden in Zahlung genommen hatte. Otto sollte sie in Nürnberg vermarkten. Das brachte ihn auf eine damals revolutionäre und auf der ganzen Welt einmalige Idee. Er ließ die Lebkuchen zu Sortimenten für den Endverbraucher zusammenstellen und warb dafür mit Anzeigen in regionalen und überregionalen Zeitungen. Der Lebkuchenversand war geboren. Die ersten Sortimente waren ein Renner.

Dermaßen ermutigt, gründete E. Otto Schmidt 1927 eine eigene Firma und stieg mit zehn Mitarbeitern in die Lebkuchenproduktion ein. Pakete wurden mit einem Leiterwagen zur Post gefahren. Schon zwei Jahre später platzte der gemietete Raum in der Voltastraße 91 aus allen Nähten. Er wurde erweitert und ein zweiter Backofen angeschafft. Die Produktion verdoppelte sich und Schmidt stellte 20 neue Mitarbeiter an, während der Saison kamen weitere 60 dazu.

Vom Erfolg beflügelt, kaufte der Firmengründer 1930 in der Guylaerstraße 9 ein Grundstück und fing an zu bauen. Ein mutiger Schritt ein halbes Jahr nach dem Schwarzen Freitag an der New Yorker Börse, dem Beginn der Weltwirtschaftskrise. Doch nicht die wirtschaftliche, sondern die politische Entwicklung brachte das Aus für den Unternehmer E. Otto Schmidt. 1938 wurde die Firma enteignet und von «EOS» in «Julmond» umbenannt.

Erst zehn Jahre später war E. Otto Schmidt wieder alleiniger Inhaber seiner Firma und steuerte weiter auf Expansionskurs. Den Umzug 1963 an den heutigen Standort in der Zollhausstraße erlebte der Firmengründer nicht mehr, er war zwei Jahre vorher im Alter von 69 Jahren verstorben. Nach dem Tod seiner Söhne Rudolf und Martin Schmidt-Burkhardt wurde 1987 Rudolfs Witwe, Henriette Schmidt-Burkhardt, geschäftsführende Gesellschafterin. Sie verkündete am Jubiläumsabend, dass auch ihre Nachfolge geregelt sei. Sie habe eine Stiftung gegründet, und diese habe die ausschließliche Aufgabe, die Firma und auch die Arbeitsplätze zu erhalten.

Heute arbeiten bei Lebkuchen-Schmidt in modernsten Fabrikationshallen rund 800 Mitarbeiter. In einem Drei-Schicht-Betrieb werden täglich aus etwa 80 Tonnen Rohstoffen - traditionell Mandeln, Nüsse, Honig, Zucker und Mehl - etwa drei Millionen Lebkuchen gebacken und in alle Welt verschickt. In der Region engagiert sich Henriette Schmidt-Burkhardt als großzügige Geldgeberin für soziale und kulturelle Projekte.

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