«Man hat durch die Reform ein Chaos geschaffen»
27.02.2009, 00:00 Uhr Die Praxisklinik Zimber, Brendel, Hoesl und Maintz hat Konsequenzen aus der Reform gezogen: Zwei frei werdende Stellen werden nicht mehr besetzt. Das ist der Preis für einen auf 20 bis 40 Prozent geschätzten Umsatzrückgang. Bereits Anfang Februar sei das ihnen zustehende so genannte Regelleistungsvolumen für das erste Quartal ausgeschöpft, teilte die Praxisklinik mit. Doch ihre Patienten, betont Dr. Joachim Zimber, müssen nicht unter den Einbußen leiden.
Bislang wurde noch nicht einmal die vom bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder versprochene Beschränkung des Umsatzverlusts auf fünf Prozent garantiert. «Schriftlich liegt uns nichts vor», kritisiert Zimbel. Sicher scheint im Augenblick nur eins: «Man hat durch die Reform ein echtes Chaos geschaffen.»
Ein Chaos, durch das ein innerhalb der vergangenen 15 Jahre aufgebautes funktionierendes System vernichtet wird. So jedenfalls sieht es die Interessengemeinschaft, der sich laut eigenen Angaben auch über 400 Patienten angeschlossen haben.
Patienten wie Monika Decker, 59. Sie hat seit zehn Jahren Krebs. Wenn es sich vermeiden lässt, sagt sie, will sie sich nicht im Krankenhaus behandeln lassen. Drei verschiedenen Ärzten drei Mal ihre lange Leidensgeschichte zu erzählen, das ist eine extreme Belastung. «Außerdem möchte ich nicht jedes Mal aufs Neue von einem mir unbekannten Assistenzarzt die Frage hören, ob ich denn wisse, dass mein Krebs unheilbar ist.» Ihrem Onkologen vor Ort muss sie nichts erzählen. Er kennt sie seit der ersten Diagnose.
Oder Patienten wie Ursula Bober, 45. Sie hat seit 2003 Krebs. Und weil sie ambulant behandelt werden kann, kann sie auch weiterhin ihren Beruf ausüben. «Für meinen Arzt bin ich ein Mensch. Nicht nur eine Nummer wie in einem großen Krankenhausbetrieb», sagt sie.
Oder Patienten wie die Alleinerziehende, die ungenannt bleiben möchte. Für eineinhalb Tage bräuchte sie alle vier Wochen eine Kinderbetreuung. So lange dauert eine Chemotherapie in der Klinik. Bei ihrem niedergelassenen Onkologen muss sie für die Behandlung nur sechs Stunden investieren. Für diese Zeit findet sie jemanden, der sich um die Kinder kümmert.
Oder Patienten wie die 600 Menschen, die die Fürther Palliativservice GmbH in den vergangenen Jahren daheim versorgt hat. «Zusammen mit Apotheken und Ärzten haben wir mittlerweile ein Netzwerk mit einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst aufgebaut», sagt die Palliativkrankenschwester Manuela Savic.
Zu Hause versorgt, vor Ort behandelt werden. Das bedeutet für Krebspatienten: weniger Stress, mehr Sicherheit, weniger Angst, mehr Vertrauen in die Medizin in vertrauter Umgebung. Und weniger Zeitverlust, damit mehr Zeit für sich, für die Familie, für Freunde bleibt. Das bedeutet: mehr Lebensqualität für Menschen, denen vielleicht nicht mehr viel Zeit zum Leben bleibt. Und die nicht in der Anonymität der Klinik ihrem Tod entgegensehen müssen. Bayern will seinen Antrag am 6. März in den Bundesrat einbringen. Kathrin Walther
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen