Minarette hoch wie Kirchtürme?

17.12.2009, 00:00 Uhr

Evangelische Kirchen oder Bethäuser ohne repräsentative Kirchtürme, hatten die Habsburger bereits seit 1780 erlaubt. Aber die Türme waren dem katholisch geprägten Kaiserhaus als mögliches Zeichen der Macht zu symbolisch. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts änderten sie ihre Haltung.




Dass die in den Himmel ragenden religiösen Symbole – seien es Kirchtürme oder auch Minarette – immer auch als Machtsymbol zu sehen sind, das steht für den ehemaligen Stadtrechtsdirektor Nürnbergs, Hartmut Frommer,angesichts der Historie außer Zweifel. Bei einer Podiumsdiskussion in der interreligiösen Begegnungsstätte Brücke Köprü sagte der Jurist und engagierte evangelische Christ, man müsse dennoch bei allen Diskussionen über Moscheen und Minarette in Deutschland «als allererstes die Unverbrüchlichkeit der Religionsfreiheit in den Mittelpunkt stellen«.

Er erinnerte daran, dass «der Staat erkannt hat, dass Frieden in einem Land nur zu erreichen ist, wenn der Staat die Religionsfreiheit unterstützt«. Anders sei «ein friedliches Zusammenleben der Menschen« nicht möglich. Für ihn als Demokraten sei diese Erkenntnis wesentlich. Im Übrigen habe schon der Preußenkönig Friedrich der Große so gedacht. Die im deutschen Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit bedeute «die absolute Gleichbehandlung der Religionen und Konfessionen«. Deshalb könne man auch nicht der einen Religionsgruppe verbieten, ein Gotteshaus zu bauen und es der anderen erlauben. Natürlich aber sei das Baurecht zuständig dafür, dass nicht an jedem beliebigen Ort in jede beliebige Höhe gebaut werden könne. Auch Fragen wie die nach der Zahl der Stellplätze spielten immer eine Rolle.

Dagegen hat auch Wolfgang Butz vom Evangelischen Dekanat in Nürnberg, überhaupt nichts einzuwenden. Der Prodekan, der zuständig für die Südstadt ist, sieht die Sache freilich nicht ganz ohne Emotionen. So bereitet es ihm persönlich sehr wohl Sorgen, dass beispielsweise die Gustav-Adolf-Kirche in Lichtenhof im Jahr 1930 für 25000 evangelische Christen gebaut worden war. Heute habe die Südstadtgemeinde noch 7000 Gläubige. «Irgendwann werden wir uns fragen müssen, was mit der zu groß gewordenen Kirche passiert«, sagt er. Doch auch wenn der Schwund an Christen in der Südstadt sehr schmerzhaft sei, könne dies absolut kein Argument dafür sein, der zunehmenden Zahl von Muslimen in der Südstadt zu verbieten, dort Gotteshäuser zu errichten.

«Diese Menschen leben mit uns und sie haben hier ihre Heimat gefunden. Und beiden – Christen und Muslimen – geht es um das Seelenheil. Warum sollten Muslime ihren Glauben verstecken?« fragt er rhetorisch. «Und so könnte es in Zukunft durchaus sein, dass es ein Minarett in der Südstadt gibt, das genauso hoch ist wie der Turm der Christuskirche, um es mal etwas flapsig zu formulieren.« Butz rät im Übrigen denjenigen, die gerne Minarette verbieten würden, «zuerst einmal mit Muslimen selbst besser ins Gespräch zu kommen«.

Über diese Worte freute sich Nurettin Tilken, Schriftführer der Türkisch-Islamischen Gemeinde (Ditib) in Schwabach. Seine Gemeinde hatte ursprünglich eine Moschee mit Minarett in der Goldschlägerstadt bauen wollen. Vom Minarett ist man nach heftigem Streit abgerückt und baut nun ein ehemaliges Hotel zur Moschee um - auch ohne Kuppel. Tilken machte deutlich, dass unter denjenigen, die am meisten gegen den Moscheebau einer Moschee polarisiert hätten, «keine aktiven Kirchgeher« gewesen seien. Ganz im Gegenteil, von engagierten Christen habe es viel Unterstützung gegeben.

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