Mit treuem Blick und kalter Schnauze gegen die Einsamkeit

21.02.2009, 00:00 Uhr
Mit treuem Blick und kalter Schnauze gegen die Einsamkeit

© Fehlinger

Für diesen von den Wissenschaftlern als «nicht medikamentöse Therapieoption» bezeichneten Einsatz hat sich in Bad Windsheim bis jetzt ein netter Kreis von Tierliebhabern und Hunden aller Rassen (vom Dackelmix über den Parson Jack Russel, den Schäferhund, den Golden Retriever, den Border Collie oder einem Shiba-Inu-Rüden) zusammengefunden. Aber, wie Projektleiterin Christine Schöll betont: «Wir freuen uns, wenn sich noch mehr sozial Engagierte melden, denn dies soll ein langfristiges Projekt sein, das Positives im Landkreis bewirkt.»

Zuerst kommt der Besuchshunde-Eignungstest

Bevor Mensch und Hund der ersten Generation dieses Besuchsdienstes aktiv werden konnten, wurde natürlich getestet, ob sich das jeweilige Team für diesen sehr verantwortungsvollen Einsatz auch eignet. Wobei die Besitzer hauptsächlich ihren guten Willen mitbringen, der Hund hingegen einen sechsteiligen Besuchshunde-Eignungstest bestehen musste.

«Uns sind Hunde aller Rassen und fast jeden Alters willkommen», erläutert Christine Schöll die Anforderungen an die vierbeinigen Helfer. «Sie sollten aber zumindest ein Jahr alt sein, dann haben sie die Pubertät hinter sich. Außerdem sollten sie keine Schutzhundprüfung absolviert haben, da sie durch diese anders programmiert sind. Ein Schutzhund ist unter anderem darauf trainiert, Flüchtende oder Personen, die gestürzt sind, zu stellen, das wäre bei der Betreuung von Behinderten oder Dementen, deren Bewegungsmuster manchmal nicht vorhersehbar ist, kontraproduktiv.»

Unter der Anleitung von Hundetrainerin Tanja Huber aus Schellert bei Neustadt/Aisch wurde zuerst getestet, wie sich z. B. «Rambo», ein Schäferhundmischling, gegenüber fremden Personen verhält, denn nicht jeder Vierbeiner mag es, von Unbekannten angefasst zu werden. «Dass er dies duldet, ist die Grundvoraussetzung für einen derartigen Besuch», betont Tanja Huber.

Dann kam die spannende Frage, was macht «Ronja», eine Parson Jack Russel-Hündin, wenn ein Fremder schreiend an ihr vorbeiläuft oder gar stürzt? Reagiert sie darauf, oder ist ihr das egal? Wie benimmt sich «Scrollan», ein Border Collie, wenn plötzlich ein Schirm mit lautem Knall aufgespannt wird, eine humpelnde Person mit flatternder Kleidung auftaucht, jemand mit Gehstock oder Krücken den Hund umkreist und ein Rollstuhlfahrer angefahren kommt? Was macht er, wenn ein Auto unerwartet hupt, eine Papiertüte platzt oder Besteck mit lautem Krach herunterfällt? Lässt sich «Diji», eine Dackelmix-Hündin, von Fremden umarmen oder gar ein Stück herumtragen?

«Das alles sind Situationen, denen der Hund in der Praxis ausgesetzt sein könnte», erläutert Christine Schöll den Sinn dieser Testreihe. Diese scheint für die Hunde aber eher interessant als furchteinflößend zu sein, so gelassen absolvierten sie die einzelnen Stufen des Tests.

Zum krönenden Abschluss musste dann noch jeder Hund zeigen, ob er sich auch mit fremden Artgenossen versteht und im Slalom an «Aika», «Wotan» und «Annouk» vorbeilaufen. Das war ebenfalls kein Problem. Damit hatten sie eindrucksvoll bewiesen, dass sie als Besuchshunde geeignet sind.

Rollstuhlfahrer will anderen Mut machen

Die zweibeinigen Teilnehmer freuten sich sehr, bringt doch jeder ein großes Maß an Motivation mit, sich ehrenamtlich an diesem Projekt zu beteiligen: Manfred Steinbach aus Kaubenheim zum Beispiel hat bei einem Motorradunfall sein linkes Bein verloren und ist seither auf den Rollstuhl angewiesen. Um nicht in Depressionen zu verfallen, hat er sich den Golden-Retriever-Rüden «Arco» zugelegt und will jetzt mit diesem zusammen anderen Rollstuhlfahrern Mut machen, sich von so einem Schicksalsschlag nicht unterkriegen zu lassen: «Arco strahlt so viel Lebensfreude und Energie aus. Der Kontakt mit ihm lässt gar keine negativen Gedanken aufkommen. Ich hoffe, dass wir dies bei unseren Besuchen auch weitergeben können.»

Christiane Klinke-Götz stellt sich für dieses Besuchs-Projekt zur Verfügung, weil sie einerseits die 1. Vorsitzende des ASB-Regionalverbandes Bad Windsheim ist, und andererseits ihre «Ronja», eine Parson Jack Russel-Hündin, sehr kommunikativ ist. Sie hat gewissermaßen den Schalk im Nacken und strahlt so viel Fröhlichkeit aus, dass «Ronja» es vielleicht schafft, selbst bei vollkommen verstummten Patienten wieder ein Lächeln auf deren Gesicht zu zaubern.

Die anderen Teilnehmer begründeten ihr Engagement unter anderem damit, «Freude daran zu haben, sozial tätig zu sein», «anderen helfen» oder «vom eigenen Glück etwas weitergeben» zu können.

Damit sich die Erwartungen beider Seiten (der Besucher und der Besuchten) auch erfüllen, begleitet der ASB die Besuchsteams intensiv mit Schulungen und monatlichen Zusammenkünften, bei denen jeder die Probleme oder auch erfreulichen Ereignisse, die im Zusammenhang mit den Besuchen in Seniorenheimen, Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen entstanden sind, besprechen kann.

Großer Raum wird dabei natürlich auch dem vierbeinigen Partner des Teams eingeräumt, für den so ein Krankenbesuch harte Arbeit ist. Denn der Hund soll nicht nur Spannungslöser, Eisbrecher, Bedürfnisaufdecker und Brückenbauer sein, sondern sich auch noch vorurteilslos, geduldig und zärtlich dem Besuchten gegenüber benehmen. Wenn ein Patient auf die Aufforderung hin: «Spüren Sie das warme, lockige Fell, spüren Sie, wie weich sich der Hund anfühlt, spüren Sie, wie kühl seine Nase ist, wie samtig die Pfote», den Hund anfasst, ihn umarmt oder gar herumträgt, dann ist das - wie Tanja Huber erläutert - großer Stress für den Vierbeiner,

Nach dem Einsatz sollte daher jeder zuerst an seinen Hund denken, ihn ausführlich loben und diesem je nach Temperament und Alter entweder Ruhe oder eine Runde Auslauf zur Entspannung gönnen.

Und der zweibeinige Part des Besuchsteams? «Auch der wird manchmal zuerst das Bedürfnis nach Entspannung haben und einige Zeit brauchen, bis er das Erlebte verdaut hat», betont Christine Schöll. «Unsere monatlichen Teambesprechungen sollen dazu beitragen, dies leichter zu verarbeiten und damit die Motivation jedes Einzelnen zu erhalten.» Sylvia Czerweny-Fehlinger

Wer sich für den Besuchshundedienst des ASB in Bad Windsheim zur Verfügung stellen will, kann sich unter 0 98 41/66 90-0 oder 0 98 41/ 40 37 47 melden; wer ein Besuchsteam für Angehörige, eine Kindergartengruppe oder eine Schulklasse anfordern will, ebenfalls. Der Besuch erfolgt kostenlos. Weitere Besuchshundeteams gibt es bereits seit zwei Jahren in Forchheim, wo auch noch ehrenamtliche Helfer gesucht werden, Kontakt: www.asb-forchheim.de oder 0 91 91/70 07-0.

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