Moscheen in Süddeutschland: Von altbacken bis modern

Nürnberg - Rund 400 Moscheen gibt es in Bayern. Kaum einer stört sich daran, solange sie im Hinterhof untergebracht oder im Gewerbegebiet eingebettet sind – und kein Minarett in die Höhe ragt. Über die nun in Nürnberg geplante Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde in Gibitzenhof mit einem 13 Meter hohen Minarett ist mittlerweile ein Kulturstreit im Stadtrat entbrannt. Doch wie verlief dieser Prozess in anderen Städten im Süden Deutschlands?

Esslinger Moschee

Ort: Esslingen (10.000 Einwohner), zehn Kilometer entfernt von Stuttgart. Die Moschee steht an der Rennstraße und liegt in einem Mischgebiet in unmittelbarer Nähe zur griechisch-orthodoxen Kirche und Bahnanlagen.

Gemeinde: Diyanet

Architekt: Kadir Kassim

Baubeginn: 2006, Fertigstellung für 2014 erwartet

Kosten: 4 Millionen Euro

Ein Blick ins benachbarte Bundesland Baden-Württemberg hätte den Nürnberger Stadträten vielleicht ganz gut getan. Denn die Diskussion in der 10000-Einwohner-Stadt Esslingen, nur zehn Kilometer von Stuttgart entfernt, wurde dort bereits vor zehn Jahren geführt. „Die CDU-Gemeinderäte und die Freien Wähler haben sich schwer getan mit dem 25 Meter hohen Minarett und eine Scheindiskussion losgetreten“, erinnert sich Hermann Dorn, Redakteur bei der Esslinger Zeitung.

Die Räte setzten letztendlich durch, dass die Diyanet-Gemeinde eine Tiefgarage bauen lassen musste, um künftigen Verkehrsproblemen entgegenzuwirken. „Die Politiker hatten vermutlich gehofft, dass Diyanet aufgrund der hohen Auflagen ihre Pläne aufgeben würde.“

Doch die Esslinger Moschee wurde mit viel politischer Unterstützung von den SPD- und Grünen-Gemeinderäten gebaut. „Sie setzen sehr auf die Anziehungskraft dieser Moschee. Denn Diyanet ist eine sehr liberale Gemeinde.“ So sei die Öffentlichkeit mehr gegeben, als wenn Muslime in einer Hinterhofmoschee ihre Religion ausüben würden, argumentiert Dorn.

Sechs Jahre nach der Grundsteinlegung gleicht die rund vier Millionen Euro teure Moschee jedoch immer noch mehr einer Baustelle denn einer Gebetsstätte. Erst Ende 2014 rechnet die Gemeinde mit der Fertigstellung.

„Die Skeptiker sind leiser geworden“, sagt Dorn, der den Planungs- und Bauprozess seit zehn Jahren journalistisch verfolgt. Und ein bisschen stolz sind die Esslinger auch auf ihr muslimisches Gebetshaus, „denn Stuttgart hat es bis heute nicht geschafft, eine moderne Moschee zu bauen“. Die Esslinger Moschee wertet Dorn architektonisch als Fortschritt. Zahlreiche Glaselemente stünden für Transparenz und Offenheit, weiße Aluminiumelemente an den Außenwänden für die Moderne. Nur mit der Gestaltung der goldenen Betonkuppel sowie dem Minarett sei man in die alte Bautradition zurückgefallen. „Die Frage, ob man insbesondere das Minarett unbedingt immer nach dem klassischen Muster bauen muss, ist deshalb durchaus legitim“, so der Redakteur.

Islamisches Forum

Ort: Penzberg, Voralpenland. Die Moschee liegt im Zentrum der 16.000-Einwohner-Gemeinde.

Gemeinde: Islamische Gemeinde Penzberg

Architekt: Alen Jasarevic

Baubeginn: 2004, abgeschlossen 2005

Kosten: 3 Millionen Euro

© ddp

Im oberbayerischen Penzberg hat der Architekt Alen Jasarevic mit dem Bau der Moschee 2005 ein Zeichen gesetzt – wie sich Moderne, Religion, Tradition und Minarett miteinander vereinbaren lassen, ohne das katholisch geprägte Dorf im Voralpenraum gegen sich aufzubringen.

Das Minarett ist aus dünnen Stahlplatten zusammengefügt – in Anlehnung an den früheren Erzabbau in Penzberg – und wird nachts von innen beleuchtet. In die Stahlplatten ist der Ruf des Muezzins in arabischer Kalligraphie geschnitzt. Das quaderförmige Gebäude hat keine Kuppel, Glas und Sichtbeton sind wichtige Gestaltungselemente, verkleidet mit für die Region typischen Steinen.

Doch die islamische Gemeinde Penzberg hatte erheblichen Anteil daran, dass Skeptiker keinen Nährboden für ihre Argumente fanden. Von Anfang an wurde die 16000 Einwohner zählende Gemeinde sowie der Gemeinderat und die Kirchenvertreter mit in die Diskussion und den Entwicklungsprozess eingebunden. Der Bau, in dem neben der Moschee auch eine Bibliothek, ein Restaurant und Veranstaltungsräume untergebracht sind, wurde mit dem Namen „Islamisches Forum“ versehen.

Kocatepe-Moschee

Ort: Ingolstadt (126.000 Einwohner). Bayerns größte Moschee wurde in einem Industriegebiet im Nordwesten der Stadt errichtet.

Gemeinde: Diyanet – Türkisch-islamische Gemeinde zu Ingolstadt

Architekt: Hüssein Portakal

Baubeginn: 2006, Fertigstellung 2008

Kosten: 5,5 Millionen Euro

In Ingolstadt steht Bayerns größte Moschee. Sie ist gleich mit zwei Minaretten ausgestattet. Die Architektur der Kocatepe-Moschee der Diyanet-Gemeinde ist klassisch gehalten und der gleichnamigen Moschee im türkischen Ankara nachempfunden. Doch auch in Ingolstadt entstand nicht nur eine Gebetsstätte, sondern vor allem ein islamisches Kulturzentrum, ausgestattet mit Jugendclub, Versammlungs- und Sporträumen.

2005 war der Spatenstich für das 5,5 Millionen Euro teure Gebäude, das in einem Industriegebiet im Nordwesten der Stadt errichtet wurde. 2008 wurde es in Anwesenheit lokaler politischer und kirchlicher Prominenz eingeweiht. „Wir können stolz darauf sein, dass es auch von den Bürgern Zeichen der Unterstützung und kein Wort des ernsthaften Widerspruchs gegeben hat“, sagte Oberbürgermeister Alfred Lehmann damals. Kritik gab es am Rande der Veranstaltung nur aus dem rechten Lager und der Partei Christliche Mitte.