Opfer fielen auf abstruse Zinsversprechen herein
05.04.2011, 19:16 Uhr Zwischen 2005 und 2009 versprach der Kaufmann seinen Kunden, mit denen er zum Teil seit Jahrzehnten in geschäftlichem oder privatem Kontakt stand, „wahnwitzige Renditen von bis zu 120 Prozent im Jahr“, so der Richter. Mit insgesamt 34 Fällen des gewerbsmäßigen Betruges war hier aber nur die Spitze eines Eisbergs angeklagt worden. Frühere Taten sind bereits verjährt.
Im Februar 2010 tat Norbert P. das einzig Richtige: Er ging zur Polizei und zeigte sich selbst an. Schonungslos schilderte er seine Verfehlungen — also mit welchen frei erfundenen Geschichten von hoch verzinsten sicheren Kapitalanlagen er wen um welche Summe geprellt hatte. Erst aufgrund dieser Angaben konnte die Kripo überhaupt ermitteln und das Schneeballsystem entwirren. Der kooperative P. blieb dabei die ganze Zeit auf freiem Fuß, traf doch der sonst bei Betrug übliche Haftgrund der Verdunkelungsgefahr auf ihn nicht zu. P. hatte seinen Opfern anfangs noch tatsächlich die in Aussicht gestellten Gewinne ausgeschüttet, so dass sie ihm immer mehr Bares überließen — im festen Glauben, ihr Freund werde es weiter vermehren. Eine Kripobeamtin beschrieb die Ermittlungen im Prozess vor der 13. Strafkammer des Landgerichts als dennoch schwierig, gab es doch kaum Aufzeichnungen oder Unterlagen. „Man war ja befreundet“ und viele Abreden seien per Handschlag besiegelt worden, so die Zeugin.
Zehn Prozent Rendite pro Monat: Dieses Versprechen sei das „Zugpferd“ gewesen für die leichtgläubigen Geschädigten. Die hätten oft gar nicht mehr konkret nach der Art der Geldanlage gefragt, sondern P. blind vertraut. Manche seien später in Tränen ausgebrochen als sie von der Polizei die ganze Wahrheit erfuhren. Eine Frau habe mit 60000 Euro ihr gesamtes Vermögen an P. verloren.
Auch vor Gericht machte der bislang unbescholtene Versicherungsvertreter reinen Tisch und entschuldigte sich. Seinen Kunden sei kein Vorwurf zu machen, so der Angeklagte. Er habe nie genug verdient und auch nie einen hilfreichen Steuerberater gehabt. Einen Lottogewinn von 750000 Mark in den 1990er Jahren will er für die Tilgung von Schulden verwendet haben. Mittlerweile sei sein Mehrfamilienhaus verkauft worden, er wohne mit seiner Frau zur Miete und mache nur noch im Wohnwagen am Gardasee Urlaub.
Sein Mandant habe nicht richtig mit Geld umgehen können, aber auch keine Luxusvilla oder einen Ferrari besessen, sagte Verteidiger Ralf Lauchstedt. Der Anwalt wunderte sich, warum die Polizei nicht die Anleger nach der Versteuerung ihrer hohen Zinserträge befragt hatte. Die Kunden seien von reiner Geldgier getrieben worden.
Staatsanwalt Volker Bommer, der vier Jahre Haft beantragt hatte, hielt dem Angeklagten zugute, dass er von Anfang an mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hatte. Selten habe er solch eine Besonnenheit erlebt. Sogar die Reaktion der Polizei habe Norbert P. mit einkalkuliert. Dass er über Jahre das große Vertrauen seiner Kunden ausnutzte, müsse sich hier strafschärfend auswirken.
P. wird nun bald seine Haft antreten müssen.
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