Rauschkräuter im Lottoladen vertickt
16.11.2011, 20:12 Uhr Hans B. (Name geändert), der Besitzer eines Lottogeschäfts (43) hatte die Tütchen, die pro Gramm 16 Euro kosteten, anfangs über, dann unter der Ladentheke verkauft und damit 35-fach gegen die Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstoßen. Gestern kassierte er eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Zudem wird sein erzielter Gewinn von 30.000 Euro von der Justiz abgeschöpft. Dabei wird die gesamte Altersversorgung des Selbstständigen „draufgehen“.
Es war laut Staatsanwalt Christof Nixa ein Präzendenzfall in Nürnberg, wurden derartige Verstöße bislang doch nur durch Strafbefehle geahndet. Und offenbar befinden sich weitere, ähnliche Fälle in der Warteschlange der Ermittlungsbehörden. So sei ein Kräuterhändler aus dem Raum Schwabach, der seine Ware professionell in einem Onlineshop vertrieb, erst kürzlich festgenommen worden.
Auf der Anklagebank war der 43-jährige B. geständig, sagte aber, dass um ihn herum der Handel — vor allem im Internet — weiter floriere und er sich lange Zeit sicher gewähnt habe, dass er nichts Unrechtes tue. Er fühle sich als einziger an den Pranger gestellt. Ihm droht zudem der Entzug seiner Gewerbeerlaubnis.
Eine Polizeibeamtin schilderte im Zeugenstand, dass man in Nürnberg die Händler dieser Kräutermischungen aufgesucht und sie vor einer Strafbarkeit gewarnt habe. Diese Belehrungswelle habe weitgehend zum Erfolg geführt, nicht aber bei Hans B., der trotz Wissens um die Gefährlichkeit der Kräuter, dieselben munter weiter vertickte. Die Sache flog auf, als ein Junkie mit dem „Stoff“ aufgegriffen wurde und der auf der Wache seine Bezugsquelle nannte.
Dem Kraut beigemischt ist synthetisches Cannabis und damit ein verbotener Inhaltsstoff. Das führt einem Biologen zufolge, der als Sachverständiger angehört wurde, zu Rauschzuständen, aber auch zu unangenehmen Nebenwirkungen, wie Übelkeit und Erbrechen. Hans B. hat dies am eigenen Leib erfahren müssen und daraufhin wieder zur gewohnten Haschischpfeife gegriffen. Und so wurde er gestern auch wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt.
Weil Hans B. die Kräutermischung, die unter die Rubrik Arzneimittel fällt, vorrätig gehalten und damit in den Verkehr gebracht habe, sei er nach dem Arzneimittelgesetz zu bestrafen, waren sich Ankläger Nixa und Richterin Helga Kastner einig. Verteidiger Sven Markuske gab zu bedenken: „Die Kräutermischung wird immer noch als legal beworben.“
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