Rettungsanker für Quelle-Mitarbeiter
19.08.2009, 00:00 Uhr 470 Mitarbeiter des Kundendienstzentrums standen damals nach der Schließung der Callcenter QCCS (Quelle Customer Contact Services) am 31. Dezember 2007 auf der Straße. «Es traf angelernte Mitarbeiter, kaufmännische Angestellte bis hin zu Führungskräften», erinnert sich switch-Geschäftsführer Jürgen Bauerreiß. Häufig waren Mitarbeiter darunter, die seit 20, 30 Jahren die gleiche Tätigkeit ausübten. «Die Menschen landeten in einer sehr belasteten Gemütslage bei uns. Sie waren im Schock und es war dramatisch für sie, nicht mehr zu einem Betriebsteil dazuzugehören», so Bauerreiß. «Die Metapher der Quelle-Familie stimmt, sie wird gelebt. Die Menschen haben das Gefühl, eine Familie zu verlieren», beschreibt er die Gefühlslage, in der sich die Ex-Quelle-Mitarbeiter befanden.
Bei Bauerreiß’ Transfergesellschaft arbeiten Diplompsychologen, Pädagogen und Betriebswirtschaftler. Sie wissen, dass es nicht nur um einen neuen Job geht, sondern auch darum, das Selbstwertgefühl der Entlassenen zu stärken. «Die Menschen haben das Recht, bis zu zwölf Monate in der Transfergesellschaft zu bleiben», so Bauerreiß. «In dieser Zeit versuchen wir, mit ihnen zusammen eine neue Stelle zu finden.»
Nach der Basisberatung werden grundlegende Dinge geübt. Wie bin ich bei telefonischen Anfragen überzeugend? Wie gestalte ich meine Bewerbungsmappe? «Es ist eine Art Standortbestimmung: Wer bin ich, was kann ich? Dann wird ein Ziel festgelegt: Wo will ich hin? Und dann werden die Hindernisse aus dem Weg geräumt, die den Weg zum Ziel noch versperren», erklärt Bauerreiß. Das kann in Form von EDV- oder Englischkursen geschehen. Aber auch ein Staplerführerschein kann helfen.
Die Motivation sei bei den Arbeitsuchenden generell hoch. «Manche kommen schon in der ersten Woche mit Stellenanzeigen, auf die sie sich bewerben wollen.» Alle Arbeitssuchenden können auf die Hilfe der Transfergesellschaft bauen: «In einem aktuellen Projekt finden wir – trotz der Krise – 160 Stellenangebote pro Woche. Davon stammen nur 30 Prozent von Zeitarbeitsfirmen.» 50 Prozent der 470 Ex-Quelle-Mitarbeiter konnte switch 2008 zu einer Stelle verhelfen. «Bezogen auf die Teilnehmer, die dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung standen, war die Erfolgsquote noch deutlich höher.» Bei allem sei der Ausgangspunkt der Arbeitsuchende, nicht der Arbeitsmarkt. Man erörtere, ob eine Stelle zum Suchenden passt und nicht umgekehrt. «Die Menschen lernen auch, dass sie sich auf Jobs bewerben können, die nicht deckungsgleich mit ihrem bisherigen sind.»
Die Hälfte aller seiner Klienten sind angelernte Kräfte. «Zum Beispiel haben die Ex-Quelle-Mitarbeiter neue Arbeitsplätze als Lagerist, in der Gastronomie oder im sozialen Bereich.» Manche holten einen Berufsabschluss bei der IHK nach, andere fingen sogar eine Lehre an. «Drei Damen, die wir nach der Schließung der Quelle-Callcenter betreuten, haben einfach bei einem Altenheim geklingelt, bei dem zwei Stellen als Altenpfleger ausgeschrieben waren. Sie haben, mit einem schlüssigen Konzept in der Tasche, dem Heimleiter vorgeschlagen, sich die zwei Stellen zu teilen. Er war so positiv überrascht, dass sie eingestellt wurden.» Eine kaufmännische Angestellte wurde Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur, und eine Führungskraft konnte sogar einen Karrieresprung hinlegen. Der Mann übernahm die komplette Vertriebs-Abteilung bei einem Unternehmen. Zuvor hatte er nur einen Teilbereich betreut.
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