Rustikale Küche statt Strom

28.11.2006, 00:00 Uhr
Rustikale Küche statt Strom

Herbert Winter sucht für die Almosmühle an der Mühlgasse 1 einen Unternehmer, der mit hochwertiger Gastronomie das historische Gebäude zu neuem Leben erweckt. «Wir könnten uns auch eine richtig rustikale Bratwurstküche vorstellen“, erklärt Winter. Auf den 390 auf zwei Stockwerte verteilten Quadratmetern sei außerdem eine Kombination aus Gastronomie und Kleinkunst oder Ausstellungen möglich. «Einer wie Alfons Schuhbeck würde sich hier wohlfühlen“, glaubt Winter.

Auch eine Boutique könnte sich der Immobilienmakler in dem Gebäude vorstellen, in dessen Obergeschoss bereits zwei Wohnungen bezogen sind. In einer lebt ein bekannter Nürnberger Unternehmer auf 330 Quadratmetern mit einer guten Aussicht über die Innenstadt.

Die Almosmühle ist eines der wenigen historischen Gebäude Nürnbergs, die im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört worden sind. Im Jahr 1234 ist sie in einer Schenkungsurkunde König Heinrichs VII. an die Deutschordenskommende erstmals urkundlich erwähnt worden. Im Jahr 1419 verkaufte der Deutsche Orden die so genannte «Bachmühle“ an die Stadt Nürnberg. Das Anwesen wurde dem Stadt-Almosenamt unterstellt und trägt seitdem ihren Namen. Ihre vier Räder wurden vom Fischbach getrieben, der seit dem Jahr 1877 unterirdisch kanalisiert ist, den man aber vom Gullideckel neben der Almosmühle heute noch rauschen hört.

Die noch stehenden Gebäude der Almosmühle — neben der eigentlichen Mühle steht das ehemalige Gesindehaus, das schon vor längerer Zeit renoviert worden ist — wurden nach einem Brand 1617 errichtet. Im 18. Jahrhundert wurden schließlich aus statischen Gründen zwei bis drei Stockwerke abgetragen. Zuletzt war das Auktionshaus Klinger in den 80er Jahren in der Mühle. «Das Gebäude war sehr marode. Überall gab es Notabstützungen“, erklärt Architekt Uwe Andersen. Und das, obwohl eine Wand der Mühle die ehemalige 1,50 Meter dicke innere Stadtmauer ist.

Im Jahr 2001 hat Andersen, der auch den ganzen Katzwanger Stadtteil Am Hammer restauriert hat, die damals leerstehende Mühle erworben. Einen niedrigen siebenstelligen Betrag hat der Architekt aus Katzwang seitdem in die Sanierung gesteckt. Die Almosmühle wurde entkernt. «Wir haben in dem einsturzgefährdeten Gebäude die gesamte Statik neu gemacht“, erklärt Andersen, der zuvor schon fünf weitere Mühlen herausgeputzt hat. Die Außenfassade wurde erneuert, die Decken sind wieder tragfähig, eine komplett neue Technik wurde eingebaut.

1882 war die Almosmühle die modernste Mühle: Auf Anregung von Sigmund Schuckert nutzte man die Energiekapazitäten zur elektrischen Beleuchtung der Kaiserstraße und des Josephplatzes. «Hier wurde Nürnbergs erster Strom hergestellt“, bestätigt Andersen.
Markus Kaiser

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