Warum ist Nürnberg nicht Bezirkshauptstadt?

5.3.2012, 18:17 Uhr
Warum ist Nürnberg nicht Bezirkshauptstadt?

© Harald Sippel

Überschrieben hat er seinen Vortrag mit einem Zitat des früheren unterfränkischen Regierungspräsidenten Philipp Meyer: „Nürnberg ist für uns einfach keine Metropole“. Die NZ sprach vorab mit dem promovierten Historiker.

NZ: Herr Schott, Nürnberg soll keine Metropole sein? Wie kam Meyer denn zu dieser kühnen Behauptung?

Schott: Das geschah in einer Podiumsdiskussion im Jahr 1976, in der es um die mögliche Benachteiligung Frankens gegenüber Altbayern ging. Meyer wollte dabei die Bedeutung Unterfrankens herausstellen. Für ihn war Würzburg eine fränkische Metropole, nicht Nürnberg. Das lag wohl am unterfränkischen Bild von Mittelfranken. Ich bin in Würzburg aufgewachsen, und dort war es gang und gäbe zu sagen, lieber unter Münchner Knute als unter Nürnberger.

NZ: Ob Metropole oder nicht – jedenfalls ist Nürnberg nicht Bezirkshauptstadt. Warum erhielt Ansbach den Zuschlag?

Schott: Bayern wurde 1808 in Kreise eingeteilt. „Kreis“ war bis 1945 der Name für einen Regierungsbezirk. Diese Kreise wurden nach Flüssen benannt. Im heutigen Mittelfranken gab es zwei Kreise, den Pegnitzkreis mit der Hauptstadt Nürnberg und den Rezatkreis mit Ansbach als Hauptstadt. 1810 hat man die Kreise vereinigt unter den Namen Rezatkreis, 1837 wurde der Rezatkreis in Mittelfranken umbenannt. Es hätte die Möglichkeit gegeben, 1810 den Regierungssitz nach Nürnberg zu geben. Das hat man nicht gemacht.

NZ: Warum nicht?

Schott: Man kann nur spekulieren. Es gibt kein Schriftstück, in dem ein klarer Grund genannt wird. In der Literatur heißt es oft, 1809 sei der Grund. Damals haben die Österreicher einen Aufstand gegen Napoleon gemacht. Die Nürnberger schlugen sich auf die Seite der Österreicher, also gegen Bayern (das mit Frankreich verbündet war, Anm. d. Red.). Das hat den bayerischen Beamten nicht gefallen. Der zweite Aspekt: Nürnberg kam nicht runter von seinem Schuldenberg, und 1810 war das Jahr, in dem Bayern am nähesten an der Pleite war.

NZ: Gab es später Versuche, die Entscheidung zu korrigieren?

Schott: Ansbach hatte immer Angst, dass Nürnberg doch Kreishauptstadt wird. Es gab Briefe nach München oder an den Landtag, in dem die Ansbacher ihre Ängste ausdrückten nach dem Motto: „Wenn wir keine Regierung mehr haben, haben wir gar nichts mehr.“ Zum 1. Januar 1933, also noch vor dem Dritten Reich, wurde Mittelfranken mit Oberfranken vereinigt – mit Sitz in Ansbach. Die Staatsregierung wollte zuerst Nürnberg zur Hauptstadt machen, überlegte es sich dann aber doch anders. Ein Grund dafür war: Man hätte in Nürnberg ein repräsentatives Regierungsgebäude bauen müssen, das hätte viel Geld gekostet.

NZ: Wie ging die Debatte in der Nachkriegszeit weiter?

Schott: In den 1950er Jahren hat sich der damalige Nürnberger Oberbürgermeister Otto Bärnreuther dafür eingesetzt, dass Nürnberg Regierungssitz von Mittelfranken wird, das seit 1946 wieder von Oberfranken getrennt war. Aber die Staatsregierung hat das abgelehnt. Etwa zur gleichen Zeit begann Nürnberg seine enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Städten, die später in die Metropolregion Nürnberg mündete. Dass dieses Bündnis nach Nürnberg benannt ist – man hätte ja etwa von einer „Metropolregion Nordbayern“ sprechen können – ist vielleicht eine Art Ersatz. Irgendwie haben es die Nürnberger also doch noch geschafft, klarzumachen, wer die größte Stadt in der Region ist.

Schotts Vortrag beginnt um 19.45 (Gewerbemuseumsplatz 2, Raum 3.11), Eintritt: 7 Euro.


 

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