Wie Mann und Frau früher lebten

04.01.2011, 20:58 Uhr
Wie Mann und Frau früher lebten

© Kögler

Vorrangig geht es bei der Untersuchung um bekannte Persönlichkeiten des späten Mittelalters und der Renaissance. Alte Bücher dienen dabei u.a. als sozialgeschichtliche Quelle. „Unsere Geschichte ist keine geradlinige, sondern voller Brüche und Widersprüche“, erklärt Nadja Bennewitz.

Tatort Dürerhaus am Tiergärtnertorplatz: Mit 23 Jahren heiratet Albrecht Dürer Agnes Frey († 1539), die Tochter eines Freundes seines Vaters. Die Ehe bleibt kinderlos. Agnes ist stark in den Arbeitsprozess des Künstlers involviert. Ihr steht ein sogenanntes Trinkgeld zu, welches sie vom Auftraggeber einfordern kann. Dieses beträgt zehn Prozent der Gesamtsumme. Das Dürerhaus bezieht das Paar 15 Jahre nach Eheschließung. Hier lebten auch Bruder Andreas und Mutter Barbara.

Scheidung war ein Privileg der Reichen

Diese war zweieinhalb Jahrzehnte jünger als ihr Gatte Albrecht der Ältere und sie gebar in 25 Ehejahren 18 Kinder. Von denen allerdings nur drei überlebten. Albrecht beschreibt seine Mutter als eine emsige Kirchgängerin, die ihre Kinder „fleißig und oft bestrafte“.

Die nächste Station ist das Schreyer-Landauersche Gedächtnis-epitaph am Ostchor der Sebalduskirche. Das Epitaph schuf Adam Kraft 1492. Es zeigt die Verstorbenen im Kreise ihrer Angehörigen und somit das mittelalterliche Totengedenken. In der rechten Zone sieht man Vater Matthäus Landauer, Mutter Helena sowie die beiden Töchter dazwischen. Darunter Dorothea Landauer, zu diesem Zeitpunkt etwa 11 Jahre alt. Die reiche Dorothea heiratet den Patrizier Wilhelm Haller. Aus der Ehe gehen drei Söhne hervor. Doch sie war keine glückliche Paarung.

„Haller machte horrende Spielschulden“, sagt Bennewitz, „und wurde hierfür sogar in den Stadtmauerturm eingesperrt.“ Außerdem kommt es zu Gewalt in der Ehe. Dorothea verlässt die Noris und zieht auf ihr Gut Wolkersdorf. Es kommt zur Scheidung vor dem geistlichen Gericht in Bamberg. Sie nimmt ihren Namen Landauer wieder an, die Söhne behalten den Nachnamen des Vaters. Der Scheidungsanwalt wird ihr neuer Lebensabschnittspartner.

„Die Scheidung ist kein Phänomen des 20. Jahrhunderts, sondern war in früheren Zeiten eine standesspezifische Angelegenheit. Wer Geld hatte, konnte sich auch scheiden lassen“, so Schirmer. Ein weiteres Tafelgemälde aus dem frühen 16. Jahrhundert wurde von der Patriziersippe Holzschuher gestiftet. Es zeigt eine klare Geschlechtertrennung. Die Frau und die fünf Töchter heraldisch untergeordnet links, die beiden Ehemänner, der erste verstarb, heraldisch übergeordnet rechts. Von den Töchtern waren zwei verheiratet, „unter der Haube“. Zwei in einer „geistlichen Familie“, einer Klostergemeinschaft. Die fünfte blieb unverheiratet, mit offenem Haar und figurbetontem Kleid. „Diese sollte ja erst noch unter die Haube gebracht werden. Die Zeitgenossen wussten solche Feinheiten exakt zu deuten“, erläutert Bennewitz.

Unschicklich: Väter durften nicht bei der Geburt dabei sein

Das Ebner-Epitaph an der Sebalduskirche zeigt das Gnadenbild „Maria lactans“, die stillende Maria. Dieses Alleinstellungsmerkmal von Frauen galt als darstellungswürdig und fand sogar Aufnahme in den Kirchenraum. Doch stillten Frauen des oberen Bürgertums und des Adels ihre Kinder nicht selbst, sondern beschäftigten dazu Ammen. Dies ändert sich erst im Zeitalter der Aufklärung. Nun wird Stillen als ein inniges, emotionales Erlebnis für leibliche Mütter angesehen, das ihnen Befriedigung verschafft.

Das Pfarrhaus der Frauenkirche ist exemplarisch für Wohnen und Arbeiten in einem Patrizier-Haushalt. Das Erdgeschoss dient dem Handel. Der 1. Stock dem familiären Leben. Während der Mann sich auf Fernhandelsreisen begibt, übernimmt die Frau die Führung im Geschäft. Die Kinder werden im Haus entbunden. Hebammen rücken mit dem Geburtsstuhl an. Die frischgebackene Mutter kann einige Wochen Kindbettruhe halten, wenn dies finanziell möglich ist. Männer, auch nicht die Väter, sind aus Schicklichkeitsgründen nicht bei der Geburt zugelassen.

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