Wir besiegen das Müllmonster!
19.08.2011, 16:29 Uhr
Das wollten die Kinder auf keinen Fall riskieren und so begannen sie einzusammeln, was in der Natur rund um den Nürnberger Tiergarten nichts verloren hat: Das war einiges mehr als nur die Softair-Kugeln, die von den Kriegsspielen der Großen übrig geblieben sind. Leere Flaschen lagen im Wald, Plastiktüten, Papier, Zigarettenschachteln. „Wir haben ganz, ganz viel Müll gefunden“, sagt Jean-Luca.
Johanna Nohl und Stephanie Decker sind stolz auf ihre umweltbewusste Truppe. Die beiden Erzieherinnen sind für die 20 Kinder der Regenbogengruppe in der Hans-Georg Karg Kindertagesstätte zuständig – einer Einrichtung des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschland (CJD). In der Kita in St. Leonhard wird ein ganz spezielles Konzept verfolgt, hier spielen und lernen hochbegabte, „normale“ Kinder aus dem Stadtviertel und Kinder mit Behinderung zusammen. Projektarbeit wird großgeschrieben, die Ideen dafür liefern die Kleinen selbst. Reichlich. Und weil sie nicht wollen, dass die Natur vermüllt wird und die Tiere in Gefahr sind, beschlossen die Kindergartenkinder im Frühjahr, sich dem Thema Abfall zu widmen.
Sie räumten also erst einmal den Wald auf. Empört berichten sie davon, was sie am Schmausenbuck, den sie oft besuchen, noch so alles gefunden haben. „Eine Zahnbürste“, ruft Stella. „Eine Socke, eine Schaufel und eine volle Windel!“ Die Kinder sammelten die Sachen ein und brachten sie zu einem Abfallbehälter am Straßenrand.

Das war aber längst nicht alles. Die Regenbogenkinder verfolgten ihr Thema weiter: Sie besuchten die Müllverbrennungsanlage in Schweinau, durften dort Helme tragen, auf dem Platz des Müllkranführers sitzen, in den Kessel blicken, wo die Überreste des Großstadtkonsums ein Raub der Flammen werden. „Ein Korbstuhl und ein Bügeleisen waren auch dabei“, sagt Stella. Der Anblick hat sie schwer beeindruckt.
Der Zufall wollte es, dass zur selben Zeit die NZ ihre Müllserie startete. Gemeinsam mit ihren Erzieherinnen studierten die Kinder die Seiten und hängten sie an den Wänden ihres Gruppenraums auf. In einem Teil der Serie hatten wir über die Kompostieranlage im Süden der Stadt berichtet. Davon, dass die Männer dort sogar schon mal ein Krokodil im Biomüll gefunden haben. Was aus dem Tier geworden ist, wollen die Kinder wissen. Wir erzählen, dass es zu einer Verwertungsanlage für Tierkörper gebracht wurde. Die Kinder nicken verständnisvoll. „Man kann krank werden, wenn man ein totes Tier anfasst“, sagt einer der Jungs. „Da muss man Handschuhe anziehen.“
Die Kinder trugen Bücher zum Thema Müll zusammen. Weil es keine Spiele zu kaufen gibt, erfanden sie eigene und ersannen Regeln dafür. Sie bastelten Mülltonnen, Müllautos, ein Müllmonster. Sie dachten sich ein Müllmemory aus – und sie führten den papierlosen Freitag in ihrem Kindergarten ein. Denn als sie erfuhren, dass zur Herstellung von Papier Bäume gefällt werden müssen, wollten sie künftig sparsamer damit umgehen. „Deswegen spielen wir am papierfreien Tag eben mal mit anderen Sachen“, sagt Ella. „Mit Legosteinen oder in der Puppenecke. Wir haben genug zu tun.“

Und weil die Kinder ihr neues Wissen weitergeben möchten, haben sie einen Elternbrief verfasst. Mit einer Mahnung: Sie möchten nämlich nicht, dass ihr Vesper extra noch einmal in Alufolie verpackt in der Brotdose landet. „Die Kinder sind sehr aufmerksam“, sagt Johanna Nohl. Auch ihren Spielplatz haben sie unter Kontrolle, räumen auf, was Fremde über den Zaun werfen. Eisstiele sind oft dabei oder Zigarettenschachteln. Und natürlich, sie trennen auch in der Kita den Müll. Denn sie wissen schließlich, wo was hingehört. Dass tote Krokodile zum Beispiel nicht im Biomüll landen sollten. Da haben sie so manchem Erwachsenen einiges voraus. Das nächste Projekt steht übrigens auch schon bald an: Die Regenbogengruppe möchte sich mit dem Thema Polizei beschäftigen. Auch ein weites Feld.
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