«Wir wollen mehr bieten als nur Geld»

22.04.2010, 00:00 Uhr
«Wir wollen mehr bieten als nur Geld»

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Von einer familiären Atmosphäre zu einem familienfreundlichen Unternehmen ist es bei dem Hersteller für Spezialbrenner im Ortsteil Tennenlohe nicht weit. Die promeos GmbH bekam die Familienfreundlichkeit sogar Schwarz auf Weiß attestiert, als sie vor zwei Jahren von der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen zur Siegerin des Unternehmenswettbewerbs »Erfolgsfaktor Familie« gekürt wurde; die 30-Mann-Firma gewann in der Sparte der kleinen Unternehmen.

Acht der 30 Mitarbeiter haben individuelle Arbeitszeitmodelle

Bei der Preisverleihung in Berlin und der Laudatio auf seinen Betrieb ist Jochen Volkert erst aufgefallen, wie besonders das ist, was er bis dahin für selbstverständlich gehalten hatte: »Die Flexibilität und die Suche nach individuellen Lösungen für die Mitarbeiter ist bei uns ganz normal.« Das liegt vielleicht auch daran, dass Volkert ein Manager ist, der aus eigener Erfahrung weiß, was es heißt, Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu müssen: Er ist vierfacher Vater, seine Frau arbeitet als freie Hebamme. »Da versteht man natürlich viele Konflikte besser und kann leichter ein Gefühl für familienfreundliche Maßnahmen entwickeln.«

Acht der 30 Mitarbeiter nehmen individuelle Arbeitszeitmodelle in Anspruch. Da ist zum Beispiel die Leiterin der Verwaltung, die als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern mit einer Teilzeitstelle angefangen hat und heute wieder hundert Prozent arbeitet. Oder der IT-Leiter: Der Alleinstehende kommt nur vormittags zur Arbeit, nachmittags kümmert er sich um seine pflegebedürftigen Eltern. Flexible Arbeitszeitregelungen wurden auch für die 73-jährige Buchhalterin und einen Konstrukteur gefunden, der einmal in der Woche einen Homeoffice-Tag einlegt, weil er weiter weg wohnt.

Auch wenn Volkert nicht nur auf den Typ Familienmensch mit Kindern fokussiert ist, gibt es hier natürlich viele Angebote: So sei es im Unternehmen für Männer ganz normal, Elternzeit zu nehmen. Auch für die Kinderbetreuung in den Sommerferien ist gesorgt: »Wenn Interesse da ist, organisieren wir für zwei Wochen eine Betreuung, die sich von morgens bis abends um die Kinder kümmert.« Die Mitarbeiter nehmen das Angebot gerne an: Vergangenen Sommer tummelten sich bis zu zehn Kinder in dem modernen Gebäude.

»Ich will meinen Leuten mehr bieten als nur das Monetäre«, sagt Volkert im Gespräch mit der NZ. Und das muss er auch, »denn allein aufgrund unseres Gehaltsniveaus könnte ich viele Mitarbeiter nicht halten«. Der Geschäftsführende Gesellschafter weiß, dass seine Leute auch woanders Stellen – vielleicht besser bezahlte – finden könnten. Doch Volkert setzt auf das »mittelständische und kleine Umfeld«. Und natürlich auf individuelle Arbeitsmodelle.

Damit liegt die promeos GmbH voll im Trend, wie der »Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit« zeigt, den Familienministerin Kristina Schröder gestern vorgestellt hat. Demnach schätzen heute 80 Prozent der Firmen Familienfreundlichkeit als wichtig ein – fast doppelt so viele wie noch 2003. Für knapp 60 Prozent der Firmen sind familienfreundliche Angebote ein zentraler Bestandteil der Personalentwicklung. Die große Mehrheit der Betriebe hält eine familienfreundliche Personalpolitik für produktivitätssteigernd, 70 Prozent glauben, dadurch Fluktuation und Krankenstand senken zu können.

Auch promeos-Chef Volkert bietet die flexiblen Arbeitszeitmodelle nicht aus reiner Nächstenliebe an – er verlangt von seinen Mitarbeitern viel. »Es braucht Leistungsbereitschaft, damit man sich die familienfreundliche Unternehmenskultur überhaupt leisten kann.« Deshalb schreckt er nicht davor zurück, sich von Mitarbeitern zu trennen, »die es sich nach der Probezeit in der Hängematte gemütlich machen«. So hat er drei Verkäufer jenseits der 50 Jahre entlassen, weil sie nicht gut genug waren.

Wer aber seine Leistung bringt, den hätschelt der Chef. Das kann man fast wörtlich nehmen, denn die promeos GmbH zahlt ihren Beschäftigten ein Jahr lang »Windelgeld«. Den Zuschuss von 50 Euro im Monat bekommen die frischgebackenen Eltern aufs Gehalt obendrauf. Auch der Nachwuchs ist bei dem Erlanger Unternehmen also in trockenen Tüchern.

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